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Wenn Männerfreundschaften zerbrechen

Männerfreundschaften wie die zwischen Donald Trump und Elon Musk entstehen anders und zerbrechen auch anders als Frauenfreundschaften. Was genau passiert da, und warum passiert es?
Paul Schneider  •  9. Juni 2025 Volontär    Sterne  132
Donald Trump und Elon Musk: Der öffentliche Schlagabtausch am Ende ihrer Freundschaft war ihrer Prominenz geschuldet. Gewöhnlich enden Männerfreundschaften im Gegensatz zu Frauenfreundschaften still. (Foto: BRENDAN SMIALOWSKI / AFP / picturedesk.com)
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Im Frühjahr 2024 saß Donald Trump auf der Bühne eines konservativen Spendenabends in Florida und hob die Stimme. Er nannte Elon Musk einen Lügner, der ihm einst im Weißen Haus zu Füßen gelegen habe. Die Gäste lachten, doch Musk reagierte am nächsten Tag auf X. Ohne Trump namentlich zu erwähnen, schrieb er, dass er niemandem Loyalität schulde, der sich selbst über alles stelle. Aus einer gegenseitigen Bewunderung war Missachtung geworden. Musk hatte Trump einst als Visionär verteidigt, Trump hatte Musk öffentlich in Schutz genommen. Nun stand Stolz zwischen ihnen, sie waren beleidigt, vielleicht verwundet. Beide Männer sprachen nicht mehr miteinander. Auch wenn bei Trump nichts endgültig zu sein scheint, könnte es die Stille zwischen den beiden sehr wohl sein.

Wenn Männerfreundschaften zerbrechen, ist die Dynamik eine andere als bei Frauenfreundschaften. Zerbrochene Männerfreundschaften erscheinen selten in der Öffentlichkeit und hinterlassen dennoch Spuren. Viele Männer reden nicht darüber, sondern brechen den Kontakt ab. Während Frauenfreundschaften oft durch intensive Gespräche geprägt sind und ihr Ende in offen ausgetragenen Konflikten münden können, verläuft das Ende bei Männern meist leise. In manchen Fällen tritt der Bruch sichtbar zutage, öffentlich, dramatisch und unumkehrbar.

Wenn Nähe zur Distanz wird

Steve Jobs und Steve Wozniak gründeten Apple in einer Garage, getrieben von Technikbegeisterung und einem gemeinsamen Traum. Mit dem wirtschaftlichen Erfolg kam jedoch die Entfremdung. Jobs ignorierte zunehmend Wozniaks Beiträge, konzentrierte sich auf Gestaltung und Vermarktung und ließ den Freund zurück. Wozniak verließ das Unternehmen enttäuscht. „Ich war verletzt, aber ich habe nie öffentlich gegen ihn gesprochen“, sagte er später. Die Freundschaft blieb eine Erinnerung.

Auch bei Mark Zuckerberg und Eduardo Saverin zerbrach eine einst enge Verbindung an Machtfragen. Beide gründeten Facebook, doch Zuckerberg drängte Saverin bald aus der Unternehmensspitze. Die Auseinandersetzung eskalierte vor Gericht, Zuckerberg schwieg, Saverin klagte. Es handelte sich nicht nur um einen wirtschaftlichen, sondern auch um einen persönlichen Verlust. Eine Freundschaft, zerschnitten zwischen Anteilen und Anerkennung.

Thomas Gottschalk und Günther Jauch galten jahrzehntelang als unterhaltsamstes Duo im deutschen Fernsehen. Als Jauch sich 2021 plötzlich aus gemeinsamen Projekten zurückzog, fühlte sich Gottschalk „überrascht und etwas allein gelassen“. Jauch äußerte sich knapp, die Freundschaft zerbrach nicht im Streit, sondern in Funkstille. Dennoch blieb sie nicht ohne emotionale Schwere.

Wenn Freundschaft öffentlich scheitert

Kanye West und Jay-Z standen lange für eine kreative und freundschaftliche Verbindung im Hip-Hop. Dann folgte der Bruch, zunächst unterschwellig, später offen. Kanye warf Jay-Z vor, seine Familie ignoriert zu haben. Jay-Z reagierte mit Schweigen und Distanz. Übrig blieb eine gescheiterte Freundschaft mit kaltem Nachhall.

Auch Harald Schmidt und Herbert Feuerstein galten als eingespieltes Team, bis Schmidt ohne Erklärung das gemeinsame Satirekonzept verließ. Feuerstein zeigte sich enttäuscht, Schmidt äußerte sich nicht. Was einst durch Humor verbunden war, endete in Unverständnis und Sprachlosigkeit.

Eine andere Dimension nahm der Bruch zwischen Uli Hoeneß und Paul Breitner an. Beide prägten über Jahrzehnte den FC Bayern, als Spieler, als Funktionäre, als Freunde. Hoeneß bezog öffentlich Stellung gegen Breitner und warf ihm Undankbarkeit vor. Breitner reagierte gekränkt und zog sich zurück. „Ich betrete die Allianz Arena nicht mehr“, sagte er. Der Bruch war endgültig und von bitterer Enttäuschung begleitet.

