Wien | Gesundheit | Meinung | Chronik | Kultur | Umwelt | Wirtschaft | Politik | Panorama
WirtschaftInternationalFakten

Wie Saudi Arabien Star-Kicker zur Image-Politur verwendet

Menschenrechte? Fehlanzeige in Saudi Arabien. Deshalb bezahlt das Königshaus Starkickern wie Cristiano Ronaldo und Neymar sechsstellige Boni, wenn sie das Land in ihren Posts loben. Funktioniert das?
Gabriel Marold  •  26. November 2025 Volontär    Sterne  22
Tore von Ronaldo, Neymar und Co. in Saudi Arabien: nichts als „Sportwashing“? (Foto: Shutterstock)
X / Twitter Facebook WhatsApp LinkedIn Kopieren

„Es ist nicht so, wie sich viele Menschen Saudi-Arabien vorstellen. Die Stadt ist modern, wie ein kleines Dubai“, meinte der ehemalige Rapid-Kicker Thomas Murg im Februar 2025 in einem Interview mit dem Sportkanal Laola1. Ähnliche Aussagen sind auch von weiteren europäischen Fußballern, die in Saudi-Arabien spielen oder spielten, zu hören. Ganz im Sinne der saudischen Regierung bessern sie das Image des Wüstenstaats auf und verhelfen den Saudis bei der Umsetzung ihres durchdachten Wirtschaftsplans‚Vision 2030‘. Helfen die Fußballer so dabei, eine Diktatur schönzureden?

Staatsfonds finanziert die Millioneneinkäufe

Saudi-Arabien spielte lange kaum eine Rolle in der internationalen Fußballwelt. Mit der staatlichen Übernahme der Clubs Al-Hilal, Al-Nassr, Al-Ahli und Al-Ittihad im Jahr 2021 rückt die Liga zunehmend ins Rampenlicht. Ein Großteil der Finanzierung läuft über den Public Investment Fund (PIF), den Saudi-Arabien gegründet hat, um die aus Öl erzielten Einnahmen zu investieren.

Übereinstimmende Medienberichte besagen, dass sich Al-Hilal vertraglich verpflichtete, einem der Star-Kicker mit Wahlheimat im Wüstenstaat, Neymar, für jeden Instagram-Post mit Werbung für Saudi-Arabien 500.000 Euro zu zahlen. Cristiano Ronaldo wiederum ist Teil einer großen Kampagne der saudischen Tourismusbehörde. Unter dem Motto „I came for football, I stayed for more“ wirbt der Superstar in einem Video hingebungsvoll. Er sei nicht nur des Fußballs wegen nach Saudi-Arabien gekommen, sondern sich auch von Kultur, Sport und dem ganzjährigen Eventkalender des Landes angezogen.

Laut einem seiner Statements ist Saudi Arabien „ein Ort, an dem die Zukunft des Sports geschrieben wird“. Ronaldo betont, wie sehr Saudi-Arabien seine Tradition wahrt, während sich das Land gleichzeitig modernisiert. Die saudische Tourismusbehörde verbreitet die Videos in Märkten in Europa, Indien und China.

„Es ist Teil der Strategie, den Star über sein Gehalt und über seine Beteiligungen hinaus einzusetzen“, sagt der Sportpolitik-Experte Andreas Grassl. „Sportswashing“, so lautet das Fachwort dafür. Das Königreich will sein negatives Image durch großen Sport und internationale Stars umdeuten. Grassl sieht gute Gründe für dieses Anliegen und spricht von einem „Journalisten ermordenden, steinigenden, Frauen nicht Auto fahren lassenden Regime“. Ronaldo eignet sich mit seinem globalen Nimbus besonders gut für Sportwashing.

Einbettung in Vision 2030

Ziel der Vision 2030 ist es, die Wirtschaft von Saudi-Arabien zu diversifizieren, den Tourismussektor zu stärken, Arbeitsplätze zu schaffen und das internationale Ansehen des Landes zu verbessern. Dass Saudi-Arabien dabei im Sport schon Erfolge erzielt hat, bezweifelt Grassl. „Es entsteht der Eindruck, dass sich das Land nun breiter aufstellt, sei es im Tourismus, bei Events oder in anderen Branchen”, sagt er. „Doch all diese Bereiche existieren nur wegen des Öl-Geschäfts und der deshalb möglichen staatlichen Subventionen.“ Keiner der Box-Events, keine der UFC-, Formel 1- oder Fußball-Veranstaltungen sei bisher profitabel. Die Vorteile aus der Image-Politur haben indes auch nennenswerte volkswirtschaftliche Vorteile, weshalb das Regime dafür wohl gerne in die prall gefüllte Tasche greift.

Keine Scheu vor Saudi-Geld

Kann sich die Fußballbranche überhaupt noch solcher Instrumentalisierung entziehen? Grassl sagt: „Der Weltfußball verhält sich gegenüber Saudi-Arabien genauso, wie es aus einer marktlogischen Perspektive zu erwarten ist.“ Die Branche nimmt das Geld und geht davon aus, dass das langfristig stabilere Projekt ohnedies in Europa liegt. Europäer sehen kein Problem darin, saudischen Klubs jeden gewünschten Spieler für stolze Preise zu überlassen. Danach wolle man abwarten, ob Vereine aus Saudi-Arabien in zehn Jahren noch da sind, die europäischen Topclubs würden jedenfalls da sein.

Starke Vision

„No one on earth, can make Vision 2030 fail“, meinte hingegen der Premierminister Saudi-Arabiens, Mohammad Bin Salman. Allerdings scheitern Projekte der Reihe nach, wie etwa das Megaprojekt ´The Line´, einer Science-Fiction-Stadt mitten in der Wüste. Grassl glaubt, dass sich auch Vieles im Sport wieder in Sand auflösen wird.

Ronaldo sieht die Zukunft Saudi-Arabiens, zumindest vermeintlich, jedenfalls blühend. „Die Leute, die hierhergekommen sind, sind nicht gekommen, weil ich hier bin. Es gibt einen Grund, eine Vision. Saudi-Arabien hat alles. Sie haben die besten Spieler der Welt und die besten Talente aus der ganzen Welt.“ Für genau solche Aussagen kassiert der Milliardär dann kräftig ab.

Das Ressort Wirtschaft ist ermöglicht mit freundlicher Unterstützung durch SPAR Österreich.
SPAR Österreich

campus a-Preis für Nachwuchsjournalismus

Werde Teil der campus a-Redaktion!

Verfasse auch du einen Beitrag auf campus a.

Empfehlungen für dich

Kommentar
0/1000 Zeichen
Advertisement