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„Gute Nachricht: Die Welt rettet sich ganz von selbst“

Die vegane Kette Swing Kitchen ist pleite. Ihr Erfinder und Ex-Wallstreet-Banker Karl Schillinger, eine der Lichtgestalten der österreichischen Vegan-Szene, stieg rechtzeitig aus, als er an die Konzepte seiner Investoren nicht mehr glaubte. Im campus a-Interview spricht er über das Aus des Veggie-Burgers bei McDonald´s, die wachsende Kluft zwischen Veganern und Nicht-Veganern und simple Wirtschaftsfaktoren, die den Globus zum besseren verändern werden.
Chiara Schmid  •  26. November 2025 Volontärin    Sterne  102
Karl Schillinger: „Simple wirtschaftliche Zusammenhänge werden die Lebensmittelindustrie von Grund auf ändern und den Planeten retten.“ (Foto: APA picturedesk)
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campus a: Ihre Veggie-Kette Swing-Kitchen ist pleite. Kommt der Veganismus-Boom an sein Ende?

Die Investoren, die leider die Mehrheit hatten, wollten in Richtung McDonald`s und billige gehen. Pommes sind dünner, Burger kleiner und es wird hochgezuckertes Brot gesetzt. Die Kundschaft hat da nicht mitgespielt. Ich hatte zum Glück eine Ausstiegsklausel, die ich rechtzeitig genutzt habe. So bin ich mit einem hellblauen Auge davongekommen. Veganismus wird sich durchsetzen, in 20 Jahren wird niemand mehr Fleisch essen.

Schillinger‘s Swing-Kitchen ist pleite. (Foto: campus a)

campus a: McDonald´s, wo wir schon dabei sind, hat den Veggie-Burger gerade aus dem Sortiment genommen. Klingt eher nicht nach Veggie-Boom. 

McDonald`s setzt auf billige Massenware, da passt vegan nicht hinein. Weil es noch keine Massenware ist, ist es teurer. Es ist also eine Frage der Kalkulation. Für Burger King geht sich die Kalkulation offenbar aus. Die Kette baut ihr Veggie-Programm aus.

Burger King sucht die Unterscheidungsmerkmale zu McDonald`s. Eine andere Strategie im veganen Segment passt da gut. 

In den sozialen Medien ist das Match zwischen Veganern und Nicht-Veganern teilweise brutal. Was sagen Sie dazu?

Diskussionen gab es immer. Es ist ein Generationenthema. 

campus a: Nicht in dieser Härte. Da scheint sich etwas zu verändern, auch innerhalb der jungen Generation. Nehmen wir die Influencern, die als „militante Veganerin“ bekannt geworden ist.

Ich finde das cool. Das alles lenkt noch mehr Aufmerksamkeit auf den Veganismus.

campus-a: Was ist ihre Meinung zu der Diskussion über die Bezeichnung veganer Würste im EU-Parlament?

Es ist absurd, dass sich das Parlament in Zeiten von Kriegen und multipler Krisen mit so etwas befasst.

campus-a: Was lässt Sie glauben, dass sich vegane Ernährung ganz durchsetzen wird? Alle Menschen wollen die Welt verändern? Schwer vorstellbar.

Vegan wird sich aufgrund simpler wirtschaftlicher Faktoren durchsetzen. In zwanzig Jahren wird kein Mensch mehr den Unterschied zwischen echtem Fleisch und veganen Alternativen schmecken, riechen, sehen oder fühlen können. Wenn alle Patente angemeldet und die Produktionen voll angelaufen sind, werden die Alternativen aber sehr viel billiger sein. Denn eine Kuh zu mästen, wird teurer sein, als aus Sojabahnen ein Steak herzustellen. 

campus-a: Wer isst dann noch Fleisch?

Es wird wahrscheinlich ein paar Reiche geben, die glauben werden, es tun zu müssen. Gut möglich, dass Fleischessen gesellschaftlich stigmatisiert wird und die geringe Personenanzahl es nur noch heimlich tun und versteckt Tiere züchten.

campus-a: Was bedeutet das für das Klima?

Es bedeutet, dass sich die Welt in dieser Hinsicht selbst retten wird. Denn ohne Viehwirtschaft samt Futteranbau werden gewaltige landwirtschaftliche Flächen frei. Auf brach liegendem Land entsteht Wald. Es wird allen Berechnungen zufolge mehr Wald entstehen, als wir brauchen, um das Klima zurück zum Stand von 1950 zu führen.

campus-a: Das heißt, Hände in den Schoß legen und abwarten, statt die Welt retten?

Wir sind hier noch immer in der Phase der First Mover. Wer sich jetzt vegan ernährt, zahlt zwar mehr, trägt aber dazu bei, dass sie Schwungmasse, die es für günstige Massenproduktion braucht, wächst.

campus-a: An den synthetischen Veggie-Produkten gibt es viel Kritik. Die scheinen nicht besonders gesund zu sein. 

Veganer sind allen Daten zufolge im Schnitt gesünder als Fleischesser.

campus-a: Wie ernähren Sie sich? 

Ich esse leider zu viel von allem und bin ein Zucker-Junkie. Also nur vegan allein ist keine Gesundheitsversicherung. Bei mir steht aber das Tierwohl an erster Stelle.

campus-a: Was für ein Auto fahren Sie?

Einen VW Sharan.

campus-a: Und das Lenkrad? Sind nicht inzwischen alle Lenkräder aus Leder?

Meins ist aus Plastik. Bei VW ist alles lederfrei, auch der Schaltknüppel. Auch der Elektro-Mini meiner Frau hat kein Lederlenkrad.

campus-a: Was machen Sie derzeit eigentlich beruflich?

Ich bin noch gesperrt wegen Wettbewerbsverbot, werde danach aber die Expansion einer interessanten Kaffeehaus-Kette vorantrieben und da meine veganen Konzepte einbringen.

campus-a: Sie hatten im Weinviertel ein florierendes Landgasthaus, in dem sogar die Bauern ihre Cevapcici liebten. Das Traditionslokal haben sie zugunsten der Swing-Kitchen geschlossen. Denken Sie an eine Widereröffnung? 

Wenn dann in Wien. Die Sache hat aber einen Haken, es ist fast unmöglich gute Köche zu finden, deshalb wird das wahrscheinlich nichts.

campus-a: Kein eigenes Projekt mehr?

Ich investiere noch in Wertpapiere, ausschließlich in tierfreundliche. 

campus-a: Vielen Dank für das Gespräch

Der Ausbildungsplatz dieser Autorin in der campus a Akademie für Journalismus ist ermöglicht mit freundlicher Unterstützung durch Deichmann.
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