Eisiger Wind und geschäftiges Treiben vor dem Weihnachtsmarkt am Wiener Stephansplatz. Lebkuchenduft begleitet Besucher der Domkanzlei bis in deren Foyer. Das Büro von Dompfarrer Toni Faber ist voller Gemälde, Kunstdrucke und Skulpturen. Darunter auch welche von bekannten Künstlern wie Hannes Mlenek, dessen Bilder bei Auktionen bis zu 16.000 Euro erzielen. Fast die ganze Sammlung ist Fabers Eigentum. „Mlenek hat mir für meine Wohnung ein eigens Bild im Großformat angefertigt“, schwärmt der Geistliche.
Der stets gediegen gekleidete Pfarrer ist für sein umtriebiges Priesterdasein bekannt. Bei Events wie Geschäftseröffnungen ist der Liebling der „Seitenblicke“-Gesellschaft gerne mit himmlischen Segen zu Diensten. Zum Kochen bleibt da wenig Zeit. „In meinem Kühlschrank finden sich höchstens gekühlte Getränke.“ Zu Abend isst er meist auswärts. Viele Wirte freuen sich über seinen Besuch. Mal ist er eingeladen, mal zahlt er selbst. Die Zubereitung des Mittagessens samt dazugehörigem Einkauf erledigt die Pfarrersköchin.
Bernadette Krassay und Robert Gafgo im Gespräch mit Dompfarrer Toni Faber. Foto: Stefan Springer
Eine Reinigungskraft hat er auch und während er sonst recht umweltbewusst lebt, setzt er sich für seine Urlaubsreisen schon einmal in ein Flugzeug. „Ich habe die regulären 25 Urlaubstage im Jahr. Diesen Sommer war ich in der Toskana, im Salzkammergut und in Kärnten.“ In den Jahren davor zog es ihn eher nach Übersee. Gelegentlich geht er auf die Jagd. Wie genau sieht das Haushaltsbudget des Kirchen-Promis aus?
„Ich bekomme zwar einen Lohnzettel, bin steuerlich aber ein Unternehmer“, sagt Faber. „Das heißt, ich muss meine Einkommenssteuer selbst zahlen, die Hälfte ist dann weg.“
Tatsächlich behandelt die Erzdiözese Wien Priester in Leitungsfunktion als Unternehmer. Ihr Einkommen finanziert sich, so wie das aller Priester und Laienmitarbeiter der Diözese, aus der Kirchensteuer.
Auf Fabers Lohnzettel steht ein monatlicher Bruttobetrag von 4.800 Euro. Ähnlich dem Beamtenmodell gibt es für Priester biennale Sprünge. Doch der Mann, dessen Job nie endet, dessen Aufgaben politisches und wirtschaftliches Fingerspitzengefühl erfordern und der als Dom-Manager die Gläubigen regelmäßig mit kreativen Ideen beseelt, verdient weniger als ein Beamter mit den gleichen Dienstjahren. „Des Geldes wegen bin ich nicht Priester geworden“, sagt Faber.
Faber bessert sein monatliches Kirchensalär durch laufende Nebeneinkünfte auf. So schreibt er eine wöchentliche Kolumne im Kurier, für die branchenübliche 200 Euro pro Stück anfallen dürften. Dazu kommen Nebengeräusche wie Sitzungsgelder unbekannter Höhe, die er als Mitglied des eng mit dem Dom verbundenen Wiener Städtischen Versicherungsvereins bezieht, und Einnahmen aus seinen Büchern.
Für sein jüngstes, gemeinsam mit Danielle Spera verfasstes Werk „Wie ein jüngerer Bruder – Ein Gespräch über Judentum und Christentum“ dürfte ihm der Amalthea-Verlag 2.500 bis 5.000 Euro überwiesen haben. „Nebeneinkünfte muss ich selbstverständlich auch versteuern“, betont Faber. Nachsatz: „Wie viel ich am Ende eines Monats wirklich verdient habe, ist wechselhaft.“
Foto: Stefan Springer
Dafür kann er als Priester-Unternehmer Ausgaben wie Dienstkleidung, theologische Literatur oder Reisen zu Fortbildungen steuerlich absetzen. Seine Dienstreisen haben ihn schon an schöne Orte geführt, und dabei lässt sich das Geistliche auch einmal mit dem Privaten verbinden. Als Skiseelsorger etwa las er einmal die Messe für das Fünf-Sterne-Hotel Hospiz am Arlberg. Im Gegenzug erhielt er Kost und Logis sowie kostenlosen Zugang zu den Skiliften. „Jagdeinladung nehme ich nur einmal im Jahr an“, sagt Faber.
