Was vor nicht weniger als fünfzig Jahren die Norm war, ist heute undenkbar.1975 heirateten österreichische Männer durchschnittlich mit 25 und Frauen mit 23. Früher war heiraten der erste Schritt ins Erwachsenenalter. Jetzt ist er oft der letzte.
Das derzeitige Erstheiratsalter in Österreich liegt bei Männern bei 34 Jahren und bei Frauen bei 32. Das sind beinahe zehn Jahre Altersunterschied innerhalb eines halben Jahrhunderts und die Tendenz ist steigend. Nicht nur heiraten viele Menschen damit später als die Generation ihrer Eltern, insgesamt wagen Paare auch immer seltener den Schritt in die Ehe. Dabei verspricht eine Heirat Vorteile.
Ehepaare gelten als finanziell verlässlicher, erhalten leichter Kredite und oft bessere Konditionen. Ein Partner kann zudem über die Familienversicherung mitversichert werden, was Geld spart und volle Gesundheitsversorgung sichert.
Rechtlich genießen Ehepartner Vorteile wie Unterhaltsansprüche bei Trennung und Anspruch auf Witwen- bzw. Witwerpension. Auch im Notfall sind sie abgesichert. Sie haben automatisch Auskunfts- und Entscheidungsrechte bei medizinischen Angelegenheiten, was zusätzliche Sicherheit schafft. Garantiert das aber eine Ehe fürs ganze Leben?
Der Traum von der ewig währenden Jugendliebe, bis der Tod sie im hohen Alter scheidet, scheint oft nur in romantischen Geschichten zu existieren. In der Serie verbrachten Belly und Jeremiah von Kindheit an jeden Sommer, gemeinsam mit ihren Familien, in einem Strandhaus in North Carolina. Sie sahen einander aufwachsen und in dem Sommer, in dem sie schön wurde, entfalteten sie ihre Liebe füreinander. Von Sommer zu Sommer widmete sie ihre Aufmerksamkeit abwechselnd Jeremiah und seinem seinem Bruder Conrad. Insgeheim wusste sie immer, wer besser zu ihr passt.
Die Realität zeigt ein anderes Bild. Kurze und sprunghafte Beziehungen stehlen der Liebe ihre Romantik. Dadurch bleibt nicht viel Zeit zu zweit, um eine engere Bindung zu pflegen. Wachsendes Misstrauen, Lügen, Betrug und Rache reihen sich in einer Abwärtsspirale. Mit jeder Enttäuschung sinkt das Engagement für den nächsten Partner. Warum wirkt die Ewigkeit so abschreckend?
Der Gedanke, nur noch einen Partner zu lieben, wirkt da oft einengend und freiheitsberaubend. Das Gefühl, etwas nicht machen zu dürfen, weckt das Verlangen danach noch mehr. Alternative Beziehungsformen wie polyamouröse Paare oder Patchworkfamilien versuchen, diese Strenge zu lockern, indem sie Liebe nicht in ein exklusives Korsett zwingen, sondern Raum für mehrere Beziehungen lassen. Damit geht jedoch die tiefe Bindung verloren und sie kann keine vergleichbare romantische Beziehungsform bieten.
Belly empfindet für beide Brüder Gefühle. Sie weiß aber, sie muss sich entscheiden. Doch je näher der Moment der Entscheidung rückt, desto klarer wird ihr, dass sich durch ihre Wahl auch die Leben von Jeremiah und Conrad für immer verändern.
„Alter ist nur eine Zahl“ nutzen viele Paare als Rechtfertigung für ihr junges Alter oder ihren großen Altersunterschied. Tatsächlich ist das nicht so. Gesetze geben den möglichen Rahmen vor. So dürfen Paare die Ehe nicht vor dem 18. Lebensjahr schließen. Verloben können sie sich hingegen schon. Warum also nicht früh verloben und später heiraten?
Eltern sehen ihre Kinder immer als kleine, unbeholfene Wesen. Dieser Beschützerinstinkt ist wichtig, sonst würden viele Kinder das Erwachsenenalter gar nicht unbeschadet erreichen. Die Ehe bedeutet nicht nur für die Ehepartner einen neuen Lebensabschnitt, auch die Eltern sehen sich in ihrer Position abgelöst und nicht mehr gebraucht.
