Die Dunkelheit. Immer früher bricht sie herein. Zielstrebig setzt du einen Fuß vor den anderen. Sie haben es versprochen. Dieses Jahr sei es mehr. Mehr als all die Jahre zuvor. Dein Blick ist stur zu Boden gerichtet, während du weiterhin blindlings geradeaus läufst. Gleich bist du da. Nur noch wenige Schritte. Da ist es. Ein mattes Leuchten. Deine Schuhspitzen berühren es bereits. Nur langsam, wie in Zeitlupe hebst du den Kopf.
Immer höher wandert dein Blick. Er folgt dem heller werdenden Lichtstrahl. Das starke Leuchten schmerzt in deinen Augen. Beinahe als wolle es sich in deine Netzhaut eingravieren. Trotzdem kannst du deinen Blick nicht davon losreißen. Du musst es wissen. Jetzt! Mit einem Ruck hebst du den Kopf. „70 Prozent!“, durchhallt dein Schrei die Nacht.
Auf Rabattjagd
Die ersten Nürnberger Lebkuchen landen im Einkaufswagen. Das glitzernde Lametta spannt sich von Regal zu Regal. Die schillernden Weihnachtskugel spiegeln müde, gestresste Gesichter wider. Sie ist da! Die Vorweihnachtszeit. Jedes Jahr startet der Verkauf von Weihnachtsartikeln früher und mit ihm der Startschuss zum Wahnsinn, dem Konsumwahn. Umso näher es der „besinnlichen, ruhigen Adventzeit“ kommt, desto schlimmer wird es. Den Höhepunkt erreicht es im November. Pünktlich zum Eintreffen des Black Fridays, der Black Week oder inzwischen dem Black Month.
Anstatt Schneeflocken fallen Rabatte vom Himmel. Wie verrückt jagen die Leute ihnen hinterher. Doch sie zergehen nicht einfach wie die weißen Flocken auf der Zunge. Sie hinterlassen einen bitteren Beigeschmack. Den Geschmack von Überkonsum, Verschwendung und Umweltbelastung.
Wann kommen wir zur Besinnung?
Ein Produkt nach dem anderen landet im Warenkorb. Schließlich steht Weihnachten vor der Tür und billiger als jetzt wird es nicht mehr. Mit einem Klick ist die Bestellung versendet. Der Paketdienst läutet an der Tür. Ungefähr ein Drittel der Bestellungen darf er wieder mitnehmen. Problematisch sind hierbei nicht nur die klimaschädlichen Emissionen der Retourtransporte. Sondern auch die zurückgeschickte Ware selbst. Denn laut der Studie „The Independent“ bereuen ungefähr acht von zehn Konsumenten eine ihre Kaufentscheidungen. Dadurch enden rund achtzig Prozent der am Black Friday bestellten Artikel nach kurzzeitiger Verwendung im Müll.
Wrapped in Black
Das billige Angebote ausgerechnet in der Vorweihnachtszeit großen Anklang finden, ist verständlich. Ein kleines Geschenk als Zeichen der Liebe und Zuneigung hat an Bedeutung verloren. Stattdessen ist die Anzahl an Päckchen höher als die der feierlich gesungenen Weihnachtslieder. Black Friday Angebote wirken hierbei wie der einzige Lichtblick für die leere Geldbörse. Sechzig, siebzig bis zu achtzig Prozent. Aber was, wenn Unternehmen den Fokus ändern? Black Friday nicht mehr dem Geldbeutel, sondern der Menschheit etwas Gutes tut?
Green statt Black
Einen Gegenpol zur Black Week stellt die zur selben Zeit stattfindende Green Week dar. Hierbei liegt der Fokus auf nachhaltig informieren, handeln und konsumieren. Sie motiviert Kunden über ihre Kaufentscheidungen zweimal nachzudenken. Keine Spur von großen Rabattschlachten. Vereinzelte, teilnehmende Unternehmen versprechen in der Green Week beispielsweise pro Bestellung einen Baum zu pflanzen. Oder zehn Prozent des Einkaufswertes zu spenden. Eine aufkeimende Idee, die die gigantischen Rabattangebote unter sich begraben.
Keine Black Week, keine schwarze Zukunft.
Es ist an der Zeit, dass die Unternehmen selbst umdenken. Keine achtzig Prozent. Lieber vierzig Prozent Rabatt für Kunden und vierzig Prozent des Einkaufswertes spenden. Sodass jeder davon profitiert. Unternehmen durch kaufmotivierte Kunden, trotz niedrigerer Prozente. Die Umwelt durch weniger Fehlentscheidungen, aufgrund keiner extremen Rabattaktionen. Gemeinnützige Organisationen durch die Spenden der Unternehmen.
Die Black Week würde sich in eine Bright Week verwandeln. In einen gemeinsamen Lichtblick in der dunklen Jahreszeit. Wo Zusammenhalt, Fürsorge und Besinnlichkeit, Konsumwahn, Rabattjagd und Verschwendung ein Ende bereiten. Wo das Leuchten nicht von grellen Prozentzahlen, sondern dankbaren Lächeln stammt.
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