
Laut einem campus a Interview mit Militärexperte Gerald Karner leidet die USA unter strukturellen Schwächen und steht mit einer möglichen dritten Amtszeit unter Donald Trump kurz vor der Destabilisierung. Soziale Ungleichheit, fehlende Bildung, evangelikaler Fundamentalismus, Rechtsruck und Drogenmissbrauch seien nur einige der Gründe, warum die USA eher kurz- als mittelfristig implodieren könnten. Er beschreibt die Situation als „Gemengelage mit enormer Sprengkraft“.
„Ich sehe den Untergang der amerikanischen Demokratie nicht in den nächsten drei oder vier Jahren“, sagte auch der deutsche Schriftsteller, Philosoph, Publizist und Moderator Richard David Precht in der aktuellen Ausgabe seines gemeinsam mit ZDF-Moderator Markus Lanz gestalteten Podcasts, „aber was in zehn Jahren ist, darauf würde ich nicht mehr wetten.“
In den USA zieht sich ein tiefer Riss durch die Gesellschaft. Demokraten und Republikaner sind längst nicht mehr nur Kreuze auf der Wahlkarte, sie sind zu Identitäten geworden. Es sind zwei Welten, zwei Lebensrealitäten, die die Menschen immer weiter auseinanderzerren. Donald Trump und andere rechtskonservative Populisten gießen Öl ins ohnehin schon lodernde Feuer.
Mit ständiger Eskalation und Hetzkampagnen lenken sie die Aufmerksamkeit auf Konflikte und skandalöse Schlagzeilen. Während die Gesellschaft auseinanderdriftet, stampft Trump die Demokratie vor den Augen aller noch weiter in den Boden. Gleichzeitig nutzt er die Spaltung, um sich als allmächtigen Heilsbringer zu stilisieren, der als einziger die Probleme des Landes zu lösen vermag.
Die politische Polarisierung hat in den vergangenen Jahren nicht nur zugenommen, sie hat ein historisch gefährliches Niveau erreicht. Reinhard Heinisch, Politikwissenschaftler der Universität Salzburg, sieht vielfältige Ursachen: „Die US-Gesellschaft reagiert wie alle westlichen Demokratien auf Globalisierung und Neoliberalismus, nur fand beides dort wesentlich radikaler statt als in Europa, auch weil es entsprechend weniger soziale Absicherungen gab und der ökonomische Druck sich erhöhte.“
Wo früher Meinungsverschiedenheiten herrschten, stehen sich heute politische Gegner gegenüber. Der Austausch ist verstummt und Verachtung und Hass haben den demokratischem Dialog ersetzt. So weit, dass laut Studien 38 Prozent der Befragten verärgert wären, wenn ihr Kind einen Wähler der Gegnerpartei heiraten würde. Laut Forschung ist der sogenannte „partizan affective polarization“, also die emotionale Abneigung gegenüber der jeweils anderen Partei so ausgeprägt wie selten zuvor.
Die toxische Atmosphäre schwächt die Fähigkeit des politischen Systems, gemeinsam Lösungen zu finden und gefährdet langfristig die Stabilität der Demokratie. Während im Zweifelsfall die Gesprächsebene zwischen den Parteien immer funktionierte, hat es Trump vor seinem Angriff auf Iran nicht einmal mehr für nötig gehalten, die Demokraten auch nur zu informieren. Auch Reinhard Heinisch sieht die Gefahr, wenn der Staatsapparat nicht mehr geeint agiert: „Die Untergrabung der Legitimation ist schon längst passiert, staatliche Institutionen und selbst das FBI haben extrem niedrige Zustimmungswerte. Trumps Propagandabegriff des Deep State (geheime Machtstrukturen, die Politik und Gesellschaft hinter den Kulissen lenken) verschlimmert das nochmals.“
Seit dem Wahlsieg 2024 kontrollieren die Republikaner mit einer Mehrheit im Senat, im Repräsentantenhaus und im Surpreme Court alle zentralen Machtpole der USA. Mit „Project 2025“, einem Plan der konservativen Heritage Foundation und etwa achtzig weiteren rechten Organisationen, will die Trump-Administration die Regierung grundlegend umbauen.
