Wien | Gesundheit | Meinung | Chronik | Kultur | Umwelt | Wirtschaft | Politik | Panorama
InternationalMeinung

Künstliche Intelligenz und das menschliche Denken

Seit der Erstveröffentlichung von ChatGPT im November 2022 ist die künstliche Intelligenz nicht mehr aus dem gesellschaftlichen Alltag wegzudenken. Menschen nutzen sie in der Schule, im Studium, in der Arbeit. Doch was macht die Nutzung von künstlicher Intelligenz mit uns und unserer Denkfähigkeit?
Julia Roušal  •  12. Mai 2025 Volontärin    Sterne  138
Seit dem öffentlichen Aufkommen der künstlichen Intelligenz ist es kaum möglich, diese aus dem Alltag wegzudenken. Was macht die Nutzung von KI mit uns und ist es sinnvoll, sie in einem großen Ausmaß zu nutzen? (Foto: Igor Omilaev (Unsplash))
X / Twitter Facebook WhatsApp LinkedIn Kopieren

Die derzeit am häufigsten genutzte KI (künstliche Intelligenz) ist das Large Language Model (LLM) ChatGPT. Über 400 Millionen wöchentliche Nutzer konnte der Chatbot im Februar diesen Jahres verzeichnen. Die aktuelle Version von ChatGPT kann bereits viel mehr, als die erste öffentlich zugängliche Version 2022. Obwohl die künstliche Intelligenz damals noch nicht mit dem Internet verknüpft war, erstellten in nur fünf Tagen nach der Veröffentlichung rund eine Million Personen ein Nutzerprofil. Seither haben Developer den Chatbot stetig weiter entwickelt. ChatGPT-4o, die derzeitige kostenfreie Version, kann mittlerweile auf das Internet zugreifen, Bilder erstellen, und „beherrscht“ mehrere Sprachen.

Ist es wirklich intelligent?

Diese Frage lässt sich recht knapp mit „nein“ beantworten. Eine künstliche Intelligenz hat nichts mit der Intelligenz im klassischen Sinne gemeinsam. Dem, was wir als KI kennen, liegt ein komplizierter Programmiercode zugrunde. Der Computer ist durch Algorithmen dazu in der Lage, basierend auf einer großen Menge von Informationen, Muster zu erkennen und anhand derer Vorhersagen zu treffen. Das bedeutet, dass Entwickler die KI, bevor sie zum Einsatz kommt, erst mal trainieren. Ist die künstliche Intelligenz einmal trainiert, kann sie auch basierend auf neuen Daten eine Vorhersage treffen. Durch maschinelles Lernen und natürlicher Sprachverarbeitung wirkt dies schließlich auf den Nutzer wie Intelligenz. Was dabei jedoch nicht vergessen werden darf ist, dass die KI nicht kreativ ist. Sie erfindet nichts Neues, kann keine eigenen Ideen haben. Jede von KI generierte Antwort, entsteht durch das Aneinanderreihen von Buchstaben und Wörtern, wie es basierend auf der Eingabe am wahrscheinlichsten ist.

KI, dein Freund und Helfer

ChatGPT, Claude, Gemini: Nutzern verwenden sie hauptsächlich für Recherche und das Beantworten von Fragen. Wie tief ist eigentlich der Marianengraben? Welche jiddischen Lehnwörter gibt es im Wienerischen? Derartige Fragen kann heute jeder unter Verwendung einer KI in Sekundenschnelle beantworten. Auffällig ist dabei auch, wie gut strukturiert die Antworten ausfallen. Sie wirken sicher, vertrauenswürdig. Ein mittlerweile bekanntes Phänomen vergessen jedoch viele immer noch: die Halluzinationen. Das Wort beschreibt den Umstand, dass künstliche Intelligenz immer eine Antwort gibt, egal, ob sie nun tatsächlich eine hat oder nicht. Findet sie keine passende Lösung, dann muss die KI eben eine Antwort erfinden. Im Privatbereich sind solche Halluzinationen kein Problem. Nutzt jemand den Chatbot jedoch für Recherchezwecke in der Universität oder Arbeit, so können dadurch große Probleme auftreten. Vor allem, wenn Nutzer die generierten Antworten nicht hinterfragen.

Bildung, Lernen und das kritische Denken

Künstliche Intelligenz ist in der Arbeit, dem Studium und auch in der Schule bereits ein allgegenwärtiges Hilfsmittel. Sie soll Texte zusammenfassen, Rechercheaufgaben erledigen, oder Lerninhalte abprüfen. Da Large Language Models jedoch rein mit der Wahrscheinlichkeit des nächsten passenden Wortes funktionieren, ist es unbedingt notwendig alle wichtigen Informationen nachzuprüfen. Ein Auslagern von Aufgaben hat zudem noch weitere Konsequenzen. Je mehr sich jemand auf die Ausgaben der KI verlässt, umso weniger ist es für diese Person erforderlich, selbst zu denken. Löst ausschließlich eine künstliche Intelligenz Aufgaben wie das Ausarbeiten von Inhalten oder auch das Herauslesen wichtiger Inhalte aus einem Text, so gehen diese Fähigkeiten bei den Menschen verloren. Wie bei allen Fähigkeiten gilt: „Was ich nicht übe, was ich nicht gebrauche, das verlerne ich“. Wenn wir also kollektiv beginnen, bestimmte Denkprozesse auszulagern, riskieren wir, eigene Fähigkeiten wie Problemlösung oder Kreativität zu vernachlässigen. Nutzen wir für Recherchezwecke immer eine KI, verlernen wir die Fähigkeit selbständig in (online) Bibliothekten nach den Inhalten zu suchen, die wir benötigen.

KI sinnvoll nutzen

Das alles soll jedoch nicht bedeuten, dass die künstliche Intelligenz keinen Platz in der modernen Gesellschaft hat. Vielmehr ist es wichtig, sie richtig zu nutzen. Ähnlich wie beim Internet, ist es notwendig, seriöse Quellen erkennen zu können. Diese Aufgabe ist bei Ausgaben von LLMs jedoch möglicherweise schwerer, als bei „klassischen“ Quellen aus dem Internet. Die Sprachmodelle sind so konzipiert, ihre Antwort möglichst überzeugend zu vermitteln. Es braucht also eine neue Art von Medienkompetenz, die wir alle nach und nach erlernen müssen. Nutzen wir die KI korrekt, kann sie jedoch ein äußerst hilfreiches Werkzeug sein. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn Nutzer ihre Fähigkeiten und Grenzen verstehen und jede Ausgabe kritisch hinterfragen und prüfen.


campus a-Preis für Nachwuchsjournalismus

Werde Teil der campus a-Redaktion!

Verfasse auch du einen Beitrag auf campus a.

Empfehlungen für dich

Kommentar
0/1000 Zeichen
Advertisement