Diese Veränderung schockiert viele. Nach jeder Wahl werden alarmierende Statistiken veröffentlicht, die von politisch engagierten jungen Erwachsenen in sozialen Medien tausendfach geteilt werden. Doch wie kann es zu solch einem Wandel kommen? Wer trägt die Verantwortung?
Es braucht einen “Sündenbock”, doch ich bin der Überzeugung, dass das Problem weniger bei den rechtspopulistischen Parteien selbst liegt, sondern vielmehr in den Wahlkampagnen der zentral und links orientierten Parteien. Das Marketing der Wahlsieger erweist sich als deutlich effektiver und zieht ein breiteres Publikum an. Doch was führt zu dieser besorgniserregenden Entwicklung?
Pathologisierung der Opposition
Oft wird den Wähler:innen dieser Parteien ein mangelnder Bildungsstand unterstellt. Häufig kommt es vor, dass eher zentral oder links orientierte Bürger:innen die Opposition pathologisieren und im schlimmsten Fall sogar als verrückt abstempeln. Donald Trump verdankt seinen massiven Wahlerfolg in den USA 2024 größtenteils der Tatsache, dass die Wahlkampagne der Demokraten sich stark darauf konzentrierte, seine Schwächen zu betonen und ihn als alt, unfähig und irrational darzustellen. Ein gravierender Fehler – Trumps Kampagne versprach konkrete Reformen, so unrealistisch sie auch sein mögen.
Die Bürger:innen sind zunehmend frustriert über die aktuellen Regierungen. Die Preise steigen, notwendige Ausgaben werden immer kostspieliger, und viele Menschen können sich ihren Lebensstil nicht mehr leisten. Karl Nehammers Lösung? Er schlägt vor, sich einfach einen Hamburger bei McDonald’s für 1,80 € zu kaufen – eine vermeintlich erschwingliche Mahlzeit.
Kommunikationsprobleme
Vor der Nationalratswahl in Österreich fanden wie gewohnt Diskussionsrunden und Interviews mit allen Kandidat:innen statt. Diese Gespräche sollten der Bevölkerung die Möglichkeit bieten, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, welche Partei ihre Interessen am besten vertritt. Jede Partei präsentierte ihre geplanten Reformen für die Regierung, jedoch gab es entscheidende Unterschiede in der Art und Weise, wie diese präsentiert wurden.
Parteien wie die Grünen, die SPÖ oder die NEOS machen hier einen entscheidenden Fehler. Anstatt ihre Versprechen klar, verständlich und prägnant zu kommunizieren, verwenden sie oft eine Sprache, die für die Mehrheit der Bürger:innen unzugänglich ist. Politiker:innen müssen die Fähigkeit besitzen, effektiv zu kommunizieren; gelingt ihnen dies nicht, wenden sich die Wähler:innen schnell anderen Parteien zu, die es verstehen, Politik einfacher und nachvollziehbarer zu machen. Wenn man sich nicht intensiv mit politischen Themen auseinandergesetzt hat, bleibt das Verständnis für die Wahlprogramme und Versprechen dieser Parteien auf der Strecke, was der FPÖ zu einem bemerkenswerten, historischen Wahlsieg verhalf.
Rechtspopulistische Parteien wie die FPÖ versprechen schnelle, “einfache” Lösungen. Bei komplizierten, vielschichtigen Problemen schlagen sie kurzsichtige, radikale Maßnahmen vor, wie beispielsweise Massenabschiebungen, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen. Dieses Phänomen zieht viele Protestwähler:innen an. Die Frustration, die viele Wähler:innen in letzter Zeit empfinden, bewegt sie dazu, eher rechtspopulistische Parteien zu wählen, die vermeintlich schnelle und einfache Lösungen anbieten. Ob diese Lösungen tatsächlich effektiv sind, ist in diesem Kontext nebensächlich.
“Wir sind nicht schuld!”
Eine weitere charakteristische Eigenschaft rechtspopulistischer Parteien ist die ausgeprägte “Wir-gegen-sie”-Mentalität. Ihre Agenda kann oft nur funktionieren, wenn es eine Minderheit gibt, der durch gezielte Propaganda die Schuld an den Problemen eines Landes zugeschoben wird. Oftmals sind dies die Ausländer, aber auch die LGBTQIA+-Community, nicht-christliche Religionen und viele andere Gruppen können betroffen sein.
Diese Strategie, einen gemeinsamen “Feind” zu definieren, ist eine bewährte Methode der Propaganda, die populistische Parteien seit Jahrhunderten anwenden. Sie funktioniert so gut, weil Wähler:innen sich dadurch in ihrer Unschuld gegenüber politischen Problemen bestätigt fühlen. Niemand möchte die Verantwortung für die bestehenden Missstände übernehmen, und diese Parteien nehmen den Bürger:innen diese Last gekonnt von den Schultern. Sie und ihre Wähler:innen bilden das “Wir”, während der Rest als “die Anderen” ausgegrenzt wird. So entsteht ein Gefühl von Gemeinschaft, Exklusivität und Zugehörigkeit.
Doch wer trägt letztlich die Schuld? Meine Antwort lautet: Jede einzelne Person in den Ländern, die diese Veränderung durchlebt haben. Jeder von uns ist verantwortlich. Seit dem Ende der Corona-Pandemie und dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs wurde viel zu viel Hass geschürt. Wir schädigen unseren Planeten, werden immer ärmer und Gewalt auf der Welt nimmt alarmierend zu. Als Menschheit müssen wir aufhören, diesen Hass willkommen zu heißen. Wir müssen lernen, unseren Planeten und das uns geschenkte Leben wieder zu schätzen, denn es ist viel zu kurz und viel zu wertvoll. Wir dürfen Politiker:innen nicht länger idolisierten und sollten erkennen, dass sie nicht für uns arbeiten, sondern letztlich nur für ihre eigenen Interessen. Vor allem müssen wir alle die Verantwortung für den Rechtsruck übernehmen. Nur so kann er rückgängig gemacht werden.