Kernpunkte sind die radikale Verkleinerung des Staatsapparates, die massive Ausweitung der präsidialen Macht, die Schwächung unabhängiger Behörden und die Ersetzung von Fachpersonal durch loyale Gefolgsleute. Vorgesehen sind weitreichende Deregulierungen, das Ende von Diversitätsprogrammen, eine harte Migrationspolitik mit Massendeportationen, die Förderung eines christlich-nationalen Staatsbildes und die Rückkehr zu Kohle und Öl. Trump hat bereits rund 34 bis 42 Prozent seines 900-seitigen Plans für Amerika umgesetzt. Und das in wenigen Monaten nach Amtsantritt.
Es ist ein Angriff auf die liberale und progressive amerikanische Demokratie, und er kommt in einem Moment der Schwäche auf der Gegenseite. Denn die Demokraten wirken so führungslos wie selten zuvor. Aktuelle Umfragewerte von CNN aus dem Frühjahr 2025 zeigen, dass die Demokratische Partei nur noch auf 29 Prozent Zustimmung in der US-Bevölkerung kommt. Der niedrigste Wert seit Beginn jener Umfragen in den 1990er Jahren. Die Partei gilt als unsichtbar im politischen Diskurs und ist von innerparteilichen Konflikten zerrüttet. Neue Hoffnungsträger wie der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom tun sich mit ihrem innerparteilichen Umfeld schwer damit, ihr Profil zu stärken.
Eine Umfrage unter 520 US-Politikwissenschaftlern zeigt: Die Mehrheit sieht die Demokratie ernsthaft in Gefahr. Das Land bewegt sich laut Beobachtern in Richtung Autokratie mit faschistischen Zügen. Auch Reinhard Heinisch sieht Parallelen zu autoritären Umbauprozessen von Ländern wie Ungarn oder Russland: „Die USA werden allmählich zur illiberalen Demokratie, da Exekutivgewalt und deren Macht unklar geregelt ist.“
Technomilliardäre wie Elon Musk, Mark Zuckerberg und Jeff Bezos kontrollieren digitale Infrastrukturen und soziale Medien, die essenziell für politische Meinungsbildung und öffentliche Kommunikation sind. Da diese Plattformen privatwirtschaftlich organisiert sind, aber de facto als globale politische Diskursräume fungieren, legen Konzerne wie X, Meta oder Amazon die Spielregeln weitgehend selbst fest. Firmenchefs entscheiden, was gesagt, gesehen und geteilt werden darf – oder nicht. Zusätzlich unterstützen diese Männer die politischen Akteure ihrer Wahl mit enormen finanziellen Mitteln im Wahlkampf, wie etwa Elon Musk Donald Trump.
So können die Firmenchefs bei Agenden wie Regulierung der Märkte, Umwelt- oder Arbeitsrecht ihre Interessen durchsetzen, um möglichst große unternehmerische Freiheit zu erlangen. Joe Biden warnte in seiner Abschiedsrede vom Präsidentenamt die USA und die Welt explizit vor einem „techno-industriellen Komplex“, der die Nation bedrohe.
Zwischen den Zeilen zeichnete er das Bild eines Amerikas, das nicht mehr von Institutionen regiert wird, sondern von Milliardären mit X-Zugang, eine Oligarchie à la Musk und Co. Reinhard Heinisch, Politikwissenschaftler der Universität Salzburg, sagt: „Die Kontroll- und Regulierungskompetenz des Staates wird massiv untergraben, was natürlich im Sinne der Tech-Konzerne ist.“
Was den superreichen Daten-Tycoons wohl zusätzlich in die Hände spielt, ist das stark gesunkene Vertrauen von Bürgern in etablierte Medien. Laut einer Gallup-Umfrage aus dem Herbst 2024 vertrauen nur noch 31 Prozent der US-Bürger den Medien „voll und ganz“ oder „ziemlich“. 36 Prozent geben an, den Medien überhaupt nicht zu vertrauen. Ein Negativrekord, der sich in den vergangenen Jahren verfestigt hat. Trumps Rhetorik rund um den Begriff „Fake News“ verstärkt die Problematik weiter.
