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Ein herzliches Willkommen den Gelsen, denn wir brauchen sie

Die Tage werden länger, die Temperaturen steigen und bald sirrt es wieder abends im Freien. Hilfe, die Gelsen sind wieder da, stechend, lästig und scheinbar völlig nutzlos. Doch eigentlich sollte Freude ausbrechen. Denn Gelsen haben viele Vorteile. Plus: Die Gelsenprognose für heuer.
Fiona Bienhaus  •  31. Mai 2025 Volontärin    Sterne  24
Gelsen helfen den Bienen beim Bestäuben von Pflanzen aus. (Foto: Shutterstock)
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Sie kommen leise, kaum sichtbar und bleiben selten allein. Rund fünfzig Gelsenarten leben in Österreich, viele davon direkt vor unserer Haustür. Gelsen zählen zu den anpassungsfähigsten Insekten der Welt, wobei manche Forscher sogar vermuten, sie könnten die Menschheit überleben.

Die unterschätzten Multitasker

Viele unterschätzen die Gelsen, dabei erfüllen sie gleich mehrere bedeutende Funktionen in der Natur. Wenig bekannt ist etwa ihre Rolle bei der Bestäubung bestimmter Blütenpflanzen. Die männlichen Gelsen fliegen von Blume zu Blume und ernähren sich ausschließlich von Pflanzensäften und Nektar. Gelsen können allerdings die vom Aussterben bedrohte Biene in Österreich nicht ersetzen, da sie keine zentrale Rolle in der Bestäubung für landwirtschaftlich wichtige Kulturpflanzen spielen. In arktischen Regionen hingegen gelten sie sogar als Hauptbestäuber bestimmter Blütenpflanzen. Gelsen sind außerdem ein bedeutender Proteinlieferant für zahlreiche Tiere. „Für unser Ökosystem sind Gelsen nicht wegzudenken“, so Professor Norbert Nowotny, ein Virologe mit 43 Jahren Erfahrung an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. „Gelsen sind ein wichtiges Glied in der Nahrungskette. Sie werden von Vögeln, Fröschen, Fischen, Kröten und Fledermäusen gefressen, und zwar richtig gern.“

Ihre Rolle im Klimawandel

Gelsen sind zudem wichtige Indikatoren für Umweltveränderungen. Die Insekten reagieren sensibel auf Temperatur, Feuchtigkeit und chemische Belastungen. Das macht sie zu wichtigen Bioindikatoren. Wenn sie plötzlich massenhaft auftauchen oder verschwinden, ist das ein Hinweis auf eine Veränderung des Ökosystems. Dies kann von Klimawandel, Urbanisierung oder bis hin zur Umweltverschmutzung reichen.

Gelsenwetter in Sicht?

Ob 2025 ein Gelsensommer wird ist laut Professor Nowotny schwer vorherzusagen. „Es hängt stark vom Wetter ab. Ein feuchter, warmer Frühling kann eine Gelsenexplosion auslösen. Heuer waren April und Mai eher unterkühlt, das spricht gegen viele Gelsen. Aber das kann sich noch ändern.“ Ab Temperaturen um die 20 bis 23 Grad vermehren sie sich rasant und verlängerte Sommer steigern die Chancen auf viele Nachkommen.

So lassen sich Stiche vermeiden

Nicht alle Gelsen sind für den Menschen harmlos, manche können Überträger von Krankheiten sein. Gelsenschutz ist deshalb wichtig. Besonders wirksam sind Mückensprays, lange, helle Kleidung in den Abendstunden und Fliegengitter an Fenstern oder Balkontüren. Zudem hilft es, Brutstätten in der Umgebung zu vermeiden. Gelsen legen ihre Eier bevorzugt in abgestandenes Wasser ab. Wer also regelmäßig Blumentopf-Untersetzer, Vasen oder Regentonnen leert beziehungsweise abdeckt, kann die Zahl der Gelsen in der Umgebung gering halten und damit auch die Wahrscheinlichkeit gestochen zu werden.

Lästig, aber wichtig

Natürlich bleibt der Gelsenstich nervig und das nächtliche Summen eine Geduldsprobe. Doch wer bei der nächsten Gelse nicht nur an Schlafmangel, sondern auch an Frösche, Fische und unsere Natur denkt, sieht das Insekt vielleicht mit etwas mehr Nachsicht. Und wenn sie wieder um unser Ohr kreisen, können wir uns zumindest sicher sein, der Sommer ist da und die Natur funktioniert. Oder wie Professor Nowotny es formuliert: „Gelsen haben eben auch ihre Rolle.“ Ohne sie würde der Natur etwas fehlen.


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