Wien | Gesundheit | Meinung | Chronik | Kultur | Umwelt | Wirtschaft | Politik | Panorama
InternationalMeinung

Nach Alaska-Gipfel: Hat Putin ein Druckmittel gegen Trump?

Als Donald Trump Wladimir Putin in Alaska empfing, wirkte der US-Präsident nicht wie der sonst so selbstbewusste Narzisst, sondern beinahe devot. Hat Trump Angst vor Putin oder hat er möglicherweise kompromittierendes Material über Trump, die ihn seit einer ominösen Reise nach Moskau 1987 in langlebige Abhängigkeiten drängen? Das würde zumindest erklären, wieso sich Trump von Putin derart in die Knie zwingen lässt.
Julia Ehrensberger  •  19. August 2025 Redakteurin    Sterne  460
Moskau, Russland, 5. November 1996: Donald Trump, Casino- und Immobilienmogul, besichtigt Standorte in Moskau für luxuriöse Wohnhochhäuser. (Foto: Shutterstock)
X / Twitter Facebook WhatsApp LinkedIn Kopieren

Roter Teppich, von Kampfjets eskortierte russische Präsidentenmaschine, hofierende Inszenierung. Donald Trump empfing Wladimir Putin beim Gipfeltreffen in Alaska, bei der ein Waffenstillstand oder möglicher Frieden für die Ukraine verhandelt werden sollte, nicht wie einen Diktator, der seit drei Jahren einen Angriffskrieg führt und dafür weltweit verachtet wird, sondern wie einen alten Freund. Schon der Auftakt wirkte wie ein seltsam inszeniertes Balztanz-Ritual. Beide Staatschefs blieben zunächst im Flugzeug sitzen, als warteten zwei Teenager darauf, dass der andere endlich den ersten Schritt wagt.

Als Putin dann erschien, brach der wartende Trump in Beifall aus, überließ ihm bei der Pressekonferenz demonstrativ als erster das Wort und nahm die schmeichelnden Worte des russischen Präsidenten beinahe genüsslich entgegen.

Trumps berüchtigter „Trumpshake“, bei dem er das Gegenüber fest an der Hand packt und ihn zu sich zieht, um ihn mit Dominanzspielchen aus dem Konzept zu bringen, wirkte bei Putin erstaunlich zahm. Seine Hand lag unterwürfig unter Putins und die beiden tätschelten sich etwas unbeholfen an der Schulter.

„Putin hat Trump in der Verhandlung klar überboten“

Ein KGB-Mann von Weltformat trifft auf einen notorisch narzisstischen Präsidenten, und der eine versteht es meisterhaft, die Schwächen des anderen auszunutzen. „Putin hat Trump in der Verhandlung klar überboten“, bringt es Kommunikationspsychologe Benedikt Held im Gespräch mit der Tageszeitung Welt auf den Punkt. Ähnlich ordnen zahlreiche Beobachter und Journalisten die Situation ein.

Putin steht unter internationalem Haftbefehl. Völkerrechtlich hätte ein Besuch auf amerikanischem Boden seine sofortige Festnahme nach sich ziehen müssen. Doch bei seinem Empfang in Alaska blieb er unbehelligt. Allein die Einladung verschaffte ihm eine Art de facto-Legitimität.

Die Frage liegt in der Luft: Hat Trump Angst vor Putin? Oder hält der Kremlchef womöglich kompromittierendes Material in der Hand, das den sonst so selbstbewussten Trump kleinlaut werden lässt? Schon seit Jahren kursieren Gerüchte, die ähnliches vermuten lassen und Trumps Verhalten erklären könnten.

Geheimdienstchef packt aus

Im Februar 2025 veröffentlichte der ehemalige kasachische Geheimdienstchef Alnur Mussayev auf Facebook den Vorwurf, Donald Trump sei bereits 1987 vom sowjetischen Geheimdienst KGB angeworben worden. Der KGB war der sowjetische In- und Auslandsgeheimdienst und die Geheimpolizei. Er bestand von 1954 bis 1991, bis er nach dem Zerfall der Sowjetunion in die russischen Dienste FSB und SWR aufging.

