Knize, ein Name, der seit 1858 für Maßarbeit, Stil und Wiener Eleganz steht. Doch auch Traditionsunternehmen wie das Haus am Graben, spüren zunehmend den Druck steigender Mieten und sich wandelnder Kundenansprüche. „Die Mietpreise am Graben haben in den vergangenen Jahren ein Niveau erreicht, das besonders für inhabergeführte Betriebe kaum tragbar ist“, erklärt Niedersüß im Geschäftslokal am Graben.
Viele Traditionsbetriebe in Wien müssen schließen, wenn die nächste Generation übernimmt. Die Mieten in der Innenstadt steigen dann sprunghaft an. Gleichzeitig fehlt oft eine stabile, jüngere Kundschaft, die traditionelle Standorte langfristig unterstützt.
Die Inneneinrichtung von Adolf Loos (Foto: Armin Zaazou)
Knize ist seit mehr als 130 Jahren Mieter der Generali-Versicherung, die das Gebäude Ende des 19. Jahrhunderts erwarb. Das Verhältnis wäre respektvoll, doch der Markt lasse kaum Raum für Rücksicht, sagt Niedersüß.
„Die Bedrohung ist real“, berichtet Frau Niedersüß, campus a. Während internationale Ketten und Luxuskonzerne mehr Platz einnehmen, geraten Traditionshäuser wie Knize unter Druck.
Niedersüß erzählt, in den Nullerjahren und Anfang der Zehnerjahre hätten viele Betriebe in allen Bundesländern zugemacht. Zu ihrer Rettung müsse eine politische Plattform und mehr Bewusstsein her. 2019 war Niedersüß im eigenen Verein „Wiener Werke“ aktiv, um die Politik und Wirtschaft auf die prekäre Lage aufmerksam zu machen.
Allzu schlecht dürfte es für den Wiener Betrieb jedoch nicht laufen, das zeigt die Gewinn- und Verlustrechnung der „Knize&Comp. GmbH“. 2024 erzielte das Unternehmen einen Bilanzgewinn von über einer Million Euro.
Hinter dem Herrenausstatter Knize & Comp. “C.M. Frank” GmbH steht auf Unternehmensebene eine strategische Muttergesellschaft in der Schweiz. Die Knize AG mit Sitz in Zug. Das Handelsregister führt die Knize AG als reine Beteiligungsgesellschaft, deren Tätigkeit sich auf den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen sowie auf Lizenz- und Markenrechte konzentriert.
Auf diese Weise übt die Schweizer Gesellschaft die finanzielle und strategische Kontrolle über das operative Geschäft in Wien aus. Die Knize AG sitzt bewusst in der Schweiz. In Zug profitieren Holdinggesellschaften von besonders niedrigen Unternehmenssteuersätzen, oft weniger als 15 Prozent, während österreichische Kapitalgesellschaften rund 25 Prozent Gewinnsteuer zahlen müssen. Dank niedriger Steuern und steuerfreier Dividenden aus Beteiligungen ist der internationale Standort deutlich attraktiver als Österreich. Ein klarer Vorteil für die Wiener GmbH.
Knize, ein Name, der für Maßarbeit, Stil und Wiener Eleganz steht. Holzvertäfelte Wände, historisches Interieur, Schaufenster mit maßgeschneiderter Herrenmode.
Seit der Gründung im Jahr 1858 fertigt das Haus am Graben Herrenmode, die auf Qualität, Handwerkskunst und Zeitlosigkeit setzt.
Das Innere des Geschäfts ist ein Gesamtkunstwerk, gestaltet von Adolf Loos, einem der stilprägendsten Architekten Wiens. Geschäftsführerin, Claudia Niedersüß, sagt im Gespräch mit campus a, diese Zusammenarbeit sei besonders, da Adolf Loos zeitlebens „als bestgekleideter Mann Wiens“ galt. Zwischen 1913 und 1931 verwandelte Loos das Gebäude und passte es immer wieder an modernere Gegebenheiten an.
