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Wie das Silicon Valley mit dem Weißen Haus zusammenhängt

Mark Zuckerbergs neue Content-Moderations-Strategie läutete eine Kehrtwende bei der politischen Partizipation von Technik-Firmen ein. Das Silicon Valley, das die Seiten wechselt. Das Silicon Valley, das plötzlich politisch wird? Ein Blick in die Vergangenheit des IT-Tals zeigt ein ganz anderes Bild: Das Valley ist nicht erst neuerdings politisch, das war es schon immer.
Lisa-Marie Rolly  •  5. Mai 2025 Volontärin    Sterne  20
Donald Trump, Mark Zuckerberg: Die politischen Wechselwirkungen zwischen dem Weißen Haus und der amerikanischen Hightech-Branche reicht weit zurück in die Geschichte des Silicon Valley. (Foto: shutterstock) (Foto: Shutterstock)
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Um zu verstehen, wie das Silicon Valley und das Weiße Haus zusammenhängen lohnt es sich, früh in der Geschichte anzufangen, um genau zu sein vor etwa fünfzig Jahren. Da kannte das Silicon Valley noch keiner unter seinem jetzigen Namen. Eine Ansammlung von kleinen bis mittelgroßen Unternehmen im Santa Clara Valley. Unscheinbar. Weit entfernt von dem heutigen High-Tech-Industrie-Park. Diese Unternehmen arbeiteten damals in erster Linie für die U.S Navy. Interkontinentalraketen und Verfolgungssysteme, dazu etwas Mikroelektronik, die unerlässlicher Bestandteil von High-Tech-Waffen war. Eine Rüstungsmaschinerie, die nach den Vorstellungen des Auftraggebers lief, dem amerikanischen Verteidigungsministerium.

Am Höhepunkt der Aufrüstung unter dem damaligen Präsidenten Ronald Reagan erhielt das Santa Clara County jährlich Militäraufträge in Höhe von etwa 5 Milliarden Dollar und war damit der drittgrößte Zulieferer des Pentagon. Das wirtschaftliche Wachstum durch die Waffenindustrie zeigte sich auch bei den Einwohnerzahlen. 1950 waren es noch 290.575, in den 1960er-Jahren bereits 642.315. Ein Anstieg um 121,1 Prozentpunkte.

Doch dieser erste wirtschaftliche Aufschwung endete, als Japan sich als ernsthafte Konkurrenz bei der Produktion von standardisierten Speicherchips entpuppte. Die Unternehmen im Valley mussten ihre Strategie ändern. Die Regierung unterstützte das durch Forschungsgeld und lukrative Konditionen für neu entstehenden Unternehmen. Dank dieser staatlichen Förderung entwickelte sich das Silicon Valley zu einem Start-Up-Zentrum der Sonderklasse, und zu einem Sinnbild für die Politik der 1960er-Jahre.

Links und rechts

Die 1960er-Jahre waren geprägt von Revolutionen. Von Menschen, die nicht mehr Teil des Systems sein wollten. Es musste sich etwas verändern und genau das machten sich die Software-Geeks der aufstrebenden Technik-Unternehmen zur Aufgabe. Die Technik sollte die Menschen befreien. Von Kontrolle, vom Staat und von gesellschaftlichen Problemen. Technik als Allheilmittel. Oder besser gesagt: Technik als politisches Instrument. Wogegen das Silicon Valley in den 1960er- und 1970er-Jahren kämpfte, war das, was es wenige Jahre zuvor selbst mit aufgebaut hatte. Ein Widerspruch, der in diesem Fall funktionierte. Die Idee der Emanzipation der Neuen Linken und die Wirtschaftspolitik der Neuen Rechten vereinten sich im Silicon Valley. Denn um die freiheitsbringende Innovation umzusetzen (links), braucht es niedrige Steuern und einen deregulierten Markt (rechts).

