
Die gebürtige Kärntnerin wuchs in einer Zeit auf, in der es in Österreich noch keine Krankenversicherung gab. „Einen Arztbesuch konnte sich kaum jemand leisten“, erzählt sie. Also waren die Menschen gezwungen sich bei Erkältungen oder kleinen Verletzungen selbst zu behandeln. „In unserem Dorf in Kärnten gab es ein paar Frauen, die wussten, welches Kraut wann hilft“, erzählt Elisabeth Turner.
Zu diesen Frauen zählte auch Turners Mutter. „Ich erinnere mich, wie sie mit Kräutern Hustensaft anrührte, als ich als Kind mit Bronchitis im Bett lag und mir selbstgemachte Salben auf die Brust rieb.“ Dank der Hausmittel fühlte sich die damals Achtjährige schnell besser.
Die Kräuterleidenschaft ihrer Mutter nahm Turner als junge Frau mit nach Vorarlberg, wohin sie für einen Job als Kellnerin zog. Bei gesundheitlichen Problemen verwendet sie noch heute die mütterlichen Hustensaft- und Salbenrezepte. Isländisch Moos-Tee bei Erkältungen zum Beispiel. Das über der Baumgrenze wachsende Kraut hat eine lange Tradition als Heilpflanze. Es ist vor allem für seine entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung bekannt.
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Die Pflanze bekommt die 95-Jährige von ihrem Sohn. Vom Wandern bringt er ihr meistens einen Strauch frisches Isländisch Moos mit. Ist sie erkältet, kocht sie sich den Tee mit Kandiszucker auf. „Das stillt den Hustenreiz und dann ist der Husten ist innerhalb weniger Tagen weg“, sagt sie.
Dazu empfiehlt sie „natürliche Antibiotika“. Dafür vermischt sie Kapuzinerkresse, Kren und Wodka. Die in der Kapuzinerkresse enthaltenen Senföle töten Bakterien ab. Der Kren regt die Durchblutung an, wirkt schleimlösend und fördert das Immunsystem. Der Wodka zieht die Wirkstoffe aus Kapuzinerkresse und Kren heraus und macht die Mischung länger haltbar. „Erst, wenn das natürliche Antibiotikum nicht hilft, verwende ich Chemie“, sagt Turner.
Bei Blähungen, Völlegefühl und Übelkeit rät Turner zu Schwedenbitter. Auf ihren Reisen durch ferne Länder war sie stets dankbar, ihn dabei zu haben. Eine Flasche des Kräuterschnapses gehört für sie in jedes Reisegepäck. Spätestens bei einer Lebensmittelvergiftung tut er gute Dienste. „Nach einem Schluck muss man entweder Aufstoßen oder sich Übergeben. Aber es geht einem danach definitiv besser“, lacht sie.
campus a-Redakteurin Lara Hassler führte gezwungenermaßen einen Selbstversuch durch. Nach einer Portion gebratenem Gemüsereis mit Spiegelei in Vietnam fühlte sie sich unwohl und trank Turners selbstgemachten Schwedenbitter. Sofort setzte der Brechreiz ein und sie musste sich mehrere Stunden übergeben. Wie die 95-Jährige prophezeit hat, fühlte sie sich danach besser. Das Experiment war erfolgreich.
Ihr Wundermittel gegen Magen-Darm-Beschwerden stellt Turner selbst her. Für die Kräutertinktur ist eine Mischung aus 32 verschiedenen Kräutern notwendig. Die kauft die 95-Jährige stets bei der Apotheke ihres Vertrauens in Alberschwende, einem Bergdorf im Bregenzer Wald. Ein weiterer Bestandteil des Heilgetränks ist die Angelikawurzel. Dafür begibt sich Turner zu den Feuchtgebieten an den Ufern des Rheins, um die Wurzel selbst auszugraben. Alle Zutaten legt sie für drei Wochen in Schnaps ein. Nach dem Absieben bleibt eine schwarze Brühe übrig: der Schwedenbitter. Wer sich diese Mühe nicht antun will oder kann, bekommt Schwedenbitter in Apotheken.
Bei Gelenksschmerzen rät Turner zu Hanfsalbe. Die helfe ihr schon seit Jahrzehnten. „Die Pflanze hole ich mir bei einem befreundeten Gärtner bei uns am Bodensee.“ Zuhause pflanzt sie den Hanf in ihrem Garten ein. „Ob das verboten ist oder nicht, weiß ich nicht. Das ist mir aber egal, ich mache es einfach.“ Von der berauschenden Wirkung der Hanfpflanze hält die 95-Jährige wenig. Die Blüten verwende sie daher nicht, lieber reibt sie sich das Kraut vermengt mit Kokosöl und Nelkfett als Salbe auf die Gelenke.
Turner ist mit ihrer selbsthergestellten Medizin zufrieden. „Mir sind Hausmittel lieber als Chemie. Sie haben mir in den vergangenen 95 Jahren oft genug geholfen.“ Die Frau, die fast ein Jahrhundert erlebt hat, sieht trotzdem die sogenannte Schulmedizin positiv. Bei ernsten gesundheitlichen Beschwerden geht auch sie zum Arzt und nimmt dessen Ratschläge an. „Dank meiner Krankenversicherung kann ich mir das heute leisten.“
Turner hat auch Tipps, um die Einnahme von Medikamenten möglichst lange hinauszuzögern. „Mich hat vor allem mein aktiver Lebensstil an der frischen Luft so lange gesund gehalten“, glaubt sie. In ihrer Kindheit und Jugend ist Turner viel geschwommen. „Wir haben an einem kleinen See gewohnt. Da habe ich jeden Morgen vor der Schule meine Runden gedreht.“
Als sie nach Vorarlberg zug, drehte sie die im Bodensee. Ihre Wochenenden verbrachte sie mit Freunden oder Familie in den Bergen. „Das viele Wandern hat mein Herz gesund gehalten.“ Im Winter tauschte sie die Bergschuhe gegen Langlaufski. „Der Winter hat mich nie davon abgehalten, an der frischen Luft aktiv zu sein“, sagt sie stolz. Wer dran bleibt, bleibe gesund. Um alt zu werden und gleichzeitig fit zu bleiben, rät sie: „Die Jungen müssen eine Sportart für sich finden, die ihnen Spaß macht und dabei bleiben.“
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