Im Gegensatz dazu sind sich 67 Prozent der Amerikaner nicht sicher, ob das, was sie im Internet und auf Social Media lesen, wirklich stimmt. Woher nehmen Amerikaner also die fundierten Informationen, die sie brauchen, um bei einer Wahl das richtige Kreuz machen zu können? Und wie können sie eine faktenbasierte Entscheidung treffen, während Männer wie Elon Musk auf X hetzerische Halbwahrheiten über politische Gegner verbreiten?
Reinhard Heinisch meint: „Je mehr Reiche in der Politik mitmischten, desto schwächer wurde der Staat. Diese Gruppen finanzierten ein rechtes Medienökosystem, neue Bewegungen und sponserten Politiker, die zwar die Leute mobilisierten, doch die Ursachen bei Identitätspolitik, Religion und mangelndem Patriotismus sahen. Er sieht die Problematik auch bei den Demokraten: „Gleichzeitig spielten die Demokraten willig mit, öffneten sich liberalen urbanen Eliten und bedienten exotische Sonder- oder Nischenthemen, die den Menschen abgehoben vorkamen.“
Amerikanische Bürger konsumieren nur die eigene „Wahrheit“ und manövrieren mit Scheuklappen durch eine schier einbetonierte Desinformationsblase, die nicht einmal durch unbestreitbare Fakten von Andersdenkenden zerbrochen werden kann. Journalisten agieren teils mit angezogener Handbremse, eingeschüchtert durch juristische Drohkulissen, politische Angriffe oder ein Klima wachsender Feindseligkeit. Trump und sein Umfeld gewähren willfährigen Medien exklusiven Zugang zu Politikern, während sie kritische Stimmen von Pressekonferenzen ausschließen oder öffentlich diskreditieren.
Die Einkommens- und Vermögensungleichheit in den USA hat sich in den vergangenen Jahrzehnten drastisch verschärft. Die obersten zehn Prozent der Amerikaner kontrollieren mittlerweile über 71 Prozent des gesamten Vermögens im Land. Eines der weltweit höchsten Niveaus an Vermögensungleichheit. Allein im Jahr 2024 gab es einen Anstieg von 379.000 Millionären in den USA, während mehr als achtzig Prozent der Erwachsenen weniger als 100.000 Dollar besitzen.
Während Spitzenverdiener und Kapitaleigner massiv profitieren, stagniert das Einkommen breiter Bevölkerungsschichten. Der Zugang zu guter Bildung ist ungleich verteilt, Kinder aus armen Familien und Minderheiten starten mit schlechteren Chancen ins Leben. Sie besuchen überfüllte, unterfinanzierte Schulen, während Universitäten, die sozialen Aufstieg versprechen, für viele unbezahlbar sind.
Besonders Schwarze, Hispanics und Native Americans (indigene Völker, die schon lange vor der Ankunft der Europäer auf dem Kontinent lebten) sind überdurchschnittlich von Armut betroffen. 2021 lebten 12,8 Prozent der US-Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, bei Schwarzen lag die Quote bei 21,8 Prozent, bei Hispanics bei 17,5 Prozent. Während die Lebenshaltungskosten weiter steigen, stagnieren oder sinken die Reallöhne seit Jahrzehnten. Dazu kommt eine Politik, die oft eher schützt als gestaltet. Steuersenkungen, von denen vor allem Reiche profitieren, treffen auf ein schrumpfendes soziales Netz. Der Staat will Sozialleistungen kürzen und Förderprogramme aushöhlen. Der Markt regelt zwar, aber immer weniger für die, die ihn am dringendsten bräuchten.
