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Gastronomie an der Autobahn: Mondsee als Preisfalle

Trotz der gewohnten Preissteigerungen für Gastronomie sorgen die Autobahnraststätten mit ihren Preisen wie Luxusrestaurants für anhaltende Empörung. Die Betreiber haben gute Argumente dafür, aber stimmen sie?
Patricia Schock  •  3. September 2025 Volontärin    Sterne  296
Das „Landzeit“ lädt zur kurzen Rast und Stärkugn ein. Was folgt, ist eine Preis-Überraschung (Foto: Shutterstock)
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Wer mit dem Auto auf Österreichs Autobahnen unterwegs ist, kennt das Phänomen. Früher oder später meldet sich der Hunger, es braucht einen Kaffee zum Wachwerden und die nächste Raststation wartet gleich hinter der nächsten Abfahrt. Ein kurzer Stopp, eine kleine Stärkung, und die Reise geht weiter. Für Familie Müller (Name geändert) gestaltete sich ihre kurze Rast zu einem unerwartet teuren Luxusbesuch. Mit einer Spezi für 9,95 Euro und einem kleinen Wasser für 6,26 Euro übersteigen die Preise des Landzeit am Mondsee sogar die Preise eines gehobenen Restaurants in Wien.

Die Diskussion hat mittlerweile eine Dimension erreicht, die weit über ein paar teure Getränke hinausgeht. Es geht um die Frage, ob Autobahnraststätten zu einer Preisfalle geworden sind. Ob das Geschäftsmodell, das sich hinter den hohen Summen verbirgt, gerechtfertigt ist. 

Empörung unter Autofahrern

„Ich bin Koch, habe in fünf verschiedenen Ländern gearbeitet. Ich war auch einmal selbstständig, habe ein Restaurant in Kitzbühel geführt. Selbst da waren solche Preise nicht üblich.“ Mit diesen Worten beschreibt Thomas Ernst (Name geändert) aus St. Pantaleon seine Fassungslosigkeit, nachdem er mit seiner Familie an einer Landzeit-Raststätte Station gemacht hatte. Der Gastronom, selbst vom Fach, fühlt sich betrogen: „Ich habe nicht gewusst, dass es auf Raststätten so teuer ist.“

Seine Empörung ist kein Einzelfall. In Online-Foren häufen sich Beschwerden. Zeitungen berichten über schockierte Gäste. In den sozialen Medien und in den Google Maps-Rezensionen kursieren Fotos von Kassenbons, die zeigen, wie ein Stopp am Mondsee zum finanziellen Luxusausflug werden kann. „Für zwei Cappuccino, einen Kuchen, ein großes Bier und eine Leberkässemmel haben wir 30 Euro bezahlt. Ein bisschen teurer ist okay, aber das sind Wucherpreise“, erzählt ein 78-Jähriger aus Oberösterreich, der mit seiner Tochter unterwegs war. Beim Rückweg entschied sich die Familie gegen einen erneuten Stopp. „Dort sieht man uns nie wieder“, lautet ihr Fazit.

Ein Geschäftsmodell mit System

Doch wie rechtfertigt eine Raststätte Preise, die sonst in gehobenen Restaurants zu finden sind? Die Antwort liegt in einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die das Unternehmen Landzeit und ihr Betreiber Wolfgang Rosenberger, nennt.

Raststätten bieten an Autobahnen einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb und müssen 365 Tage im Jahr geöffnet haben, Tag und Nacht. Das bedeutet Personal- und Energiekosten, die deutlich über jenen eines normalen Restaurants liegen. Wer rund um die Uhr kocht, bedient und putzt, braucht Schichtsysteme, Zuschläge für Nacht- und Feiertagsarbeit sowie eine hohe Zahl an Mitarbeitern.

Dazu sind die Standorte an der Autobahn begehrt und teuer. Betreiber zahlen für die Flächen, die ihnen die Asfinag, die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft, zur Verfügung stellt, beträchtliche Summen. Diese Kosten schlagen sich in den Preisen nieder.

Was die Bewirtung und Gastronomie angeht, betont Landzeit, Wert auf Qualität zu legen. Die Restaurants werben mit frischen, biologischen und regionalen Zutaten. Die sind in der Anschaffung und Logistik teurer als industriell gefertigte Massenware. Milch aus der Bio-Molkerei oder Fleisch vom regionalen Bauernhof kostet mehr und die Versorgung entlang der Autobahn erfordert eine durchdachte, nachhaltige Logistik. Tatsächlich sehen die Werbefotos im Internet eher nach gehobener Hotelküche, als nach Autobahn-Raststätte aus.

Neben den Zutaten selbst entstehen weitere Kosten durch die Verarbeitung. Ein Restaurant, das frische Küche verspricht, muss mehr Personal beschäftigen, mehr Zeit in die Zubereitung investieren und strenge Hygienestandards einhalten.