Mussayev erklärte, er habe in der 6. Direktion des KGB in Moskau gearbeitet, die für die Unterstützung der Spionageabwehr im Bereich Wirtschaft zuständig gewesen sei. Eines der Hauptziele dieser Abteilung sei die „Rekrutierung von Geschäftsleuten aus kapitalistischen Ländern“ gewesen. In diesem Zusammenhang habe seine Abteilung 1987 „Donald Trump, einen vierzigjährigen amerikanischen Geschäftsmann, unter dem Pseudonym Krasnov“ rekrutiert.

Auf Grundlage seiner „operativen Arbeit beim KGB-KNB“ könne er „mit Sicherheit sagen, dass Trump zur Kategorie der perfekt rekrutierten Personen gehört“. Weiter betonte er: „Ich habe keinen Zweifel daran, dass Russland den Präsidenten der Vereinigten Staaten kompromittiert hat und dass der Kreml Trump viele Jahre lang zum Präsidenten der wichtigsten Weltmacht befördert hat.“

Mussayev ergänzte zudem: „Ich hoffe, ich überlebe einen dritten Mordversuch.“ In einem weiteren Kommentar behauptete er, „heute wurde die Personalakte von Krasnov aus dem Archiv des FSB entfernt. Sie wird privat von einem engen Vertrauten Putins verwaltet“. Putin bezeichnete diese Vorwürfe als “Blödsinn”.

KGB-Verwicklungen mit Trump in den 80er Jahren

Am 4. Juli 1987 betrat Donald Trump tatsächlich den Flughafen Scheremetjewo in Moskau. Eingeladen vom sowjetischen Botschafter Juri Dubinin, um ein Joint Venture für Luxushotels auszuhandeln.

Laut dem Geheimdienst-Überläufer Viktor Suworow, zitiert von Luke Harding in seinem Buch „Verrat“, hatte der KGB ein besonderes Auge auf „Typen mit Zukunft“ und vor allem großes Interesse an dem aufstrebenden Immobilientycoon Trump. Der KGB bot Partys, schöne Frauen, Saunabesuche und „wer weiß was noch alles“. Der KGB war Betreiber des Hotel National, wo Trump während seiner Reise übernachtete. Seine Suite war verwanzt und mit Kameras gespickt.

Der Hotel-Deal kam zwar nie zustande, doch Trumps Moskau-Reise von 1987 holte ihn drei Jahrzehnte später auf fatale Weise wieder ein. Luke Harding deutet sie als Ausgangspunkt einer persönlichen Abhängigkeit von Russland, ausgelöst durch möglicherweise kompromittierendes Material, das damals im Hotel aufgenommen worden sein könnte. Trump schien dem KGB in eine Honigfalle getappt zu sein, der schon damals mit genügendem Hofieren nur allzu leicht zu verführen war.

Trump empfänglich für russische Schmeicheleinheiten

Denn im Grunde war es genau das. Eine gezielte Charme-Offensive. Das KGB habe Trumps Persönlichkeit anhand der gesammelten Informationen minutiös analysiert und genau diese Erkenntnisse ausgenutzt. Besonders seine Empfänglichkeit für Schmeicheleien spielte den Agenten in die Karten. Man tat so, als sei man tief beeindruckt von seiner Aura, lobte seine Ambitionen und flüsterte ihm ein, er könne eines Tages Präsident werden und die Welt verändern.

Dass Moskaus Geheimdienst über belastendes Material, sogenanntes „Kompromat“, gegen Trump verfügen könnte, ist keine neue Vermutung. Besonders Auftrieb erhielt sie durch das berüchtigte Steele-Dossier, eine ursprünglich geheime Akte aus dem Jahr 2016, verfasst vom ehemaligen britischen Geheimdienstler Christopher Steele. Beauftragt von Kreisen im Umfeld von Hillary Clintons Wahlkampf, zeichnet das Dossier ein Bild Trumps, das weit über politische Abhängigkeiten hinausgeht und auch Trumps überfreundliches Verhalten gegenüber Putin erklären könnte. Darin finden sich detaillierte Vorwürfe über angebliche sexuelle Eskapaden des damaligen Präsidentschaftskandidaten in Russland.