Die Reaktionen von Bellys und Jeremiahs Familien hätten verletzender kaum sein können. Beim gemeinsamen Abendessen holt Belly ihren Ring aus der Tasche und verkündet ihre gemeinsame Entscheidung. „Ich werde nicht zu dieser Hochzeit kommen“ sagte Bellys Mutter zu ihr. „Von welchem Geld wollt ihr das bezahlen?“ fragte Jeremiahs Vater ihn. „Das ist doch lächerlich“ sagte Jeremiahs Bruder Conrad zu beiden. Zu zweit gegen den Rest der Welt wollen sie diese Hochzeit um jeden Preis durchziehen. Belly lernt dabei auf unschöne Art, für sich selbst zu sorgen.
Das Klischee der verheirateten Hausfrau in der Küche, mit ihren Kindern auf dem Arm, ist weltverbreitet und negativ belastet. Alles, bloß nicht arbeiten. Früher war es nicht anders möglich. Frauen hatten keinen Zutritt zu Universitäten und die schwere körperliche Arbeit war ihnen vorenthalten. Eine jahrhundertelange Rollenaufteilung aufzubrechen hat in der Praxis zwar funktioniert, die Meinungen dazu bleiben gespalten.
Die Mehrheit verurteilt junge verheiratete Frauen, sie würden die Rolle der Hausfrau annehmen und ihre Karriere wegwerfen, sobald sie einen Ring an den Finger gesteckt bekommen. Ein Leben wie vor hundert Jahren aber ist das wirklich ein Problem?
Manche Beziehungen können es sich leisten, dass ein Partner nicht arbeiten muss. Manche Paare möchten diese Zeit in ihre Familie und die Ordnung im Haushalt investieren. Das muss aber nicht jede Frau so umsetzen.
Gerade im jungen Alter müssen beide Partner an ihrer Beziehung arbeiten. Finanzielle und emotionale Aspekte müssen sie aufrechterhalten und pflegen. Eine Beziehung ist wie ein Haus, an dem es immer etwas zu reparieren gibt. Bei Vernachlässigung stürzt es ein.
Conrad, der verschmähte Bruder, beginnt während der Hochzeitsvorbereitungen, das Sommerhaus zu restaurieren, damit es für die Hochzeit im Vorgarten schön aussieht. Trotz allem will er nur das Beste für Belly, auch wenn er sie bald für immer verlieren könnte. Jeremiah kümmert sich nur um sein Praktikum in der Firma seines Vaters und lässt Belly mit den Vorbereitungen allein. Das Haus steht in der Serie für die Beziehung mit Belly, die Conrad unbedingt zurückwill und deshalb hart daran arbeitet.
Die Scheidungsrate in Österreich liegt aktuell bei etwa 36,5 Prozent, wobei die durchschnittliche Ehedauer bei der Scheidung bei 10,5 Jahren liegt. (Foto: APA picturedesk)
Die lebenslangen Beziehungen der Großeltern haben nicht unbedingt mit mehr Treue oder Liebe zu tun. Früher hatten Kriege Einfluss auf den Zusammenhalt und die Auswahl des Partners. Die gesellschaftlichen Normen waren deutlich strenger und harte Zeiten schweißen die Menschen zusammen. In einer freien Umgebung wollen sich die Menschen frei ausleben, daher der Wandel. Genau deshalb ist eine Ehe aus heutiger Sicht ein noch stärkerer Liebesbeweis, weil niemand wirklich muss. Am Ende ist es hauptsächlich die Liebe, die zu dieser Entscheidung führt und dieses Versprechen so besonders macht.
Die Bücher, von denen die Serie inspiriert ist, verraten, dass Belly Jeremiah nicht heiratet. Sie gesteht sich ein, dass sie eine kaputte Beziehung nicht durch eine Heirat reparieren kann. Fünf Jahre später gibt sie ihr Jawort vor dem Altar Conrad. Nicht jede Ehe ist dafür bestimmt, ewig zu halten. Manchmal braucht es Umwege, Trennungen und schmerzhafte Entscheidungen, um am Ende den Menschen zu finden, der wirklich für immer bleibt.
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