
Wir brauchen naturnahe Umgebungen, um körperlich und geistig gesund zu bleiben. Studien zeigen, dass Aufenthalte im Grünen Stress reduzieren, die Konzentration steigern und vorbeugend gegen bestimmte Erkrankungen wirken können.
Arne Arnberger, Professor am Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung an der BOKU, beschäftigt sich mit der Erholungswirkung verschiedener Landschaften auf den Menschen. „In der Erholungsforschung fokussieren wir uns auf die präventiven Wirkungen, die natürliche Umwelten auf unsere Gesundheit haben können“, sagt er.
Welche Landschaften wir als erholsam empfinden, hat teils evolutionsbiologische Gründe. Der Instinkt unserer frühen Vorfahren wirkt bis heute in uns nach. Landschaftliche Grundcharakteristika, die den Frühmenschen im Überlebenskampf halfen, empfinden wir als schön und entspannend. Wasser- und Nahrungsquellen sowie klar strukturierte Landschaften, die Schutz und Orientierung boten, tun uns gut.
Zu dichte Vegetation empfinden wir dagegen als weniger erholsam. Lichte Laub- und Mischwälder lösten in Experimenten positivere Reaktionen aus als Monokulturen und dichte, dunkle Wälder. Was einst Säbelzahnkatzen, Riesenhyänen, Wölfe, Bären oder Riesenschlangen Deckung beim Angriff auf Menschen bot, meiden wir bis heute. „Hätte es den Urmenschen gefallen, gefällt es ziemlich sicher auch uns“, fasst Arnberger zusammen.
Der Boku-Experte empfiehlt, dieses Wissen bei der Gartengestaltung zu nutzen. „Die Savannenlandschaft ist sicherlich die entspannendste Gartenlandschaft. Eine Wiesenfläche mit Obstbäumen ist die österreichische Version davon“, so Arnberger. Langweilig dürfe ein Garten aber nicht werden. Er müsse ein gewisses Maß an Komplexität aufweisen, um zu faszinieren und die Sinne anzuregen. „Beim Durchschreiten muss die Neugierde erwachen. Der Garten sollte uns in seine Welt entführen. Dann bin ich vollends auf die Natur und die Tiere in ihm fokussiert. Ein guter Garten lässt den Alltag vergessen.“
Aktuell steht in der Erholungsforschung zur Debatte, wie sehr sich der Grad der Artenvielfalt auf unsere Erholung in der Natur auswirkt, so Arne Arnberger während der Boku-Verantstaltung „Tage der Biodiversität“. (Foto: Christoph Gruber)
Die Erkenntnisse der Erholungsforschung finden längst im Bereich der Landschaftsplanung Anwendung. „Von Parkanlagen bis zu Nationalparks planen wir den Entspannungsfaktor von Anfang an mit ein“, sagt Arnberger. „Dabei haben wir nicht nur die Erholung im Sinn, sondern auch die indirekte Lenkung der Besucherströme. Durch die attraktive Gestaltung von Wegen, Rastplätzen und Aussichtspunkten können wir Menschen von verwundbaren Gebieten, wie den Brutzonen bestimmter Vögel, effektiv fernhalten.“
Eine interdisziplinäre Forschung, die etwa Umweltpsychologie, Landschaftsarchitektur und Gesundheitswissenschaften einschließt, befasst sich zudem mit dem Einfluss von Landschaftsformen auf die psychische Gesundheit. Waldlandschaften wirken demnach bei Depressionen und Angststörungen, Meeresküsten bei Burnout und chronischer Erschöpfung, Berglandschaften helfen bei posttraumatischen Belastungsstörungen und Selbstfindungsprozessen, Seen und Flusslandschaften bei Angststörungen und innerer Unruhe, Wüstenlandschaften bei Sinnkrisen und existenziellen Ängsten, Gras- und sanfte Hügellandschaften bei emotionaler Erschöpfung und leichten Depressionen. „Jede Landschaft hat ihre eigene, besondere Seele, wie ein Mensch, dem du gegenüberlebst“, wusste schon der Dichter Christian Morgenstern, der von 1871 bis 1914 lebte.
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