Ein vormaliger Salzburger IT-Unternehmer spielt eine zentrale Rolle bei Wladimir Putins hybrider Kriegsführung und Desinformationskampagne in Europa. Das enthüllt der Kommunikationsexperte und österreichische Regierungsinsider Gerald Fleischmann in einem neuen Buch.
Fleischmann, der Sebastian Kurz und Karl Nehammer beriet, bezieht sich in Die Codes der Extremisten auf einen, den österreichischen Ermittlungsbehörden vorliegenden, Bericht der Plattform Osavul mit dem Titel FIMI Digest-Report. Osavul ist von der NATO und der EU finanziert und analysiert KI-gestützt Informationsmanipulation und Desinformation, um Staaten und Unternehmen bei der Abwehr hybrider Bedrohungen zu unterstützen. FIMI steht für Foreign Information Manipulation and Interference, zu Deutsch Ausländische Informationsmanipulation und -einmischung.
Die Codes der Extremisten: Brisante Insiderinformationen über Putins hybride Kriegsführung gegen Europa.
IT-Spezialist Martin H., der in Russland lebt, unterstützt demnach nicht nur Putins Propagandainfrastruktur. Er rekrutiert auch deutsche Bürger und motiviert sie zum Umzug nach Russland. Möglicherweise kooperiert er dabei mit der Organisation Rossotrudnichestvo, die Verbindungen zu russischen Geheimdiensten hat.
Solche Verbindungen dürfte er auch selbst haben. Gründerin von H.s russischer Agentur soll die ehemalige verdeckte russische Agentin Maria B. sein. Sie soll zwischen 2014 und 2019 mehrere amerikanische Organisationen infiltriert haben. 2019 flog sie auf, konnte aber nach einer Intervention Russlands ausreisen. Seit 2021 hat sie in Moskau ein politisches Mandat inne.
Wörtlich heißt es im Osavul-Report: „Seine (Martin H.s, Anmerkung) Unternehmen und Aktivitäten spielen eine Schlüsselrolle bei der Verbreitung pro-russischer Propaganda in Europa, insbesondere bei der Umgehung von EU-Sanktionen gegen den russischen Staatssender Russia Today.“
Rund 600.000 Russia Today-Artikel sollen als Folge von H.s Wirken trotz Sperre in der EU zirkulieren. Dies über zahlreiche Internetseiten, die alle unter einer Firma H.s registriert sind. Diese Seiten sind meist spezialisierte Blogs oder Newsportale zu Themen wie Autos, Esoterik und Verschwörungstheorien. Über sie gelangen Inhalte von Russia Today nach Europa und weiter auf Plattformen wie YouTube, Facebook und Telegram. Der Fokus liegt auf Zielgruppen, die als besonders empfänglich für russische Propaganda gelten.
Martin H. unterstützt zudem prorussische Influencer, die wegen Verbreitung von Fake News in der EU gesperrt sind, mit der Bereitstellung von VPN-Diensten, schreibt Fleischmann weiter. „Martin H. ist kein Kleinunternehmer. Er beschäftigt mehr als 400 Mitarbeiter“, so Fleischmann in seinem Buch.
Fleischmanns Quelle, der FIMI-Digest-Report, dürfte valide sein. Wie russische Desinformation nach Europa gelangt, erforschten bereits mehrere Institute, darunter etwa das unabhängige Institute for Strategic Dialogue und der Thinktank Alliance for Securing Democracy. Auf Basis ihrer und weiterer Untersuchungen entstand der FIMI Digest-Report.
Compliance-Hinweis. Es besteht ein Naheverhältnis zwischen campus a und dem Buchverlag edition a, in dem Gerald Fleischmanns Buch Die Codes der Extremisten erscheint.