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Das falsche Klischee von Essstörungen

Mager, lustlos, jung, weiblich? Das ist das gängige Klischee bei Essstörungen. Dabei gibt es viel mehr Formen und betroffene Gruppen, als gemeinhin angenommen. Von Liliana Haraszti und Marcela Urbina Alonso
Liliana Haraszti  •  5. Februar 2025 Schülerin    Sterne  22
Mit dem gängigen Klischee von Essstörungen lassen Schulen, Eltern und das Gesundheitssystem die vielen betroffenen Jugendlichen allein. (Foto: Christian Dorn)
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Essstörungen, Probleme mit dem Körperbild und ständiger Leistungsdruck- was haben diese Dinge gemeinsam? Das alles sind Themen mit denen Jugendlichen täglich konfrontiert sind.

Essstörungen tauchen immer häufiger auf. Dünn, kränklich, abgemagert, lustlos, jung, weiblich, das ist das gängige Klischee von Menschen mit Essstörungen. Es zeigt allerdings nur einen kleinen Ausschnitt der Realität. Essstörungen können sich in unterschiedlichsten Formen äußern und Menschen aller Altersgruppen und Geschlechter betreffen.

Viele Formen von Essstörungen

Zu den bekanntesten Essstörungen gehört Anorexia nervosa, bei der Betroffene durch extremes Hungern und zwanghafte Gewichtskontrolle versuchen, ihrem verzerrten Idealbild zu entsprechen. Bulimia nervosa ist durch wiederholte Essanfälle und anschließendes Erbrechen oder den Missbrauch von Abführmitteln gekennzeichnet.

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Eine weitere Form ist das Binge-Eating, bei dem es zu unkontrollierten Essanfällen kommt, ohne dass anschließend Maßnahmen wie Erbrechen folgen. Hier geht es oft um Stress oder Trauer. Orthorexie, die zwanghafte Fixierung auf eine vermeintlich „gesunde Ernährung“, und Picky Eating, ein extrem wählerisches Verhalten bei der Auswahl von Lebensmitteln, sind oft übersehene Erscheinungsformen.

Weniger bekannt, aber ebenso ernst, ist das Pica-Syndrom, bei dem Betroffene nicht essbare Substanzen wie Papier, Erde oder Kreide konsumieren. Woran es mangelt, ist Aufklärung. Gerade bei jungen Menschen ist Essstörung immer gleich Essstörung, womit sie sich zu recht allein gelassen fühlen.

Vielfältige Ursachen

Die Ursachen sind genauso vielfältig wie die Formen der Erkrankung. Biologische Faktoren wie genetische Veranlagung oder chemische Ungleichgewichte im Gehirn spielen oft eine Rolle. Auch individuelle Ursachen, wie ein geringes Selbstwertgefühl, Perfektionismus oder traumatische Erfahrungen, können Auslöser sein.

Hinzu kommen familiäre Einflüsse, etwa Konflikte in der Familie oder übermäßiger Leistungsdruck. Schließlich tragen soziokulturelle Faktoren, wie der gesellschaftliche Schlankheits- und Jugendkult, entscheidend dazu bei, dass Betroffene ein gestörtes Verhältnis zu ihrem Körper entwickeln.

Viele Hinweise

Essstörungen zeigen sich in vielen Verhaltensweisen. Dazu gehören unkontrollierte Essanfälle, komplizierte Essrituale, heimliches Essen oder das Ablehnen von Mahlzeiten mit Ausreden. Auch herbeigeführtes Erbrechen, der Missbrauch von Abführmitteln und eine zwanghafte Kontrolle des Gewichts sind alarmierende Hinweise.

Zusätzlich leiden viele Betroffene unter Ablehnung des eigenen Körpers, starker Angst vor Gewichtszunahme und exzessivem Sport. Es ist wichtig, diese Symptome frühzeitig zu erkennen, da Essstörungen ohne Behandlung schwerwiegende körperliche und psychische Schäden verursachen können.

Sich hässlich zu finden, kann eine Krankheit sein

Neben Essstörungen gibt es die sogenannte körperdysmorphe Störung. Menschen mit dieser psychischen Erkrankung fühlen sich hässlich oder entstellt, obwohl ihre vermeintlichen Makel für andere oft gar nicht sichtbar oder völlig unbedeutend sind.

Betroffene fixieren sich häufig auf einen bestimmten Körperteil. Frauen kritisieren oft Gesicht, Hüfte oder Beine, während Männer sich über zu wenig Muskeln, Körperbehaarung oder ihre Genitalien sorgen. Diese Fixierung führt dazu, dass sie sich aus Scham vor ihrem Aussehen von Freunden und Familie zurückziehen.

Die körperdysmorphe Störung beginnt oft schon im Jugendalter und kann zu Depressionen, sozialer Isolation oder sogar Suizidgedanken führen.

Wo es Hilfe gibt

Die Behandlung von Essstörungen und körperdysmorphen Störungen ist anspruchsvoll, aber möglich. Abhängig von der Schwere der Erkrankung kommen ambulante oder stationäre Therapien infrage. Psychotherapie, Ernährungsberatung und manchmal auch Medikamente spielen eine zentrale Rolle.

Ein wichtiger Schritt ist es, das Stigma zu durchbrechen, das mit diesen Erkrankungen verbunden ist. Essstörungen sind keine Frage von Willensschwäche oder Eitelkeit, sondern ernsthafte Krankheiten, die Verständnis und professionelle Hilfe erfordern.

Fazit

Essstörungen und Probleme mit dem Körperbild treten in vielfältigeren Formen und vor allem bei Jugendlichen häufiger auf, als gemeinhin angenommen. Aufmerksamkeit ist angebracht. Betroffene, die Hilfe brauchen, kann es auch im eigenen Umfeld geben.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des campus a-Projektes „Schüler machen Journalismus“.


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