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Wie Spar den Zuckeranteil in Lebensmitteln senkt

Erhöhter Zuckerkonsum ist eine der Hauptursachen für Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz. Die Handelskette Spar reduziert deshalb mit Hilfe von Ärzten und Ernährungswissenschaftlern den Zucker in ihren Eigenmarken. Funktioniert das?
Kiki Camilla Manig  •  4. Juni 2025 Redakteurin    Sterne  82
Zucker ist die Hauptursache für alle Zivilisationskrankheiten. (Foto: APA picturedesk)
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Den größten Erfolg erzielte das Bio-Jogurt Himbeere der Spar-Eigenmarke Natur pur. Spar senkte den Zuckergehalt um rund 30 Prozent und trotzdem ist es jetzt beliebter als zuvor.

„Es war beim Fruchtjoghurt nicht allein möglich, den Zucker rauszunehmen. Deshalb ist der Fruchtanteil erhöht worden, um den Geschmack beizubehalten“, erklärt Spar-Produktentwicklerin Birgit Haberleitner.

Das Bio-Jogurt Himbeere von der SPAR-Eigenmarke Natur pur auf dem Esstisch.Das Natur pur Bio-Jogurt Himbeere kostet 79 Cent, hat auf 100 Gramm 88 Kalorien und enthält in der zuckerreduzierten Version 30 Prozent Fruchtanteil, 20 Prozent mehr als zuvor. (Foto: SPAR/Johannes Brunnbauer)

Spar reduziert bewusst den Zuckergehalt in Eigenmarken, um, laut eigenen Angaben, einen Beitrag zur öffentlichen Gesundheit zu leisten. Der ist tatsächlich notwendig. Denn in Österreich liegt der durchschnittliche tägliche Zuckerkonsum mit etwa 80 Gramm deutlich über den von der WHO empfohlenen 25 bis 50 Gramm.

Seit 2017 hat Spar in rund 360 Eigenmarkenprodukten mehr als 4.500 Tonnen Zucker eingespart, ohne ihn durch künstliche Süßstoffe wie Aspartam zu ersetzen. Stattdessen setzt das Unternehmen wie beim Himbeerjoghurt auf eine schrittweise Anpassung der Rezepturen, um den natürlichen Geschmack der Lebensmittel hervorzuheben und die Konsumenten an weniger Süße zu gewöhnen. Das Ganze im Rahmen einer von Spar initiierten Zucker-raus-Initiative, einer Allianz mit mehr als fünfzig Partnern, darunter medizinische Verbände und Lebensmittelhersteller.

Nicht jedes Produkt überzeugt

Doch nicht immer klappt das einwandfrei. Zuckerreduzierte Marmeladen etwa fanden anfangs keinen Platz im Regal. „Bei den Marmeladen haben wir festgestellt, dass sich bei der Herstellung die Labormuster von den normalen Maschinenmustern unterscheiden“, sagt Haberleitner. Bevor die Kunden abwinken und lieber Eigenmarken bei Billa oder Hofer kaufen, drückt die Produktentwicklung die Stopp-Taste.

Zu den Produkten, bei denen sich das philantropische Vorhaben von Österreichs Marktführer bei Lebensmitteln sehr wohl umsetzen ließ, gehören Plundergebäck, Striezel, Molkereiprodukte, Fruchtbuttermilch, Fruchtkefir, Apfelsaft oder etwa Smoothies.  

Auf wie viel Zucker können die Kunden verzichten?

„Gemeinsam verkosten wir mehrere Rezepturen im Vergleich zur bestehenden Rezeptur und erst, wenn die Produktentwicklung, der Sortimentmanager und ausgewählte Endkonsumenten zufrieden sind, wird die Rezeptur umgestellt“, sagt Haberleitner.

