Auf dem Cover des Buches mit dem Titel Späte Versöhnung – Die Geschichte der turbulenten Beziehungen zwischen Österreich und Israel blickt Sebastian Kurz mit ernstem Ausdruck in die Ferne, flankiert von einer österreichischen Flagge. Es ist ein Cover, das seinen Protagonisten klar in den Mittelpunkt rückt.
Das Buch Späte Versöhnung behandelt die historische Entwicklung der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Israel. Es reicht vom Besuch Kaiser Franz Josephs im Heiligen Land bis hin zu den Veränderungen, die unter dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz in diesen Beziehungen stattfanden. Der Autor, Eldad Beck, untersucht die politischen Wendepunkte und die Rolle, die Kurz dabei spielte.
Beck ist ein israelisch-österreichischer Journalist und Schriftsteller. Er nutzt sein neuestes Werk, um die politischen Bemühungen von Sebastian Kurz hervorzuheben und lobt dessen Einsatz im Kampf gegen Antisemitismus und für die jüdische Gemeinschaft in Österreich. Dieses Lob ist nicht unbegründet: Bereits 2021 lobte Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Kurz’ Arbeit habe einen positiven Einfluss auf die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung. 2024 sieht die IKG Wien das noch genauso.
Doch was treibt Beck an, diesen ehemaligen Kanzler derart in den Himmel zu heben?
Beck ist eine polarisierende Figur. Auf sozialen Medien fällt er mit provokanten Beleidigungen auf. Greta Thunberg bezeichnet er als „stupid Nazi Hitlermädchen“, und auch andere politische Gegner wie Joe Biden oder Kamala Harris greift er oft scharf an. Gleichzeitig verteidigt er öffentlich die Islamophobie als “legitime Angst, geköpft zu werden”.
Beck verortet Antisemitismus vor allem bei Musliminnen und Muslimen. Was Politologen wie der Antisemitismus- und Nahost-Experte Thomas Schmidinger als „Externalisierung des Antisemitismus“ bezeichnen. Rechtsextreme Akteure wie die AfD entlastet er hingegen. “Das verzerrt politische Realitäten”, sagt Schmidinger.
Über die AfD berichtet Beck oft positiv, sei es mit einem huldigenden Porträt eines jüdischen AfD-Politikers in dem Netanjahu nahestehenden und von Trump-Unterstützer Sheldon Adelson finanzierten Blatt Israel Hayom oder in seinem Buch “Alternative – A New Right for Germany?” aus dem Jahr 2022. Für Gastbeiträge in österreichischen Medien wie der Online-Plattform exxpress ist Beck auch zu haben.
Auch mit seinem neuen Kurz-Buch bewegt sich der Autor in rechten Kreisen. Die Buchvorstellung fand am 24. November in einem bekannten Forum in Tel-Aviv statt, das für rechte und rechtsextreme Diskussionen und Veranstaltungen bekannt ist. Dort teilte sich Beck in vergangenen Jahren mit AfD-Politikern die Bühne.
Beck scheint sowohl in seinem Buch, als auch auf sozialen Netzwerken eine positive Sicht auf Ex-Kanzler Sebastian Kurz zu haben. Von Kurz’ Bild auf dem Cover des neuen Buches, das in den sozialen Medien kursiert, bis zu Retweets von Kurz’ Beiträgen oder von Beiträgen, die ihn loben, zeigt sich Beck zum Ex-Kanzler hingezogen.
Was auf Gegenseitigkeit beruhen dürfte. Kurz zeigt sich auf der Plattform X als Unterstützer von Becks Arbeit. Auf seinem Profil finden sich Retweets von Beiträgen des Journalisten und an ihn gerichtete Glückwünsche.
Kritiker sehen Kurz’ Motivationen für seinen Kampf gegen den Antisemitismus skeptisch. “Sein Bild von den Juden war geprägt von der stereotypen Vorstellung, dass sie mächtig und einflussreich sind und eine bedeutende Rolle in der Weltpolitik spielen. Seine Konsequenz daraus war nicht, gegen die Juden zu sein, sondern sich mit ihnen zu arrangieren, um selbst Teil dieser Macht zu sein. Für mich wäre er ein gutes Beispiel dafür, dass ein Mensch philo-zionistisch sein kann, ohne notwendigerweise eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus der eigenen politischen Strömung oder der eigenen Geschichte zu haben”, sagt Schmidinger.
Unabhängig davon gilt die Arbeit von Sebastian Kurz als wertvoll für die jüdische Gemeinschaft in Österreich. Der Wiener Politologe Adham Hamed: “Da ist eine Bewegung, eine Veränderung, die innerhalb der ÖVP sichtbar ist, und die Sebastian Kurz aufgebaut und protegiert hat.”
Positive Beziehungen zwischen Israel und rechtsgesinnten Regierungen waren bereits vor Sebastian Kurz’ Kanzlerschaft üblich. Das betonen die Experten Schmidinger und Hamed. “In den USA zum Beispiel waren die Demokraten gespalten, während die Republikaner immer sehr pro-israelisch waren. In Österreich hängt die Beziehung zu Israel davon ab, wie sich eine Partei in Bezug auf die österreichische Vergangenheitspolitik positioniert und wie sie sich international verhält. Die neue Rechte mag immer noch antisemitisch sein, doch durch ihre stark antimuslimische Haltung und die Ablehnung muslimischer Migranten haben rechte europäische Politiker durchaus versucht, sich mit Israel auszusöhnen.”
Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Bücher mit dem schillernden Türkisen am Cover erscheinen werden. Auch seine ehemaligen Mitstreiter tragen ihren Teil dazu bei, die Ära Kurz literarisch zu verlängern, wie etwa Johannes Frischmann, der seine Erfahrungen in einem im Seifert-Verlag erschienen Buch niederschrieb. Eines ist klar: Das Interesse an Sebastian Kurz bleibt groß.