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Besser als Behörden: Journalisten löschen Kinderporno-Links

Das Reporter-Kollektiv STRG_F zeigt, wie effektiv der Kampf gegen pädokriminelle Netzwerke sein kann. Ein selbstentwickeltes Programm, das Links zu illegalen Inhalten sammelt und an Plattformbetreiber meldet, löschte innerhalb von Stunden Hunderttausende Videos. Während die Nutzer der Foren frustriert aufgeben, bleibt die Frage: Warum schaffen drei Privatpersonen, was Behörden mit Millionenbudgets nicht gelingt?
Sophia Tiganas  •  7. Februar 2025 Redakteurin      324
Warum schaffen zwei Journalisten, was Behörden mit Millionenbudgets nicht gelingt? (Foto: Kaur Kristjan, Unsplash)

„Nichts funktioniert mehr. Es ist langweilig.“ Frustriert beschwert sich ein User eines Darknet-Forums für Kinderpornographie. Zuvor hatten deutsche Investigativjournalisten massenhaft einschlägige Links gelöscht. Ein Erfolg, den deutsche Behörden so noch nicht erzielt haben.

Dokumentiert ist das Ganze in einer Reportage, die am 6. Februar im deutschen YouTube-Kanal STRG_F online ging. Sie zeigt die monatelange Arbeit zweier Journalisten und eines Informatikers. Wie können drei Privatpersonen ganze pädokriminelle Foren deaktivieren, während die Behörden behaupten, ihnen fehlen die Ressourcen für solche Aktionen?

STRG_F sucht und findet

„Wir gehen für euch dorthin, wo es etwas zu entdecken gibt, tauchen ein und decken auf”, beschreibt sich das junge Reporter-Kollektiv STRG_F. In Wirklichkeit tut es mehr als das. Bereits im Dezember enthüllte das Investigativ-Team unter regem öffentlichen Interesse ein Telegram-Netzwerk, in dem Nutzer jahrelang Fotos und Videos vom sexuellen Missbrauch ihrer Partnerinnen, Familienmitglieder und Bekannten geteilt hatten. Zudem deckten sie eine Webseite auf, die heimliche Aufnahmen von Frauen in Toiletten oder ihren eigenen Wohnungen zeigte. 

Eine “mittelgroße Katastrophe” für pädokriminellen Foren

Die neueste Aktion des deutschen Journalisten-Kollektivs nennt ein verurteilter ehemaliger Betreiber eines pädokriminellen Forums im Gespräch mit STRG_F eine “mittelgroße Katastrophe”. Denn das Löschen kinderpornographischer Inhalten geht schneller als das Hochladen. Verschwinden ständig Links, die zu Hunderten solcher Videos führen, sind es die Täter irgendwann leid, die Aufnahmen neuerlich hochzuladen.

Wo verstecken sich kinderpornographische Inhalte?

Fotos von sexuellem Kindesmissbrauch teilen sich Pädokriminelle im Darknet, wo auch der Handel mit Drogen, Waffen und gestohlenen Daten floriert. Doch Videos sind schwer zu speichern. “Der Upload im Darknet dauert zu lange und es gibt zu wenig Speicherplatz”, erklärt STRG_F in der Reportage. Deswegen laden User ihre Videos bei herkömmlichen Speicherdiensten im normalen Internet hoch. Die Betreiber der Speicherdienste bekommen das nicht mit, denn die Videos sind verschlüsselt. Durch Links, die in den Darknet-Foren die Runden machen, erhalten Pädokriminelle Zugang.

Ungenügende Ressourcen?

Bereits vor drei Jahren führte STRG_F eine Recherche zu den pädokriminellen Foren im Darknet durch. Exemplarisch informierten sie damals die Betreiber der Speicherdienste über die Inhalte auf ihren Servern. Da Betreiber in mehreren Ländern, darunter auch Deutschland, illegale Inhalte sofort löschen müssen, verschwanden die gemeldeten Videos über Nacht. Damit lag der Ball bei den Behörden. Was unternahmen sie? Laut der neuen Recherche der deutschen Journalisten wenig.

Die Behörden löschten mehrere Foren, doch die Links zu den Videos blieben online zugänglich. Die Behörden beseitigten also ein Symptom, nicht das Problem. Denn pädokriminelle Foren verschwinden über Nacht und sprießen am nächsten Tag wieder aus dem Boden. Solange die Links weiter bestehen, ist das Deaktivieren eines Forums für die Nutzer kaum ein Problem. Am nächsten Tag laden sie den selben Link schlicht auf einer neuen Webseite hoch. 

Die Lösung? Daniel Moßbrucker, Robert Bongen und Tobias Hübers von STRG_F arbeiteten monatelang an einem Programm, das so viele Links zu kinderpornographischen Inhalten im Internet wie möglich sammelte. Die schickten sie den Plattformbetreibern. Nur 12 Stunden später waren die Links für immer weg.

Ein paar weitere Tage später beschweren sich schon die Nutzer der pädokriminellen Foren. Manche von ihnen geben an, sie würden dieses “Hobby” nun aufgeben, denn das permanente Hochladen und Suchen nach funktionierenden Links sei “zu anstrengend”.

Der Ball liegt erneut bei den Behörden

Die Recherchen und pragmatischen Lösungsansätze von STRG_F werfen die Frage auf. Warum schaffen die Behörden das nicht? Das Argument mit mangelnden Ressourcen ist jedenfalls widerlegt. Ob die Behörden diesmal die richtigen Schlüsse daraus ziehen, bleibt abzuwarten.

Der Platz dieser Redakteurin in der campus a-Meisterklasse für Journalismus ist ermöglicht mit freundlicher Unterstützung durch die ÖBB.

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