Unter Trump erlebt das US-Bildungssystem einen massiven Kahlschlag. Per Dekret leitete Trump den Abbau des Bildungsministeriums ein, die Hälfte der Mitarbeiter ist bereits entlassen. Bundesweite Förderprogramme, etwa für benachteiligte Kinder, Inklusion oder Schulpsychologie, stehen auf der Kippe. Besonders Schulen in armen Regionen droht der Verlust wichtiger Mittel. Statt öffentlicher Schulen will der Staat künftig private und religiöse Einrichtungen sowie Heimunterricht mit Steuergeldern fördern. Ein Gericht hat die vollständige Schließung des Bildungsministeriums vorerst gestoppt, doch die Richtung ist klar. Die Bildung ist zum Spielball ideologischer Interessen geworden.
Die US-Regierung hat Harvard im Mai 2025 Bundesmittel in Höhe von 2,65 Milliarden Dollar gestrichen, mit der Begründung, die Uni gehe nicht entschieden genug gegen Antisemitismus und Diskriminierung vor. Kurz darauf entzog das Heimatschutzministerium Harvard das Recht, internationale Studierende für das Studienjahr 2025/26 aufzunehmen. Rund ein Viertel der Studierenden war betroffen, sie sollten wechseln oder das Land verlassen.
Ein Gericht stoppte das Verbot vorerst. Doch die Regierung macht Druck: Sie fordert tiefgreifende Strukturreformen, strengere Kontrollen internationaler Studierender und ein Ende ideologisch geprägten Unterrichts. Harvard wehrt sich juristisch und spricht von einem politischen Angriff auf akademische Freiheit und Hochschulautonomie.
Evangelikale Fundamentalisten bilden eine Stammwählerschaft der Republikanischen Partei und stehen felsenfest hinter Präsident Donald Trump. In enger Allianz mit rechten Katholiken, Mormonen, protestantischen Gruppen und konfessionslosen Christen bilden sie das Kernmilieu der religiösen Rechten. Was sie eint, ist eine kompromisslose Agenda mit traditionellen Geschlechterrollen, einem Abtreibungsverbot, die Ablehnung von LGBTQ-Rechten, harte Migrationspolitik und Klimawandelleugnung.
Es geht nicht nur um moralische Werte, sondern um gesellschaftliche Vormacht, um die Vorstellung, dass die USA ein christliches Land sei, gegründet von weißen Christen, für weiße Christen. Die Anhänger machen nach Angaben des Public Religion Research Institute etwa 14 Prozent der USA-Bevölkerung aus.
Die Bewegung ist hochgradig organisiert, finanziell gut ausgestattet und strategisch eng mit konservativen Thinktanks, Medien und Lobbygruppen verbunden. Ein zentraler Akteur im evangelikalen Mediennetzwerk ist die Salem Media Group, ein konservatives Medienunternehmen mit landesweitem Einfluss. Es betreibt über 100 Radiosender in den USA und bespielt eine Vielzahl von Webseiten und Apps. Nach eigenen Angaben erreicht Salem rund elf Millionen Hörer im Monat und verzeichnet mehr als 150 Millionen digitale Zugriffe. Das Time Magazin zählte bereits 2005 einen der Gründer, Stuart Epperson, zu den 25 einflussreichsten Evangelikalen Amerikas.
Rund achtzig Prozent der weißen Evangelikalen stimmten 2016 und 2020 für Donald Trump. Er setzte sich im Gegenzug für ihre Anliegen, wie das Aushebeln des landesweiten Rechtes auf Abtreibung, ein.
