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Donald Trumps stärkster Herausforderer

Bei den planlos wirkenden Demokraten stellt sich der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom zunehmend als Hoffnungsträger heraus. Aktuell stellt er Donald Trump eine Falle in einem von dessen eigenen Metiers.
Leila-Amel Jaidane  •  21. August 2025 Volontärin    Sterne  32
Vom Start-up-Gründer zum Gouverneur. Ist Gavin Newsom der Demokrat, der Trump zu Fall bringt? (Foto: Mike Blake / REUTERS / picturedesk.com)
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„A SUCCESSFUL LIBERATION DAY! THANK YOU!” („Ein erfolgreicher Befreiungstag! Danke!“) schreibt der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom auf der Social-Media-Plattform X unter ein KI-generiertes Porträt von sich selbst als König der USA. Das Bild, das links unten den Text „Long live the king“ („Lang lebe der König“) trägt, ist ganz offensichtlich eine Anspielung auf einen ähnlichen Post, den Trump selbst vor einigen Monaten auf der X-Alternative Truth Social geteilt hat. Es ist nur ein Beitrag in einer Reihe von vielen, die Newsom in den vergangenen Wochen hochgeladen hat, um die Absurdität von Trumps Verhalten zu unterstreichen. Neben der Veröffentlichung satirischer Postings stellt er sich dem US-Präsidenten auch im echten Leben ganz klar entgegen, mit kühlem Kopf und einer Abneigung gegen Wahnsinnszölle.

Neue Grenzen ziehen

Aufgrund seiner energischen Art halten viele Newsom für den Mann, der Trump bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2028 herausfordern könnte. Momentan will Newsom den US-Präsidenten bei den Halbzeitwahlen 2026 durch sogenanntes Gerrymandering ein Bein stellen. Der Begriff bezeichnet das Ändern der Wahlbezirksgrenzen in den USA zu Gunsten der ein oder anderen Partei. Während diese Taktik unter Demokraten verpönt ist und als undemokratisch gilt, ist sie unter Republikanern schon längst gängig und hat Trump unter Anderem 2016 zu seinem ersten Wahlsieg verholfen. Newsom selbst, der jahrelang Gegner des Gerrymandering war, schlägt nun eine neue Seite auf, indem er diese Taktik bei der nächsten Wahl selbst anzuwenden plant.

Neben Missbilligung seitens der republikanischen Partei, die prompt eine Klage gegen Newsom einreichte, brachte ihm dieser Plan auch in eigenen Kreisen jede Menge Kritik ein. Trotzdem zeigte sich der Mehrheit seiner demokratischen Wählerschaft begeistert. „I may not even like Gavin Newsom, but right now, I love Gavin Newsom. His is the way to fight“ („Es kann sein, dass ich Gavin Newsom nicht einmal mag, aber momentan liebe ich Gavin Newsom. Seine [Art] ist die Art, zu kämpfen“), schrieb beispielsweise die kalifornische Drehbuchautorin Randi Mayem Singer auf der Social-Media-Plattform X.

Unternehmergeist

Gavin Newsom kam 1967 in Kalifornien zur Welt und wuchs als Sohn einer Richterin und eines Anwalts auf. Neben seiner Dyslexie prägten auch die finanziell knappen Verhältnisse seiner alleinerziehenden Mutter Newsoms Ausbildung und brachten ihn dazu, noch im Gymnasium mehrere Jobs anzunehmen. Nach Abschluss eines Bachelors in Politikwissenschaften gründete Newsom mit seinen Investoren das Holding PlumpJack Associates, mit dem er einige Cafés, Restaurants und Modeläden betrieb. Dabei erhielt er finanzielle Unterstützung des milliardenschweren Unternehmers Gordon Getty. Seine weitere Karriere als Unternehmer und Politiker verlief glänzend. 2018 (während der ersten Amtszeit Trumps) übernahm er schließlich das Amt des kalifornischen Gouverneurs. Von Anfang an zeigte er sich dabei als streng linksorientiert. „Our values are, as you know, under attack“ („Unsere Werte sind, wie Sie wissen, unter Druck“), bemerkte er etwa in seiner Siegesrede und spielte bereits damals auf die konservative Politik Trumps an.

