
Das Konklave hat ein Ende und die Welt hat einen neuen Papst. Millionen Menschen aktualisieren gespannt ihre sozialen Medien, um zu erfahren, wer der neue Pontifex ist, und dann kommt auch schon die Meldung: „Here we go! Robert Prevost has been unveiled as new Pope Leone XIV!” Die Nachricht kommt aber nicht von CNN, BBC oder der Zeit im Bild, sondern vom bekanntesten Sportjournalisten der Welt, dem Italiener Fabrizio Romano und das mit Erfolg: zwei Millionen Likes auf Instagram und 70.000 Weiterleitungen seines Beitrags. Ein genialer Marketing-Schachzug eines Journalisten, der sonst ausschließlich über Fußball berichtet. Zum Vergleich: Der größte Nachrichtensender der Welt, die BBC, erreichte 181.000 Likes und 14.300 Weiterleitungen. Ein einzelner Influencer erzielt damit zwanzigmal so viele Interaktionen wie ein Medienunternehmen mit rund 20.000 Mitarbeitern.
Der Italiener Fabrizio Romano erreicht mit Fußballnachrichten ein Millionenpublikum und gehört zu den erfolgreichsten Influencern weltweit. (Foto: laPresse / EXPA / picturedesk.com)
Auch andere Sportinfluencer setzen zunehmend auf ressortfremde Themen. Warum tun sie das? Die Antwort ist einfach: Reichweite ist die Währung auf Social Media. Wer sie besitzt, hat Macht. Die Wahl des Papstes ist ein globales Ereignis, das üblicherweise nur einmal pro Jahrzehnt stattfindet, ein idealer Zeitpunkt, um die eigene Reichweite zu nutzen und weit über die Welt des Sports hinaus auszudehnen. Romano und andere erreichen damit Menschen, die sich normalerweise nicht im Geringsten für Transfers, Kaderlisten oder die Champions League interessieren. Und das mit Erfolg: Laut der Analyseplattform Socialblade gewann Romano allein gestern Abend 31.000 neue Follower. Im Durchschnitt liegt sein täglicher Zuwachs bei 19.000.
Nicht nur der bekannteste Fußballjournalist berichtet über die Papstwahl. Auch Adam Schefter und Ian Rapoport, die beiden größten Namen im American Football, meldeten sich zur Papstwahl und das mit gleichem Ziel: ihre Reichweite zu vergrößern, ihre Marke auszubauen und neue Publikumsschichten zu erschließen.
Viele Social-Media-Nutzer nehmen die Nachricht mit Humor auf. In den Kommentaren scherzen die User. Der beliebteste Kommentar (ins Deutsche übersetzt): „Ich finde dieses Outfit schon jetzt besser als das alte.“ Eine Anspielung darauf, dass Fußballvereine jedes Jahr neue Trikots präsentieren und Papst Leone XIV. eben ein anderes Gewand trägt als sein Vorgänger Franziskus. Solche scheinbar banalen Details tragen massiv zur viralen Verbreitung bei. Instagram und andere Plattformen pushen Beiträge mit hoher Interaktionsrate. Allein dieser eine Kommentar erhielt über 10.000 Likes.
„Here we go!“ Fabrizio Romanos Markenzeichen, um einen neuen Transfer im Fußball anzukündigen, funktioniert auch bei der Wahl des neuen Papstes. (Foto: Fabrizio Romano Instagram)
Die Papstwahl zeigt deutlich, wie sich journalistisches Arbeiten wandelt. Immer mehr Menschen beziehen Informationen nicht mehr von klassischen Nachrichtenhäusern, sondern von Personen, denen sie vertrauen und mögen. Sie erreichen in der Regel ein Vielfaches an Publikum. Romano und Co. testen damit bewusst die Grenzen des Journalismus und erkennen, dass ihr Einfluss weit über ihr ursprüngliches Themenfeld hinausreicht. Der Post zur Papstwahl ist deshalb nicht nur ein amüsanter Hinweis, er ist ein Vorbote darauf, wie Journalismus in Zukunft aussehen könnte.
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