Dahinter verbirgt sich eine über Jahrhunderte gefestigte Struktur der Unterdrückung, welche schwarze Amerikaner und andere Minderheiten systematisch benachteiligt. Damit sind nicht nur Vorurteile einzelner Menschen gemeint, sondern Institutionen und Gesetze, die das diskriminierende Gefälle tagtäglich aufs Neue herstellen. Schon am Beginn des Lebens starten Betroffene mit schlechteren Chancen. Weil Schulen in den USA großteils über lokale Steuern finanziert werden, sind Bildungseinrichtungen in schwarzen und einkommensschwachen Gemeinden häufig massiv unterfinanziert. Das bedeutet: überfüllte Klassenzimmer, veraltete Materialien, schlechtere Lehrer-Schüler-Verhältnisse. Wer so startet, tut sich nach der Schulzeit schwer. Im Studium, im Beruf, in der Gesellschaft. Auch wirtschaftlich sind schwarze Amerikaner im Nachteil.
Sie verdienen im Schnitt weniger, sind häufiger arbeitslos und leben oft in segregierten, unterversorgten Stadtteilen. Vermögen, etwa durch Immobilienbesitz, konnte über Generationen kaum aufgebaut werden. Bis heute wirkt das „Redlining“ nach, eine einst legale Praxis, bei der Banken Kredite in schwarzen Vierteln verweigerten. Besonders sichtbar ist struktureller Rassismus im Justizsystem. Die Polizei kontrolliert schwarze Menschen häufiger, sie erfahren überdurchschnittlich oft Gewalt durch die Justiz und erhalten im Durchschnitt härtere Strafen vor Gericht.
Die Zahlen sprechen für sich: Jeder dritte schwarze Mann in den USA könnte hypothetisch im Laufe seines Lebens im Gefängnis landen. Im Jahr 2022 starben in den USA 1.176 Menschen durch Polizeigewalt, was mehr als drei Todesfällen pro Tag entspricht. Der Anteil schwarzer Menschen lag bei 24 Prozent, obwohl sie nur rund 13 Prozent der US-Bevölkerung ausmachen.
Die Trump-Administration schränkte Programme zur Förderung von Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) ein oder setzte sie aus, was die Bemühungen zur Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung weiter erschwert.
Ende 2024 waren in den USA fast drei Viertel der Erwachsenen übergewichtig oder fettleibig, das entspricht rund 209 Millionen Menschen. Besonders besorgniserregend: Auch bei Kindern nimmt das Problem rasant zu, inzwischen ist mehr als ein Drittel betroffen. Experten warnen, dass die Situation sich weiter verschärfen wird. Für 2025 droht Prognosen zufolge eine Adipositasrate von über achtzig Prozent bei Erwachsenen.
Die USA gehören mit zu den Ländern mit den höchsten Übergewichts- und Fettleibigkeitsraten weltweit. Bereits 2021 führte Fettleibigkeit zu etwa 335.000 Todesfällen. Denn die gesundheitlichen Folgen sind gravierend. Das Risiko für Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs und psychische Erkrankungen steigt dramatisch an.
Ein im Jahr 2024 veröffentlichter Bericht republikanischer Mitglieder des Joint Economic Committee im US-Kongress beziffert die durch Adipositas entstehenden Gesundheitskosten in den nächsten zehn Jahren auf 9,1 Billionen Dollar, also 9,1 Tausend Milliarden Dollar.
Das ist noch nicht alles: Nur rund sieben Prozent der erwachsenen US-Amerikaner gelten als kardiometabolisch gesund, das heißt, sie haben bei Blutdruck, Blutzucker, Cholesterin, Gewicht und Herz-Kreislauf-Faktoren optimale Werte. Ein Land, in dem der allergrößte Teil der Bevölkerung krank, schwach oder stark eingeschränkt ist, tut sich zwangsläufig schwer, das volkswirtschaftliche Niveau zu halten. Womit sich auch dadurch die Chancen für Agitatoren und vermeintliche Heilsbringer wie Trump verbessern.