Streit um explosive Bäume

Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass sich Newsom dem US-Präsidenten entgegenstellte. Die beiden trafen sich zum ersten Mal im Zuge der Waldbrände, die 2018 durch Kalifornien rasten. Der damalige Vizegouverneur Newsom hatte seinen bereits gewonnenen Gouverneurswahlkampf ganz klar als demokratisches Gegengewicht zu Trumps Präsidentschaft geführt. Wenige Monate später entfachte das Thema Waldbrände einen ersten öffentlichen Konflikt zwischen den beiden: Newsom bat um finanzielle Hilfsmittel zur Schadensbegrenzung nach den Bränden, Trump warf ihm vor, sich schlecht um die Wälder in seinem Bundesstaat zu kümmern. Als forstwirtschaftliches Vorbild gab er österreichische Wälder an, die „explosive Bäume“ hätten, aber durch regelmäßige Instandhaltung keine Brände aufwiesen. Newsom bot diesen Vorwürfen ruhig die Stirn. „You don’t believe in climate change. You are excused from this conversation“ (“Sie glauben nicht an den Klimawandel. Sie sind von diesem Gespräch entschuldigt”), entgegnete er dem US-Präsidenten.

Offener Machtkampf

Seitdem hat Newsoms Protest gegen Trump volle Fahrt aufgenommen. Während der COVID-Pandemie war er einer der ersten Gouverneure, die sich für starke Regelungen und Maskenpflichten einsetzten. Newsom nannte Kalifornien zu Beginn der Pandemie stolz den „most un-Trump state in America“ („den un-Trumpesten Staat Amerikas“). 2021 kündigte er eine COVID-Impfpflicht für Schüler an. All dies geschah mit kritischem Seitenblick auf Trump, der seinen Bürgern statt strengen Sicherheitsmaßnahmen dazu riet, einfach ruhig zu bleiben. Trump machte sich anfangs über Newsoms COVID-Regelungen lustig und gratulierte Kalifornien dann zu „toller Arbeit“, als sie Erfolg zeigten. Toll genug, um den Präsidenten zum Tragen einer Maske zu veranlassen, war sie anscheinend nicht.

Fortan kam es immer öfter zu Sticheleien zwischen den beiden. Die deutsche Nachrichtensendung Die Tagesschau nannte den Konflikt einen „Machtkampf zweier Rivalen“ und spielte damit auf die Vorhaben beider beteiligter Politiker an, sich 2028 zur US-amerikanischen Präsidentschaftswahl aufstellen zu lassen. „This is not the outcome we wanted“, äußerte sich Newsom 2024 zu Trumps Wahlgewinn. “[But] our fight for freedom and opportunity endures.” (“Das ist nicht das Ergebnis, das wir wollten. Aber unser Kampf für Freiheit und Chancen geht weiter.”) Bezeichnungen Newsoms durch Trump als “Governor Newscum” (scum = engl. Abschaum) oder “one of the worst governors our country has ever had” (“einer der schlechtesten Gouverneure, die unser Land je hatte”) demonstrierten Trumps Abneigung.

Kalifornien klagt Trump 37 mal

Die Lage spitzte sich vergangenen April zu, als Trump internationale Zölle ankündigte. Als einer der exportstärksten Staaten drohten sich die Zollverordnungen massiv auf Kalifornien auszuwirken. Versuche Newsoms, diese auf Bundesstaatsebene auszusetzen, blieben erfolglos. Mitte April reichte Newsom gegen Trump eine Klage ein und berief sich dabei auf die Landesverfassung. „These tariffs are illegal, full stop“, lautete die Meldung der kalifornischen Regierung. „Trump overstepped his authority with his unlawful tariffs.“ (“Diese Zölle sind völlig illegal. Trump hat mit seinen rechtswidrigen Zöllen die Grenzen seiner Authorität überschritten.”)

