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Warum vor einer Fleischerei sogar Veganer Schlange stehen

Vegan boomt, doch vor einer Fleischerei in der Wiener Gumpendorferstraße bilden sich regelmäßige Warteschlange. Darunter sind auch viele junge Menschen. Warum? Ehrliches Fleisch, nachhaltige Verarbeitung und Respekt vor dem Tier.
Bernadette Krassay  •  10. Oktober 2025 CvD    Sterne  822
Die Ringl-Schwestern führen seit 2009 die Fleischerei Ringl mithilfe von Andreas. (Foto: Amin Zaazou)
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Der Duft des jeden Morgen frisch zubereiteten Schinkens lässt Passanten in der Gumpendorferstraße unweigerlich einen Blick in die Fleischerei Ringl werfen. Es ist nicht irgendeine Fleischerei, sondern die einzige Wiens, die noch alles selbst herstellt. Ganz nach altem Familienrezept.

Familienbetrieb mit Mission

Dass die beiden Ringl-Schwestern seit halbzwei Uhr morgens auf den Beinen sind, ist ihnen nicht anzusehen. Alles, was in der Vitrine liegt, bereiten sie mithilfe ihres einzigen Mitarbeiters Andreas jeden Morgen frisch zu. Kalbshirn, Rindsniere, -zunge, -herz, Leberknödel, Bierwurst und traditionelle Weißwürste: Das Sortiment ist breit. Leberkäse gibt es neben den Klassikern in verschiedensten Kreationen, mit Knoblauch, Oliven, Kräutern, Pfeffer, Zwiebel und sogar mit Pflaumen, die hier ganz klar noch Zwetschken heißen. „Ich habe 14 Tage lang jeden Tag einen anderen Leberkäs und Sie haben immer etwas anderes zu essen“, sagt Ringl mit einem Augenzwinkern. „Was Menschen nicht essen wollen, bereiten wir als Tierfutter auf“, sagt Claudia Ringl und zeigt ihre Kauprodukten für Hunde, die an Schnüren aufgefädelt an der Wand baumeln.

Die Fleischerei Ringl hat den Charme der Fünfzigerjahre. (Foto: Amin Zaazou)

Der gekachelte Laden mit Charme der Fünfzigerjahre, wirkt, als wäre vor mehr als einem halben Jahrhundert die Zeit stehen geblieben. Die Ringl-Schwestern haben die Fleischerei des Vaters 2009 übernommen. Der inzwischen 80-Jährige hilft immer noch mit. „Er isst Fleisch und bleibt körperlich und geistig beweglich. Das ist das Wesentliche am Altwerden, glaube ich“, sagt Ringl.

Monika Ringl betreut während unseres Besuchs die Kunden. (Foto: Amin Zaazou)

Ihr Handwerk haben die Ringls in den Genenen. Bereits ihr Urgroßvater betrieb eine Fleischerei, damals im Waldviertel. „Der hat auch noch selbst geschlachtet“, erzählen sie. Ihr Vater fing dann in Wien an. „Das Geschäft war unser Kinderzimmer“, sagte die Schwestern, „uns war immer klar, dass wir eines Tages übernehmen.“

Andreas ist gerade im Hinterzimmer des Geschäfts damit beschäftigt, Rinderohren neben den Rinderpenissen zum Trocknen aufzuhängen. In sechs Wochen werden sich die Hunde ihrer Kunden darüber freuen. 

Andreas klopft im Hinterzimmer des Geschäfts das Fell von den Rindsohren. (Foto: Amin Zaazou)

Andreas lässt die Tiere im oberösterreichischen Mühlheim am Inn schlachten und liefert das Fleisch in einem Kühltransporter an. „Er holt die Tiere von den umliegenden Bauern, die wir alle gut kennen. Die Transportwege sind kurz, so entsteht kein Stress“, sagt Ringl.

Beliebter Zerlegerworkshop 

Nach der Ankunft des Fleisches in Wien kommt es an Fleischhaken in die Kühlkammer. Zwei Mal im Monat, immer an einem Samstag, findet von halbvier Uhr nachmittags bis Mitternacht ein sogenannter Zerlegerworkshop statt. „Wir zerlegen dabei gemeinsam ein ganzes Rind oder ein ganzes Schwein“, sagt Claudia Ringl und klopft auf einen Rinderkörper.

Claudia Ringl zeigt uns in der Kühlkammer das Rind für den kommenden Zerlegerworkshop. (Foto: Amin Zaazou)

Beim Workshop gibt es zu Essen und zu Trinken und „es kommen nicht nur junge Leute, darunter viele Studenten, die gerne kochen, sondern zum Beispiel auch Orthopäden und sogar interessierte Veganer und Vegetarier.“ 

Rege Nachfrage

Während unseres Besuchs vergeht keine Minute, ohne eintretende Kunden. Ihnen ist die österreichische Herkunft des Fleisches ein Anliegen. „Sie wollen ein Produkt, das ihnen selbst guttut. Etwas essen, nur damit sich die Kaumuskulatur bewegt, das sind unsere Kunden nicht“, so die Fleischerinnen.

Claudia und Monika Ringl sind von halb sechs in der Früh bis sechs am Abend durchgehend im Einsatz. (Foto: Amin Zaazou)

Ist das ein Geschäft? „Es reicht für uns, aber nur mit vollem Einsatz.“ Ganze Rinder und Schweine schleppen, zerlegen, den ganzen Tag auf den Beinen sein, verlangt Disziplin und Körpereinsatz: „Wir könnten diese Arbeit nicht machen, wenn wir uns falsch ernähren würden. Von halb sechs in der Früh bis sechs am Abend ohne Mittagspause durcharbeiten. Ich will mich nicht ins Rampenlicht stellen, aber da gehört schon etwas dazu.“

Beef Jerkey statt Junkfood

Gesunde und nachhaltige Ernährung ist den beiden Schwestern wichtig: „Junkfood und Chips, spielt´s nicht.“ Viel lieber legen sie das Beef Jerkey (getrocknetes Rindfleisch) direkt zur Kassa, da läuft allen Nicht-Vegetarier das Wasser im Mund zusammen. 

Wer die Fleischerei Ringl verlässt, nimmt mehr mit als nur Wurst oder Leberkäse: Das Gefühl, dass echtes Handwerk noch möglich ist. Zwischen alten Kacheln, ehrlicher Arbeit und herzhaftem Lachen beweisen die Ringl-Schwestern Tag für Tag, Tradition muss keine nostalgische Erinnerung sein, sie funktioniert auch als gelebte Gegenwart. Solange es bei ihnen nach Schinken duftet, ist klar: Wiens echtes Fleischerhandwerk lebt weiter.

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