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Die Welt dreht sich nach rechts: Wie der Rechtspopulismus die Demokratie herausfordert

Weltweit zeichnet sich ein besorgniserregender Rechtsruck ab – von Kickl über Weidel bis Trump. Rechtspopulistische Parteien untergraben die demokratischen Grundwerte und missachten die Gleichbehandlung aller Bürger, während sie vermeintlich eine Rückkehr zu besseren Zeiten anstreben. Ihr wahres Ziel jedoch ist es, die bestehenden politischen Strukturen zu destabilisieren.
Julia Schmid  •  12. Januar 2025 Schülerin      12
Weltweit zeichnet sich ein besorgniserregender Rechtsruck ab – von Kickl über Weidel bis Trump.

Entscheidungsfindung in einer Demokratie erfordert Kommunikation und Kompromissbereitschaft. Das augenfälligste Beispiel dafür ist das Koalitionsprinzip: Vom Volk gewählte Fraktionen sollen verschiedene Standpunkte vertreten und durch Kompromisse die beste Lösung für alle finden. Auch die im Parlament vertretenen Parteien ohne Regierungsverantwortung, die sogenannte Opposition, spielen im demokratischen System eine wichtige Rolle. Entgegen der landläufigen Meinung sollen sie die Regierungsfraktionen nicht ziellos angreifen, sondern konstruktive Kritik an deren Vorschlägen und Entscheidungen üben, um sich im Diskurs zur letztendlich besten Lösung des jeweiligen Problems hochzuschaukeln. Dieses Ideal ist in der Praxis leider nicht immer umsetzbar. Viele Parteien sind schon daran gescheitert ihre Rolle in diesem Machtspiel verantwortungsvoll auszuüben. Aber die rechtsradikale Fraktion unterscheidet sich hier in einem wichtigen Punkt – sie scheitert absichtlich. 

Durch eine geschickt eingesetzte “Wir gegen die”- Rhetorik inszeniert sich beispielsweise FPÖ-Parteichef Herbert Kickl in der Opferrolle. Die Kluft zwischen rechts und „allen anderen“ wird immer größer, die Rechten ziehen Wähler:innen aus der Mitte, andere Parteien erklären die verlorenen Stimmen für uneinbringlich und gehen in die Defensive. Die Spaltung wächst.

Das Zweiparteiensystem der USA ist ein besonders anschauliches Beispiel für diesen Bruch. Wenn eine dieser beiden Parteien der anderen die Hand zum Kompromiss entgegenstrecken würde, befände sie sich automatisch in der schwächeren Position, da sie durch ihre Kompromissbereitschaft implizieren würde, dass die andere Partei grundsätzlich regierungsfähig sei. Partei B würde allerdings schon die Messer wetzen, um jene ausgestreckte Hand abzuschlagen. Verschärft wird die Situation dann noch, wenn beide Parteien je die Hälfte der US-Einwohner:innen vertreten und somit Verantwortung für rund 170 Millionen Menschen tragen.

Dabei darf man die Linken, die Liberalen sowie auch zu einem gewissen Grad die Konservativen nicht als unschuldige Zuschauer betrachten, denen die Wähler:innen vor der Nase weggeschnappt werden. Ob wirtschafts-, gesundheits- oder einwanderungsbedingt, die Welt ist von Krisen gezeichnet. Die Lösungen, oder eher Lösungsansätze, für diese Probleme sind vielschichtig und komplex und taugen daher leider nicht als griffige Slogans fürs Wahlplakat. Deshalb werden diese meist unliebsamen Themen großteils ignoriert und bleiben im Wahlkampf oft ganz außen vor. Dies macht es den Rechtsradikalen wiederum einfach, jene Themenfelder mit vermeintlich simplen Lösungsangeboten zu besetzen und die Meinungsführerschaft zu übernehmen. Als einzige Parteien, die Themen wie Migration oder (mangelnde) Integration explizit und aggressiv behandeln, füllen sie ein politisches Vakuum.

Durch zunehmender Polarisierung des Diskurs um Politik sowie der Vereinfachung komplexer Themen sprechen rechtspopulistische Fraktionen ein breites Publikum von Wähler:innen an. Inzwischen haben es sich die rechten Parteien der Welt in den Parlamenten und Regierungen bequem gemacht und arbeiten daran das demokratische System von innen zu zersetzen. 

Nun sollten die restlichen Parteien aber keine kalten Füße bekommen und sich ausschließlich auf die Absicherung ihrer Wählerschaft zu konzentrieren, denn wenn sie das tun verstärkt sich bloß der „Wir-gegen-die“-Gedanke und in einer gespaltenen Gesellschaft kann keine produktive Staatsführung stattfinden. Kontroverse Themen müssen von allen Parteien behandelt werden, Politik muss wieder ein gängiger Gegenstand von Alltagsdiskussionen werden, und allen Bürgerinnen und Bürgern muss bewusst gemacht werden um was es bei den nächsten Wahlen geht – nämlich um unsere Demokratie.

 

 

 

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