Heute führt das Ehepaar Niedersüß die Marke weiter. Mit derselben Hingabe, die sie seit Jahrzehnten prägt. Zwischen dem Unternehmerpaar liegen knapp vierzig Jahre Altersunterschied. Der mittlerweile über 90-jährige Rudolf Niedersüß fing in den 50er Jahren als Schneider an, erwarb 1976 das Geschäft und kniet bis heute auf dem Boden, um höchstpersönlich Anzüge abzustecken.
Klassische Herrenmode von Knize (Foto: Armin Zaazou)
„Wir arbeiten wie die Evolution, die Veränderungen sind minimal. Die große Konstante ist die Qualität“, erzählt Niedersüß. Die architektonische und die historische Atmosphäre des Hauses am Graben ist die Identität der Marke.
Das Bundesdenkmalamt stellte die Innenausstattung kürzlich unter Denkmalschutz, sie ist zu achtzig Prozent originalgetreu erhalten.
In den 1920er Jahren hatte das Haus Filialen in Berlin, Paris, New York und Prag. In den wirtschaftlich erfolgreichsten Jahren, arbeiteten mehr als hundert Schneider im Geschäft.
Der zweite Weltkrieg beendete die damalige weltweite Expansion. Trotz der Flucht der jüdischen Familie Knize, blieb das Herrenmodegeschäft durch die Belegschaft aktiv. Ein Zeichen für Wiener Beständigkeit.
Das Bundesdenkmalamt stellte die Innenausstattung unter Denkmalschutz (Foto: Armin Zaazou)
Niedersüß sieht Knize als Inspiration für große Luxusmarken wie Hermès oder Polo Ralph Lauren. „All diese Traditionsbetriebe haben ein Logo, eine Prêt-à-porter-Kollektion und ein Parfum. Die Konzepte dafür stammen ursprünglich von Knize“, so Niedersüß.
Doch Knize bleibt nicht in der Vergangenheit stehen. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung eines pflegeleichten Frackhemds, entstanden aus einer Ausschreibung für die Wiener Philharmoniker.
Es sind kleine Gesten, die zeigen, dass Knize, personifiziert durch seinen Eigentümer die Perfektion lebt, die andere längst aufgegeben haben. Er halte den Betrieb am Leben, doch Knize halte auch ihn am Leben, er werde sich bis an sein Lebensende für sein Geschäft einsetzen, erzählt uns seine Ehefrau.
Um auch jüngere Generationen anzusprechen, hat Knize schon vor der Corona Pandemie einen Instagram-Account gestartet und einen Online-Shop eröffnet.
„Viele junge Kunden wollen ein Stück Knize besitzen. Ein Stecktuch, eine Krawatte, etwas, das sie mit unserer Welt verbindet“, erklärt Niedersüß. Das Haus bietet neben Maßanzügen für 3.000 Euro auch erschwingliche Accessoires wie Stecktücher, Socken oder Krawatten an.
Die Hemmschwelle bei Knize zu kaufen, solle sinken.
„Wir müssen versuchen, jüngere Generationen zu erreichen, die kein Gefühl für Tradition oder modisches Bewusstsein aus der Kindheit oder ihrer Umgebung erfahren haben“, meint Niedersüß.
Was kann die Bevölkerung tun, um Wiener Traditionsbetriebe zu bewahren? Einkaufen. Niedersüß wünscht sich mehr junge Menschen und Besucher, die sich in das Geschäft trauen würden, um selbst die Atmosphäre zu erleben.
Trotz Schritte in die Zukunft setzt Niedersüß auf Bewahrung ihrer Identität. „Das Geschäft wird in den kommenden Jahren genauso ausschauen, wie jetzt. Die Qualität und das Ambiente ist der Maßstab bei uns. Seit hundert Jahren lebt Knize dieser Symbiose“, stellt Niedersüß fest.
Wer Knize betritt, erlebt die Atmosphäre einer Sehenswürdigkeit kombiniert mit klassischer Schneiderkunst.
„Die Ideen hören nicht auf. Mein Mann hat noch große Zukunftspläne. Er möchte eine Schneider-Akademie, die „Knize-Akademie“ etablieren. Er hat noch viel im Kopf, was er umsetzen möchte. Es nimmt kein Ende“, erzählt uns Niedersüß.
campus a im Gespräch mit dem Ehepaar Niedersüß (Foto: Armin Zaazou)
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