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Wiener Jazz-Hotspot startet mit neuer Leitung in eine neue Ära

Kein Geschäft, sondern gelebte Musikphilosophie: Ein Musiker und eine Wirtin übernehmen gemeinsam mit einem neuen Geschäftsführer den kleinen Jazzkeller ZWE im zweiten Wiener Bezirk. Der Club unterscheidet sich in vielem von anderen. Zum Beispiel zieht er auch junges Publikum an.
Tom Bakker  •  20. Juni 2025 Volontär    Sterne  24
Langthaler vor dem Jazzclub ZWE: Er zeigt stolz auf das Schild über dem Eingang. (Foto: campus a)
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In der Floßgasse im 2. Wiener Bezirk, in einem unauffälligen Keller, versammeln sich Tag für Tag Menschen, die Jazzmusik hören, spielen und sich darüber austauschen wollen. Das ZWE ist dabei mehr als ein Jazz-Café. Es ist ein Ort der Live-Begegnung. Die treibende Kraft dahinter ist nicht der Profit, sondern die Leidenschaft für Musik und Begegnung. Wer nur auf Gewinn hofft, tut sich die Mühe mit so einem Lokal nicht lange an.

campus a schaut hinter die Kulissen dieses musikalischen Ökosystems. Im ZWE treten Wiener Musikschaffende genauso wie internationale Gäste auf. Talente spielen neben etablierten Größen. Wer Jazz lebt, findet hier seinen Platz.

Christoph Lang, der den Club über viele Jahre geführt hat, verabschiedet sich. Nun übernimmt ein neues Team die Verantwortung. Uli Langthaler und Tanja Filipovic gehören zu den Menschen, die den Club erhalten wollen. Gemeinsam mit Valentin Schuppich, der als Geschäftsführer einsteigt, sorgen sie für den Fortbestand des ZWE.

 

Der Ansporn, die Tradition weiterzuführen

Langthaler, ehemaliger Professor an der MUK und Bassist, verfolgt ein klares Ziel. „Wir haben so viele Leute ausgebildet. Wir sollten auch dafür sorgen, dass es Orte gibt, an denen diese Musik weiterlebt.“ Er möchte verhindern, dass das ZWE einfach verschwindet.

Das Profil des Lokals liegt für ihn offensichtlich. Junge Menschen treffen hier auf ein musikalisches Umfeld, das stark in der Tradition verankert ist. Funktionaler, stilistisch bewusster Jazz prägt das Programm. Für experimentelle Richtungen gibt es hier weniger Raum. Genau das macht den Charakter des Clubs aus.

Langthaler springt ein, nachdem sich Christoph Lang zum Rückzug entschieden hatte. „Ein Freund hat mich angerufen und gesagt: Uli, hilf. Das ZWE steht kurz davor, zu schließen. “ Nach kurzer Überlegung sagt er zu. Heute versteht er seine Rolle vor allem als unterstützend. „Wenn es gut läuft, ziehe ich mich vielleicht auch wieder zurück.“

Langthaler kennt die Szene gut. „Ich habe mein ganzes Leben in Clubs gespielt. Ich weiß, wie das funktioniert.“ In der Gastronomie fühlt er sich weniger zu Hause, dafür übernimmt Tanja Filipovic die Verantwortung. „Sie hat langjährige Erfahrung. Ich bin froh, dass sie dabei ist.“

Langthaler schätzt die Nähe im ZWE. „Improvisation passiert live. Ich liebe es, hier zu spielen. Der Raum ist eng und intim. Diese Atmosphäre möchte ich erhalten.“ Vergleichbare Clubs fallen ihm kaum ein. „Smalls in New York ist ähnlich. Nichts steht zwischen Bühne und Publikum. Beim Porgy & Bess ist das anders. Es ist größer, hat eine andere Energie. Christoph Huber, der das Porgy leitet, verfolgt seine eigene Linie. Ich habe dort früher oft gespielt, aber schon länger nicht mehr.“

Kein Traumjob, sondern Überzeugung

Filipovic studiert Jazzgesang an der Kunstuniversität Graz. Neben ihrem Studium arbeitet sie seit eineinhalb Jahren im ZWE. „Es war nie mein Traumjob, aber ich wollte nicht, dass das ZWE einfach verschwindet.“

Heute trägt sie Verantwortung im Betrieb. Schuppich kümmert sich um die Geschäftsführung, sie organisiert Bar und Ablauf. Wenn sie nicht da ist, übernimmt auch mal Langthaler den Abenddienst.

Für den Sommer plant das Team Verbesserungen. Neue Stühle, neue Lampen, ein Geschirrspüler und ein neues Regalsystem für das Lager stehen auf der Liste. Es wird ausgemalt, aber nicht umgebaut. Der Betrieb des Clubs bleibt herausfordernd. Es ist nicht leicht, den Club täglich geöffnet zu halten. Das Team muss viel investieren, damit alles funktioniert. Wegen der Lärmsituation enden die Konzerte seit einiger Zeit bereits um 22 Uhr. Filipovic bemerkt kaum Veränderungen. „Die Leute bleiben trotzdem. Einige gehen früher, aber das ist in Ordnung.“

Ihre Motivation geht über den Job hinaus. Geld zu verdienen ist einer der Gründe, aber für sie ist das ZWE weit mehr als nur ein Arbeitsplatz. Auf die Frage nach der Zukunft antwortet sie vorsichtig. „Ich denke nicht in fünf Jahren. Wichtig ist, dass es das ZWE weiterhin gibt. Es geht ihr vor allem darum, der Community einen Ort zu geben.

Filipovic spricht auch offen über die Herausforderungen als Musikerin. Es sei schwierig, in Österreich von Musik zu leben. Seit Corona ist es noch schwieriger. Die Leute haben sich voneinander entfernt.

Andernorts treten bei Jams oft nur noch ältere Menschen auf. Nicht im ZWE. Hier sind viele junge Leute, auch Touristen. Es ist eine besondere Community. Für sie steht fest: „Es gibt keinen Club wie diesen. Einen, wo jeder seinen Platz finden kann und auch bekommt.“


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