In den vergangenen Jahrzehnten sind laut Schätzungen zufolge eine Million US-Bürger an einer Überdosis durch Drogen gestorben. Der Opioid-Epidemie liegt einer Vermarktung von Arzneimittelherstellern in den 1990er Jahren zugrunde, die verschreibungspflichtige Schmerzmittel an die Massen brachten. Die Firma Purdue Pharma drängte Oxycodon, bekannt unter dem Markennamen OxyContin, ein stark wirkendes Opioid-Schmerzmittel auf den Markt, was als Auslöser der derzeitigen Krise gilt. Sie spielte das Suchtpotenzial der Medikamente herunter, was zu einer explosionsartigen Zunahme von Abhängigkeiten führte.
Die Zahl der Drogentoten ging in den USA im vergangenen Jahr erstmals seit langem wieder um knapp dreißig Prozent auf weniger als 100.000 zurück. Die Lage bleibt jedoch alarmierend. Überdosierungen stellen weiterhin die häufigste Todesursache bei Amerikanern unter fünfzig Jahren dar.
Vor diesem Hintergrund warnen Experten vor den möglichen Folgen der Gesundheitspolitik unter Präsident Donald Trump. Geplante Kürzungen bei Medicaid, dem staatlichen Krankenversicherungsprogramm für Bedürftige, in Höhe von rund 600 Milliarden Dollar, sowie massenhafte Entlassungen im öffentlichen Gesundheitssektor könnten die Drogenkrise erneut verschärfen, so die Sorge vieler Fachleute.
Eine derart hohe Rate an Drogenabhängigen schwächt den Staat in seinen Grundsystemen. Sie belastet Gesundheitssysteme, reißt soziale Netze auseinander und bremst die Wirtschaft, da wichtige Arbeitskräfte wegfallen. Gleichzeitig blüht die Kriminalität und der Drogenhandel, während Polizei und Justiz überfordert sind.
Die USA stehen also schon kurz vor dem Zusammenbruch, laut Militärexperte Gerald Karner erfolgt der Zerfall zwar nicht abrupt, sondern schleichend, „aber er ist längst im Gang. Wenn sich zeigt, dass Trump nicht liefert, kann das zu weiteren Verwerfungen führen und das kann explosiv werden.“
Obwohl Karner nicht glaubt, dass Trump die USA in dieser Amtszeit zerstört, sagt er: „Wenn er das Tempo hält und womöglich eine dritte Periode bekommt, wird es gefährlich. Wenn es jemand schaffen kann, die USA zu destabilisieren, dann er.“
Mit jeder verstrichenen Woche, in der Donald Trump im Weißen Haus sitzt, verstricken sich die USA in ein immer tieferes Netz aus strukturellen Krisen, demokratischen Erosionsprozessen und Radikalisierung. Auch wenn die Amerikaner sich danach sehnen, ihren verblassten Traum wieder auferstehen zu lassen, ein starker, männlicher „Führer“ an der Spitze hat noch nie die gewünschte Erlösung gebracht. Das lehrt die menschliche Geschichte wie ein Mantra.
Das Gesellschaftsklima wird sich weiter aufheizen, die Amerikaner fühlen sich hilflos und ausgeliefert und wenn sich Menschen von erratischen Machthabern in die Enge gedrängt fühlen, desto eher sind sie bereit, Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Die Proteste in Los Angeles sind nur der Auftakt einer aufwachenden Gesellschaft. Eine funktionierende Demokratie braucht starke Stimmen, die laut werden, wenn sich die Entwicklung rückwärts statt vorwärts bewegt.
Die Hoffnung, die tiefen Risse in der Gesellschaft könnten noch verheilen, entspringt eher naivem Wunschdenken als der Wirklichkeit. Denn hinter jedem scheinbar kleinen Riss in der US-Gesellschaft verbergen sich Abgründe, die an dieser Hoffnung zweifeln lassen.
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