Noch einen entscheidenden budgetären Vorteil hat der Promi-Geistliche gegenüber Normalsterblichen: Für seine rund 100 Quadratmeter große Dachgeschoßwohnung mit Blick auf den Dom muss er weder Miete noch Kreditraten bezahlen, die stellt ihm die Kirche zur Verfügung. Nach geltender Rechtslage ist die Wohnung ein geldwerter Vorteil und dementsprechend zu besteuern. Bei geschätzten mindestens 2.000 Euro Mietpreis am freien Markt würde sie einem zusätzlichen Lohn von mindestens 1.500 Euro gleichkommen.
Faber ist keiner, der so genau nachrechnet. Muss er auch nicht. Seine monatlichen Fixkosten schätzt er auf 600 bis 700 Euro. Dazu zählen die Energiekosten der Wohnung, seine Abendessen, sofern er sie selbst bezahlt, die Kosten für seinen Škoda-SUV, sein Steuerberater, die Köchin und die Reinigungskraft. Die Köchin teilt er sich mit neun anderen Priestern. Gemeinsam essen sie von Montag bis Samstag zu Mittag. Die Diözese leistet einen Zuschuss. Verhungern würde er ohnedies nicht. Die meisten Geschenke, die Gläubige dem charismatischen Gottesmann aus Dankbarkeit für seine Arbeit machen, sind Lebensmittel.
Spenden gehören auch zu Fabers Fixkosten. Gegen freie Spende hält er zudem Vorträge, die Einnahmen gibt er an kirchliche und soziale Projekte weiter. Wie viel genau er spendet und wer das Geld erhält, verrät er nicht. „Schon beim Evangelisten Matthäus steht: Wenn du Almosen gibst, soll deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut“, sagt Faber.
Im Normalfall arbeiten Priester bis 75. Aus gesundheitlichen Gründen können sie mit Abzügen schon ab 65 in den Ruhestand treten. Dann müssen sie auch ihre Dienstwohnungen ihren Nachfolgern überlassen. „Für den Ruhestand gibt es Priesterwohnheime, unter der Brücke müssten wir also nicht leben“, stellt Faber klar. Er selbst muss das auf keinen Fall, denn als pensioniertem Domkapitular steht ihm weiterhin eine Dienstwohnung zu.
Zudem hat er dem Vernehmen nach eine mittelgroße Eigentumswohnung in Wien, Meidling samt einem Budget für deren Renovierung geerbt, von einer anonymen Gläubigen, die mit ihrem stattlichen Vermögen die Kirche gesegnet hat und auch Faber etwas Gutes tun wollte. Derzeit vermietet er sie günstig an eine alleinerziehende ukrainische Mutter.
Die Höhe seiner Pension schätzt Faber, Jahrgang 1962, auf 80 Prozent seines bisherigen Lohns. Als Altersvorsorge hat er vor allem risikoarme Geldanlagen gewählt. Dazu gehört auch ein biederes Sparbuch.
Was ihm bleibt, gibt er am liebsten für Kunst aus. Doch nicht alle Werke in seiner Wohnung musste er kaufen. Faber tritt in der Pfarrkanzlei St. Stephan am Stephansplatz 3 als Hobby-Galerist auf. Meist übersteigen seine Ausgaben für Aufbau und Vernissagen zwar die Einnahmen, doch die meisten Künstler schenken ihm ein Bild. Etwa hundert Werke besitzt er inzwischen. „Die Kunst ist die Liebe meines Lebens“, sagt er, und auch dabei wird er seinem höheren Auftrag gerecht: Im Stephansdom präsentiert der unermüdliche Wiener Dompfarrer nicht nur Größen wie Erwin Wurm, Eva Petrič oder zuletzt Gottfried Helnwein, er gibt dort zu deren Freude auch regelmäßig jungen Talenten eine Chance.