Es ist nur eine von bisher 37 Klagen, die die kalifornische Regierung in Trumps zweiter Amtszeit bisher gegen den US-Präsidenten eingereicht hat. Unter anderem klagte Newsom Trump im vergangenen Juni, nachdem Trump die kalifornische Nationalgarde, eine dem jeweiligen Bundesstaat zugehörige Militärsfraktion, absetzen wollte. Bereits während Trumps erster Amtszeit reichte die Regierung Kaliforniens 120 Klagen gegen den damaligen Präsidenten ein.

Newsom verkehrt mit Opposition

Obwohl Newsom immer einen unverweigerlich linken Standpunkt vertrat, scheute er sich selten davor, mit politisch rechten Figuren öffentlich in Kontakt zu treten. Eine Haltung, die unter Demokraten lang als Tugend galt und in den letzten Jahren aufgrund politischer Polarisierung zunehmend in Ungnade gefallen ist. „We need to understand what makes them tick, what motivates them“ („Wir müssen verstehen, wie sie ticken, was sie motiviert“), entgegnete er beispielsweise auf Rückschlag bezüglich einer Podcast-Folge mit rechtsextremem Aktivisten Charlie Kirk. Kritiker betitelten ihn als Opportunist. Newsom blickte dem stoisch entgegen und machte seine Prinzipien klar: „I will negotiate with my worst enemy.“ („Ich würde mit meinem schlimmsten Erfzfeind verhandeln.“)

Kritik an fehlenden Taten

Newsoms Beliebtheit ist von Juni auf Juli aufgrund seines Entgegenwirken Trumps von 38 bis auf 56 Prozent gestiegen. Trotz einer guten Vorgeschichte an politischen Durchsetzungsmanövern fehlt es einigen Leuten an Fortschritt während seiner Amtszeit. So wird in etwa behauptet, Newsoms letzter eindeutig fortschrittlicher politischer Akt sei die Öffnung der ersten homosexuellen Ehen der USA im Jahre 2003 gewesen, diese geschah noch zu Newsoms Zeit als Bürgermeister San Franciscos. Newsoms langjährige Versuche, Obdachlosigkeit in Kalifornien zu reduzieren, scheiterten. Seit Beginn seiner ersten Amtszeit ist die Anzahl der obdachlosen Personen in Kalifornien um 46 Prozent gestiegen.

Mögliche Aufstellung für Präsidentschaftswahl

Trotzdem gilt Newsom als potentieller Kandidat für die kommende US-Präsidentschaftswahl. Obwohl der gebürtige Kalifornier die Vorstellung der Öffentlichkeit gegenüber noch vor Kurzem völlig ablehnte, scheint er sich der Möglichkeit zu öffnen. “I’m not thinking about running, but it’s a path that I could see unfold” (“Ich denke nicht darüber nach, mich aufstellen zu lassen, aber ich könnte es mir vorstellen”), bemerkte er vergangene Woche in einem Profil in der New Yorker Tageszeitung Wall Street Journal. Bisher zeigt die kalifornische Wählerschaft wenig, aber stetig wachsendes Vertrauen in ihren Gouverneur. Seine sture Vorgehensweise gegenüber Trump scheint seine Wähler auf jeden Fall zu überzeugen.


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1 Kommentar
Georg Baldass

Wichtiger Kommentar. Es wird ja ständig behauptet, die Demokraten hätten den Trumpisten nichts entgegenzusetzen. Newsome beweist das Gegenteil. Allerdings zu einer Wahl zw. Newsome und Trump wird es nicht kommen. Da Trump nicht mehr kandidieren darf.

23 August 2025 Antworten



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