Details zu Trumps sexuellen Eskapaden

Doch das Steele-Dossier ist nicht unumstritten. Nach Erkenntnissen des amerikanischen Justizministeriums hegten FBI-Ermittler Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Daten. Möglicherweise handelte es sich sogar um eine gezielte Falschinformations-Operation aus dem Kreml. Trump selbst reagierte gewohnt scharf. Er nannte die Vorwürfe „Fake News“ und sprach von einer „Hexenjagd“.

In einer schriftlichen Stellungnahme nahm er auch zu den expliziten Anschuldigungen Stellung: „Ich kann bestätigen, dass ich zu keinem Zeitpunkt an perversem sexuellen Verhalten teilgenommen habe, einschließlich der Bezahlung von Prostituierten, um in der Präsidentensuite eines Hotels in Moskau goldene Duschen zu veranstalten“, zitierte der englische Nachrichtendienst BBC Trump aus einem Gerichtsdokument. Keiner der in der Akte geschilderten Vorfälle sei eingetreten, betonte er.w

Der Begriff „goldene Dusche“ bezeichnet das Urinieren als sexuelle Praktik. Laut Steele-Dossier könnte der russische Inlandsgeheimdienst FSB über Videoaufzeichnungen einer solchen angeblichen Veranstaltung aus dem Jahr 2013 verfügen. Darüber hinaus listet die Akte, so das Urteil des High Court, weitere Vorwürfe auf. Mutmaßliche Sex-Events in St. Petersburg, sowie angebliche Bestechungen russischer Amtsträger.

Der frühere Diplomat Arndt Freytag von Loringhoven sagte im Interview mit dem deutschen Rundfunksender WDR: „Besonders typisch für KGB-Taktik, von der Putin natürlich zutiefst geprägt ist, ist das Ausnutzen von Schwächen eines Gegenübers oder Widersachers. Der KGB sucht immer nach sogenanntem Kompromat, also kompromittierendem Material auch durch Diebstahl, Cyberangriffe und ähnliches.“ 

Vermutungen noch nicht bewiesen

Sollte sich bestätigen, dass Wladimir Putin kompromittierendes Material über Donald Trump in Händen hält, stünde nicht weniger als Trumps politische Existenz auf dem Spiel. Jeder Schritt des Präsidenten könnte als beeinflussbar oder gar fremdgesteuert interpretiert werden.

Die Parallelen zum Jeffrey-Epstein-Skandal verschärfen die Lage. In Verbindung mit Spekulationen über Trumps Verstrickungen in den Missbrauch von dutzenden Minderjährigen würden das zu einem politischen Erdbeben führen. Auch Epstein nutzte das Wissen um sexuelle Eskapaden, um einflussreiche Männer gefügig zu machen. Genau dieser Mechanismus könnte erklären, weshalb Trump gegenüber Putin immer wieder überschwänglich freundlich, ja fast devot auftritt. Der amerikanische Präsident wirkt im Kontakt mit dem Kremlchef entwaffnet, als wüsste er, dass ein falsches Wort genügt, um Geheimnisse ans Licht zu bringen, die ihn endgültig zerstören könnten.

Denn ein solcher Skandal hätte das Potenzial, Trumps Reputation, die Glaubwürdigkeit der Republikanischen Partei und das Vertrauen in das politische System der USA womöglich unwiderruflich zu schädigen.

Handfeste Beweise oder Dokumente liegen zwar nicht vor, doch es erscheint nicht abwegig, dass Putin Trump, mit welchen Mitteln auch immer, in die Knie gezwungen hat. Sicher ist nur: In Alaska demonstrierte Putin einmal mehr, dass er Trumps größte Schwäche richtig auszunutzen weiß. Seine Eitelkeit.


campus a-Preis für Nachwuchsjournalismus

Werde Teil der campus a-Redaktion!

Verfasse auch du einen Beitrag auf campus a.

Empfehlungen für dich

Kommentar
0/1000 Zeichen
Advertisement