Zurück in die Zukunft

Selbstbestimmung und eine deregulierte Marktwirtschaft? Das klingt nach 2025. Die Ideen, die die Hightech-Mogule heute verfolgen, kommen nicht von ungefähr, sondern führen zum politischen Liberalismus als Grundgedanke des Silicon Valleys zurück. So etwa hat vor einigen Monaten Meta-Boss Mark Zuckerberg die Zusammenarbeit mit externen Faktencheckern ausgesetzt. Er weicht bisher geltende Richtlinien für Hassrede und politische Themen auf. Das alles um die „freie Meinungsäußerung wiederherzustellen“, wie er sagt.

Das klingt nach der Definition der „Jeffersonian Democracy“. Sie war das Grundkonzept der im späten 20. Jahrhundert neu entwickelten Informationstechnologien: Eine Demokratie im digitalen Raum, in der jeder Mensch alles sagen kann. Doch führt der Rückschritt zum Ursprung der digitalen Netzwerke wirklich zu einem fairen Austausch zwischen Links und Rechts?

Neben der freien Meinungsäußerung haben Zuckerbergs neue Regelungen noch eine weitere Nebenwirkung: rechtsradikaler, anti-woker und rassistischer Content lässt sich so leichter verbreiten. Durch die Algorithmen der Meta-Plattformen Facebook und Instagram bekommen die Inhalte mehr Reichweite. Mehr Menschen sehen die Posts. Was bisher die Content-Moderation herausfilterte, kursiert nun frei, bis User Alarm schlagen. Desinformation lässt sich schwerer beseitigen, was politischen Akteuren wie Donald Trump in die Hände spielt. Von politischer Neutralität kann da keine Rede mehr sein.

180 Grad-Wende

Da die Big Five (Google, Amazon, Apple, Meta und Microsoft) zusammengerechnet mehr Marktwert haben als die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs, steht mehr als eine einfache Ideologie auf dem Spiel. Sie können es sich schlicht nicht leisten den Präsidenten zu vergraulen. Da macht es auch nichts, wenn Mark Zuckerberg und Elon Musk dafür eine 180 Grad-Wende hinlegen müssen. Denn noch während Trumps erster Amtszeit stellten sich beide immer wieder gegen ihn. Doch wenn das Silicon Valley etwas ist, dann ist es opportunistisch. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht es Innovation, und dafür braucht es niedrige Steuern und einen deregulierten Markt. Wer könnte das besser umsetzen als Trump? 

KI- Entwicklungen spielen hier ebenfalls eine Rolle. Während Neuerungen zuletzt vor allen Dingen aus diesem Bereich kamen und wohl auch in den nächsten Jahren von dort kommen werden, darf es keine einschränkenden Regulierungen geben. Regulierungen, die nur die Regierung aufzwingen könnte.

Sollbruchstelle Zollpolitik

 Auch bezüglich Trumps Zollpolitik ist die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen des Silicon Valleys und dem Weißen Haus gefragt. Dass die Zölle auf chinesische Waren in den vergangenen Wochen rasant stiegen, erhitzt die Gemüter bei Technik-Firmen wie Apple. Denn obwohl Apple die Produktion von Smart-Watches und Computern schon in Länder wie Vietnam und Indien ausgelagert, fertigen sie 90 Prozent der iPhones in China. Ein teures Unterfangen. Auch wenn Trump nun eine Ausnahme für manche elektronischen Geräte angekündigt hat, wirken sich die Zölle auf Rohstoffe und Computer-Chips und somit indirekt auch auf die Herstellung von technischen Geräten aus.

Wie eng die Verbindung zwischen der amerikanischen Politik und der Technik-Branche ist, zeigte auch die jüngste Reaktion von Amazon auf Trumps Zollpolitik. Da 60 Prozent der bei Amazon erhältlichen Artikel aus China kommen, kündigte der Konzern zunächst an, die durch Trump verursachten Preissteigerungen angeben zu wollen. Nachdem das Weiße Haus das prompt als „feindlichen Akt“ bezeichnet hatte, ruderte Amazon wieder zurück. So sei es nun auch wieder nicht gemeint gewesen. Die Entwicklung der Beziehungen zwischen dem Weißen Haus und dem Silicon Valley dürfte jedenfalls noch spannend werden. 


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