Als Schülerin an einem österreichischen Gymnasium, die selbst ein halbes Jahr in England gelebt hat und die sogenannten A-Levels miterlebt hat, kann ich nur betonen, wie dringend das österreichische Schulsystem überarbeitet werden sollte. Dabei sind A-Levels der britische Schulabschluss, bei dem Schüler:innen drei bis vier Fächer auswählen und sich intensiv darauf spezialisieren.
Zu glauben, es wäre sinnvoll, dass Schüler:innen bis zu ihrem Abschluss durchschnittlich fünfzehn Fächer haben sollten, erhöht nur einen zwecklosen Leistungsdruck. Maturant:innen legen sechs bis sieben Prüfungen ab – und diese Wahl treffen sie bereits im Laufe ihrer Schulkarriere in der Oberstufe. Bis Ende der siebten Klasse wissen die meisten Schüler:innen, in welchen Fächern sie ihren Abschluss machen wollen. Wieso sollten sie dann dennoch in der achten Klasse bis zu fünfzehn Fächern belegen müssen und anschließend direkt ihre schriftlichen Prüfungen – die einen Bruchteil von den Fächern ausmachen, die sie insgesamt haben – absolvieren?
Was besonders positiv am britischen Schulsystem auffällt, ist die Tatsache, dass junge Erwachsene in den letzten beiden Schuljahren vor ihren A-Levels, dem Äquivalent zur Matura, nur mehr den Unterricht der Fächer besuchen, in denen sie ihren Abschluss machen möchten. Wichtig zu erwähnen ist auch, dass die Fächerauswahl sich dort nicht nur auf klassische Unterrichtsfächer beschränkt, sondern auch Fächer wie Rechtswissenschaften, Kriminologie oder Tourismus anbietet. Schüler:innen haben somit die Möglichkeit, sich zwei Jahre lang intensiv ihren Passionen zu widmen und idealerweise auch zu schauen, ob sie in ihren gewählten Fächer eine Zukunft sehen.
Nichtsdestotrotz weist das britische Schulsystem auch Schwächen auf. Der größte Kritikpunkt dabei ist, dass von Schüler:innen sehr früh eine Spezialisierung erwartet wird, die bei vielen für große Überforderung sorgen kann. In Extremfällen könnten Schüler:innen ihre Fächerwahl sogar bereuen. Jedoch sollte man im Hinterkopf behalten, dass jeder Mensch eigene Interessen entwickelt und seine Leidenschaften im Leben verfolgen möchte. Das Angebot an Fächern für die A-Levels bietet Jugendlichen somit die perfekte Gelegenheit herauszufinden, welche Leidenschaften Hobbies bleiben und welche Leidenschaften eine berufliche Zukunft haben.
Auch wenn das britische Modell nicht perfekt ausgearbeitet ist, bietet dies dennoch wertvolle Ansätze, die Schulen in Österreich inspirieren könnten. Doch was genau bedeutet das nun konkret für das österreichische Schulsystem? Niemand kann an allen fünfzehn Fächern, die er oder sie hat, interessiert sein. Würde man den Fokus aber auf weniger Fächer legen, die die Jugendlichen ansprechen, würde man ihre Stärken und Leidenschaften fördern. Darüber hinaus würde man ihnen auch dabei helfen, ihre Zukunft aufzubauen, denn durch die spezifische Fächerwahl wird einem ein Vorgeschmack für ein Studium gegeben.
Es ist höchste Zeit für eine Reform des österreichischen Schulsystems. Weniger Fächer und eine klare Spezialisierung würden Schüler:innen nicht nur deutlich weniger überfordern, sondern sie im Gegenteil nur mehr fördern und auf die Zukunft vorbereiten – ein Gewinn für alle.
Verfasse auch du einen Beitrag auf campus a.
sehr interessanter ansatz. ich finde zudem, dass es eine zumutung ist, bis zur matura vertiefend mathematikunterricht aufzuoktruieren. es gibt viele, die mathematik kaum höher als auf dem niveau vis zur 6. klasse jemals aktiv nutzen müssen, aber es hindert alle nicht mathematisch begabten daran, zeit in fächer zu investieren, die ihren stärken und interessen entgegenkommen. eigentlich hindert man so viele jugendliche daran, sich zu entfalten.
04 January 2025