Geschichten über Verlust in der Literatur

Auch die Literatur beschreibt Männerfreundschaften, die an Eifersucht, Verrat oder Schweigen scheitern. In Der Herr der Ringe misstraut Frodo seinem treuen Begleiter Sam, der Ring vergiftet nicht nur seinen Geist, sondern auch ihr Verhältnis. Sam bleibt loyal, doch die Wunde bleibt, auch nach der Versöhnung. Ihre Freundschaft überlebt, aber sie trägt Risse.

Noch tragischer verläuft die Geschichte von Gene und Finny in A Separate Peace. Zwei Freunde im Eliteinternat, einer voller Charisma, der andere voller Selbstzweifel. Gene stößt aus Eifersucht den Freund vom Baum. Finny verletzt sich schwer, stirbt später. Gene bleibt zurück, beschämt und voller Schuld, eine Freundschaft, zerstört durch stille Rivalität.

Bei Don Quijote und Sancho Panza, dem bekanntesten Freundespaar der Weltliteratur, liegt kein offener Streit vor, sondern ein schleichendes Auseinanderdriften, das ihre Freundschaft verändert. Während Quijote immer tiefer in seinen Wahn abgleitet, entfernt sich Sancho innerlich. Am Ende reisen sie noch gemeinsam, aber ohne Illusion, die Magie ist verschwunden.

Brüche, die Geschichte schrieben

Auch in der Antike lassen sich Beispiele finden. Die Freundschaft zwischen Brutus und Caesar, wie Plutarch sie beschrieb und Shakespeare dramatisierte, endet mit einem Dolchstoß. Brutus, einst ein enger Vertrauter, sah sich gezwungen, Caesar aus Sorge um die Republik zu töten. Der Verrat wog schwer. Caesars letzte Worte, „Auch du, Brutus?“, zeigen tiefe Erschütterung.

Oder Sokrates und Alkibiades. Der Philosoph und sein charismatischer Schüler verband eine enge, fast väterliche Beziehung. Alkibiades strebte nach Macht und Krieg, während Sokrates den Idealen der Philosophie treu blieb. Ihre Wege trennten sich. Die Freundschaft zerbrach an Ehrgeiz, Weltanschauung und daran, dass sie einander nicht halten konnten.

Wenn Öffentlichkeit die Freundschaft verdrängt

Auch moderne Beispiele belegen, dass Männerfreundschaften oft an unausgesprochenen Erwartungen scheitern. Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf erklärten 2024 öffentlich, dass sie privat kaum noch Kontakt pflegen. „Es war eine emotionale Distanz, die wir nicht mehr überbrücken konnten“, sagte Joko. Klaas ergänzte: „Es war schmerzhaft, aber unausweichlich.“ Aus Vertrautheit entstand eine reine Zweckgemeinschaft.

Freundschaften unter Politikern bilden ein eigenes Kapitel. Peter Altmaier und Jens Spahn galten als CDU-Vertraute, bis innerparteiliche Machtkämpfe sie entzweiten. Altmaier kritisierte Spahns Ambitionen, Spahn sprach von überholtem Denken. Kein offener Streit, aber scharfe Worte zwischen den Zeilen, eine Entfremdung in Raten.

Auch Oliver Pocher und Boris Becker liefern ein Beispiel. Ihre Verbindung begann freundschaftlich, entwickelte sich aber zu einem öffentlichen Schlagabtausch voller Spott, Beleidigungen und Verletzungen. Die Freundschaft verwandelte sich in eine Fehde, sichtbar, laut und unversöhnlich.

Warum es oft keinen Neuanfang gibt

Psychologische Muster erklären diese Entwicklungen. Viele Männer definieren Beziehungen über gemeinsame Aktivitäten, nicht über emotionalen Austausch. Wenn der gemeinsame Kontext wegfällt, entsteht Leere. Gleichzeitig verhindern Rollenerwartungen das offene Ansprechen von Verletzungen. Viele Männer meiden Konfrontationen und ziehen sich zurück.

Besonders beim Zerbrechen wird das deutlich. Während Frauenfreundschaften häufiger durch offene Konflikte enden, verlaufen Männerfreundschaften meist still. Der Kontakt schläft ein, Enttäuschungen bleiben unausgesprochen. Aufgestaute Spannungen entladen sich mitunter doch, dann heftig, öffentlich, endgültig.

Einige Brüche lassen sich nicht vermeiden, andere hätten sich womöglich verhindern lassen. Wo Vertrauen fehlt, wächst Distanz. Wo Nähe tabuisiert ist, bleibt Versöhnung aus.

Was am Ende bleibt

Zerbrochene Freundschaften hinterlassen eine Leerstelle, auch bei Männern. Viele schweigen darüber, einige suchen neue Wege. Manche erkennen spät, was verloren ging. „Ich hätte gerne mit ihm gesprochen“, sagte Wozniak über Jobs. Die Erinnerung blieb.

Vielleicht liegt genau darin die Chance, in der bewussten Auseinandersetzung mit dem, was war, und dem Mut, über das Schweigen hinauszugehen.

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