Zwischen Anspruch und Realität

Auf den ersten Blick klingen diese Argumente nachvollziehbar. Qualität hat ihren Preis. Wer rund um die Uhr geöffnet hat, braucht mehr Ressourcen. Doch Kritiker fragen: Steht das in einem angemessenen Verhältnis zu den Preisen, die am Ende auf den Rechnungen stehen?

Denn die Praxis zeigt, Gäste konsumieren an Autobahnraststätten gar nicht in einem Rahmen, der hohe Standards rechtfertigen würde. Wer eine Cola oder einen Kaffee bestellt, erwartet kein gastronomisches Erlebnis auf Sterneniveau, sondern eine schnelle, unkomplizierte Stärkung. Dass ausgerechnet diese Produkte mit Preisen belegt sind, die jeden vernünftigen Rahmen zu sprengen scheinen, sorgt für große Empörung.

Monopolartige Strukturen

Die wahllose Situation an Autobahnen trägt zur Preissteigerung bei. Für Reisende gibt es keine Alternative. Wer unterwegs ist, will nicht von der Autobahn abfahren, lange nach einem Lokal suchen oder Umwege in Kauf nehmen. Raststätten profitieren von ihrer Monopolstellung.

Ökonomisch betrachtet entspricht das einer „Zwangssituation“. Kunden sind zwar nicht verpflichtet, an der Raststätte einzukehren. Doch wer Durst hat oder mit Kindern reist, hat wenig Wahl. Das macht Raststätten zu Orten, an denen Angebot und Nachfrage nicht ausgewogen zusammenfinden.

Prestige oder Preisfalle?

Auf der Website ist von „kulinarischem Genuss auf höchstem Niveau“ die Rede, von regionalen Köstlichkeiten, frisch zubereiteten Speisen und einem Ambiente, das über die klassische Autobahn-Kantine hinausgeht. 

Tatsächlich sehen die Restaurants moderner aus als viele andere Raststätten. Offene Küchen, einladende Buffets, gemütliche Sitzbereiche. Landzeit inszeniert sich bewusst als Alternative zum Imbisscharakter klassischer Tankstellen. Doch genau in dieser Selbstdarstellung liegt der Widerspruch. Während das Unternehmen Exklusivität betont, erleben viele Gäste ihren Besuch als negativen Überraschungsmoment. Ein Wiener Schnitzel um 34,55 Euro mag in einem Gourmetlokal gerechtfertigt sein, auf einer Raststätte wirkt es überzogen. Während der Aperol Spritz für 7,20 Euro günstig wirkt, verlangt Landzeit für ein vegetarisches Sandwich 22,90 Euro und für ein Stück Kuchen 14,45 Euro. Zum Vergleich, ein Aperol Spritz in einem gehobenen Wiener Restaurant bekommen die Gäste für ebenfalls 7,20 Euro, während ein vegetarisches Sandwich durchschnittlich 15 Euro kostet und ein Wiener Schnitzel um 22 Euro.

Inhaber Rosenberger rechtfertigt seine überdurchschnittlichen Preise mit regionaler und ökologischer Küche und betont, die Preise seien keine Überraschung. Vollkommen transparent sind die Preise im Internet zu finden. „Wer zu Landzeitkommt, entscheidet sich für Qualität und seinen Preis“, argumentiert Rosenberger als Reaktion auf die Internet-Kommentare

Das Dilemma der Gäste

Für Reisende bleibt am Ende eine schwierige Entscheidung. Wer auf den Preis achtet, wird sich zweimal überlegen, ob er bei Landzeit hält. Manche entscheiden sich, den Stopp ganz ausfallen zu lassen. Doch LKW-Fahrern und Familien mit kleinen Kindern bleiben oft keine Wahl.

Die Folge: Frust, Ärger und ein Imageschaden für die Gastronomie an der Autobahn. Erfahrene Autobahnfahrer warnen im Internet vor den Konsequenzen der Wucherpreise. Sie nennen Beispiele von anderen Gastronomien, denen aufgrund ihrer Wucherpreise die Gäste ausgingen. Für Reisende zählt am Ende nicht das Bio-Schnitzel, sondern der schnelle Kaffee oder das Wasser. Genau diese Alltagsprodukte sind es, die mit Luxuspreisen für Empörung sorgen. Die Transparenz der Preise entbindet das Unternehmen nicht von der Frage, ob seine Kalkulation ein faires Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage darstellt oder ob hier das Monopol an der Autobahn ausgeschlachtet wird. Ob die Raststätten-Kette auf ihre Qualitätsargumente beharrt oder auf die negativen Kommentare mit Preissenkungen reagiert, steht in den Sternen.

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