Das braucht Zeit. Meist sind drei bis vier Entwicklungsschleifen notwendig. Ein halbes Jahr dauert es meist, bis das neue Produkt im Regal steht. Ein wissenschaftlicher Beirat mit Ärzten, Diätologen und Ernährungswissenschaftler begleitet den Prozess. Einer der involvierten Ärzte ist der Wiener Allround-Mediziner Markus Metka, der sagt: „Zucker ist die Hauptursache für alle Zivilisationskrankheiten, deshalb ist jede Bemühung, Zucker zu reduzieren, unterstützenswert.“ Die Lebensmittelindustrie sei vor allem gewinnorientiert. Je mehr sie die Menschen abhängig mache von dieser „Droge“, desto mehr kaufe sie. Metka: “Handelsketten werden zu Anwälten der Konsumenten, wenn sie versuchen den Zucker zu reduzieren.“ Dass er sich nicht ganz entfernen lasse, sei eine Tatsache.

Damit die Produkte weiterhin schmecken, braucht es nicht immer ganz neue Rezepturen. Das gleiche Plundergebäck kommt auch mit weniger Zucker noch gut an, fanden die Entwickler heraus, Säfte und Smoothies verdünnen sie mit Wasser. Dies immer in Zusammenarbeit mit den Herstellern, die sie beliefern. Denn Handelsketten produzieren auch ihre Eigenmarken nicht selbst. Die kommen oft von Markenartiklern, bloß mit anderem Label. 

Was das Vorhaben zum Teil auch behindert. Denn viele Rezepturen liegen nicht exklusiv bei nur einer Handelskette. Besonders bei großen Konditoreien nutzen mehrere Unternehmen dieselben Grundlagen. Hersteller können die Änderung also nicht ohne deutliche Kostennachteile nur für nur einen Abnehmer umsetzen. Steigen die Mitbewerber nicht ein, bleibt manches Projekt also liegen. Doch auch kaufmännisch hat sich die Initiative mittlerweile bewährt. 

Dank gestiegenen Bewusstseins für die gesundheitlichen Folgen zu hohen Zuckerkonsums und seine Auswirkungen auf die Strandfigur kommen die zuckerreduzierten und damit kalorienärmeren Spar-Produkte bei den Kunden gut an. Viele wünschen sich eine noch größere Auswahl mit verschiedenen Variationen und Süßungsstufen. Eine Kooperation der großen Handelsketten würde also Sinn machen, ist aber in einer kompetitiven Branche wie dieser nicht ganz einfach. 

Zuckersteuer als umstrittene Alternative

Warum den Zuckergehalt nicht einfach über eine staatlich verordnete Zuckersteuer senken? Die WHO, diverse Ärzteverbände, Krankenkassen, Gesundheitsökonomen, Wissenschaftler und Verbraucherschutzorganisationen sind dafür. Eine solche Steuer schaffe einen finanziellen Anreiz für Hersteller, gesündere Rezepturen zu entwickeln und den Zuckergehalt zu reduzieren, argumentieren sie. Die Einnahmen aus der Steuer könnten gezielt in Präventions- und Gesundheitsprogramme investiert werden.

Doch das Thema ist umstritten und zu den Gegnern gehören wenig überraschend die Handelsketten, inklusive Spar. Sie verweisen auf Großbritannien, das die Steuer eingeführt hat. „Laut Studien hatte die Zuckersteuer dort keine positiven Auswirkungen, weil die Süße nicht verringert wurde“, sagt Haberleitner. Hersteller tauschten den Zucker einfach durch alternative Süßstoffe aus. Der Geschmack blieb gleich, weshalb keine Gewöhnung an weniger Süße eintrat. Gleichzeitig trafen die höheren Preise vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen.“  

Zu süß, um wahr zu sein 

Ein Stück Schokolade zwischendurch sollte sich jedenfalls niemand vermiesen lassen. Insbesondere dunkle Schokolade mit hohem Kakaoanteil enthält Antioxidantien, die das Risiko von Herzerkrankungen senken. Ganz abgesehen von der Wirkung auf das seelische Wohlbefinden solcher Häppchen. Wer sich eine kleine Ausschüttung von Glückshormonen durch einen Gaumengenuss zwischendurch gönnen will, ist aber bei den zuckerreduzierten Varianten im Süßwaren-Angebot sicher besser aufgehoben.

Compliance-Hinweis: Die Handelskette Spar Österreich ist Sponsor des Wirtschaftsressorts von campus a. Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer Führung der Redaktion in der Spar-Niederlassung in St. Pölten.


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