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Dänemark zeigt Österreich schon wieder, wie Politik geht

Während in Deutschland und Österreich hitzige Debatten über Rentenreformen toben, hat Dänemark das Pensionsantrittsalter in aller Ruhe erneut angehoben. Ohne große Proteste, ohne politische Krise. Auch in anderen Bereichen ist Dänemark politisch anderen Ländern weit voraus. Wie ist das möglich? Was können Regierungen und Bürger von den Dänen lernen? Eine Spurensuche in einem Land, das unbeirrt vorangeht.
Paul Schneider  •  24. Mai 2025 Volontär    Sterne  132
Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen: Keine politischen Reformen aus Hinterzimmern in Kopenhagen. (Foto: Shutterstock)
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Dänemark hat das gesetzliche Pensionsantrittsalter kürzlich weiter erhöht, ein Schritt, den viele europäische Regierungen als notwendig, aber politisch schwer durchsetzbar betrachten. Die nach dem 31. Dezember 1970 geborenen Dänen sollen erst mit siebzig in Pension gehen können. Eine klare Mehrheit von 81 Abgeordneten stimmte dafür, nur 21 waren dagegen. Derzeit liegt das Antrittsalter in Dänemark bei 67 Jahren. Misstöne blieben weitgehend aus. Die Regierung hatte die Maßnahme frühzeitig angekündigt, transparent kommuniziert und gesellschaftlich breit abgestimmt. Die Dänen sehen ihre Rente deshalb nicht als unantastbares Heiligtum, sondern als Teil eines zukunftsfähigen Sozialstaats. Wer länger lebt, kann auch länger arbeiten, so die nüchterne Logik, die dort auf breite Akzeptanz trifft.

Flexibler Arbeitsmarkt, starker Sozialstaat

Dänemark gelingt auch in anderen Bereichen ein der Volkswirtschaft wohltuender Balanceakt, an dem andere scheitern: ein dynamischer Arbeitsmarkt kombiniert mit sozialer Sicherheit, das sogenannte Flexicurity-Modell. Unternehmen können vergleichsweise einfach kündigen, doch Arbeitslose erhalten großzügige Leistungen und Schulungen.

Das Ergebnis sind eine hohe Erwerbstätigkeit und eine geringe Arbeitslosigkeit sowie ein Arbeitsmarkt, der Wandel nicht fürchtet, sondern organisiert. Eine Kombination aus ökonomischer Vernunft und sozialer Verantwortung, die in Europa ihresgleichen sucht.

Vorreiter bei Digitalisierung und Klimaschutz

Auch in der digitalen Verwaltung ist Dänemark fortschrittlich. Mit einem zentralen Login-System können Bürger fast alle Behördengänge online erledigen, sicher, schnell, effizient.

Gleichzeitig verfolgt das Land ehrgeizige Klimaziele. Kopenhagen will bis 2025 klimaneutral sein. Windkraft deckt bereits rund 40 Prozent des nationalen Stromverbrauchs. Wo anderen Länder Ziele verschleppen oder verwässern, setzt Dänemark auf Umsetzung statt Absichtserklärungen.

Warum schafft Dänemark das?

Der Unterschied liegt nicht nur in den Strukturen, sondern im politischen Selbstverständnis. Die dänische politische Kultur ist konsensorientiert und stellt Sachlösungen über Parteiprofilierung . Es gibt ein hohes gesellschaftliches Vertrauen in den Staat, die Institutionen und untereinander. Das erlaubt auch unpopuläre Entscheidungen, ohne dass gleich Systemversagen droht. Reformen kommen nicht aus Hinterzimmern, sondern entstehen in öffentlichen, transparenten Debatten. Dabei profitiert Dänemark von einer zentraleren Verwaltungsstruktur, die föderale Reibungsverluste vermeidet, wie sie etwa in Österreich und auch Deutschland oft lähmend wirken.

Keine Angst vor Unbequemem

Dänische Politik ist zudem weniger ideologisch aufgeladen. Ob Rentenalter, Digitalisierung oder Energiewende, das Land betrachtet Probleme als technische und gesellschaftliche Herausforderungen, nicht als ideologische Schlachtfelder.

Während Österreich jede Maßnahme reflexhaft als „neoliberal“ oder „sozialistisch“ verdächtigt, dominiert in Dänemark pragmatisches Denken. Der Staat gilt nicht als Gegner, sondern als Ermöglicher. Das ist ein zentraler Unterschied in der politischen Kultur.

Was andere Länder lernen können

Regierungen in Mitteleuropa können sich davon einiges abschauen. Zum Beispiel darauf zu vertrauen, dass Bürger auch unbequeme Wahrheiten verstehen können und eine Politik zu machen, die nicht primär gefallen sondern gestalten will. Wer ernsthaft nach Vorbildern für zukunftsfähige Politik sucht, sollte nach Kopenhagen schauen.

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