
Der an einer Grazer Berufsschule tätige Lehrer Stefan Hagn schilderte mir in einem Interview für meine Masterarbeit bereits vor Monaten die Defizite in der Gewaltprävention an Österreichs Schulen, besonders im schulpsychologischen Bereich. Viele im Bildungssystem würden diese Aufgabe belächeln, meinte er. Die Debatte über Sicherheitskonzepte für Schulen geht bereits einen Schritt weiter. Der erste Schritt liegt in der Prävention.
Im Rahmen meines Studiums der Kriminologie und Kriminalistik ging ich der Frage nach, wo im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität die Lücken sind und was zu tun ist, um sie zu schließen. Dafür redete ich mit Lehrerinnen und Lehrern. Alle von ihnen verfügten über langjährige Erfahrung und gehörten zu den engagierten Vertretern ihres Berufsstandes, die persönliche und soziale Entwicklung ihrer Schüler war ihnen wichtig.
Nach dem Grazer Amoklauf mit elf Toten schrieb mir Hagn eine längere Nachricht. Er wies nochmals darauf hin, dass es im österreichischen Schulwesen, in dem er seit vielen Jahren arbeitet, an systematischer Gewaltprävention mangelt. Es gebe zwar Eigeninitiativen von Lehrkräften, doch „das Angebot der Schulpsychologie, das es jetzt endlich auch für uns gibt, belächeln viele im System“. Hagn wörtlich: „Ich habe mich in manchen Situationen überhaupt nicht ernst genommen gefühlt.“
In einem meiner Forschungsberichte gaben alle Lehrer an, die Präventionsmaßnahmen seien wichtig, aber als Folge der strukturellen Gegebenheiten im Schulapparat und der engen Lehrpläne kaum in ausreichender Tiefe umsetzbar. Sie wären bereits in den unteren Schulstufen nützlich, um dann bei den älteren Schülern wirken zu können. Interessant dabei: Alle Interviews zeigten, dass die Schüler Präventionsprogramme grundsätzlich positiv wahrnehmen.
Hagn hofft nun auf ein neues, besser vorbereitetes Schulmanagement und darauf, dass die tragischen Ereignisse am BORG Dreierschützengasse ein Umdenken bewirken, und nicht bloß symbolische Trauer. „Unsere Politik hat wenig Vorstellungen, was in der Jugend abgeht. Ein großes Problem sind die brutalen Spiele im Internet und die Radikalisierungen durch TikTok und co.“
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