Im Universitätsklinikum Salzburg arbeitet er täglich mit den unterschiedlichsten Patienten. Das ist für ihn das Beste an seinem Job. Er liebt es, Menschen helfen zu können, mit ihnen zu reden und ihnen zuzuhören. Mit seinen Kollegen versteht er sich gut.
Arzt zu werden war für Alsalama immer ein Traum. Der Krieg in Syrien stoppte jedoch den jungen Medizinstudenten inmitten seiner Ausbildung. Nun arbeitet er als Turnusarzt und baut seine Karriere in Österreich wieder auf.
Am 8. Dezember 2024 stürzt das Assad-Regime in Syrien. Weltweit feiern syrische Migranten die Aussicht auf eine neue Ära der Freiheit in ihrer Heimat. Vielen ist bewusst, dass der Wiederaufbau des Landes noch ein langer und schwieriger Weg sein wird. Der österreichische Kanzler Karl Nehammer sieht die Situation aus einer anderen Perspektive. Für ihn ist sie eine Gelegenheit, den rund 100.000 Syrern in Österreich zu „helfen, nach Hause zu kommen.“ Kritiker werfen ihm vor, damit der FPÖ nachzueifern. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) stoppte bereits alle laufenden Asylverfahren syrischer Migranten.
Alsalama ist nicht der einzige Syrer, der Österreich heute als ihr Zuhause betrachtet, hervorragend integriert ist und wertvolle Leistungen für die Gesellschaft erbringt. Zu ihnen gehört auch der Autor Omar Khir Alanam, bekannt unter anderem durch seine Auftritte als ORF-“Dancing Star”. „Ich konnte immer sprechen, aber meine Stimme habe ich erst in Österreich gefunden”, sagt der 33-Jährige, der vor zehn Jahren nach Österreich kam, im Gespräch mit campus a. Es ist diese Stimme, die ihm eine neue Heimat gegeben hat. Eine Heimat, die er sich erarbeitet hat und die er nun mit Überzeugung „seine“ nennt. „Hier bin ich nicht nur der Flüchtling, der alles verloren hat. Hier wurde ich gehört, gesehen, und konnte mich verwirklichen.“ Sprache sieht er als Schlüssel. „Worte können zerstören, aber auch aufbauen. Die Sprache hat mir die Tür zu einem neuen Leben geöffnet.“
Heute steht er als erfolgreicher Autor und Redner auf vielen Bühnen, in Schulen, Kulturzentren und Veranstaltungshallen. Menschen, insbesondere Jugendliche, zu inspirieren und sie auf ihrem Weg zu unterstützen, das hat er als seine Mission erkannt. „Ich arbeite mit Themen wie Identität, Heimat und Gewaltfreiheit. Es geht darum, Frieden im Ich zu schaffen, der dann auch die Gemeinschaft stärkt.“
Österreich ist für Omar nicht nur ein Ort des Neuanfangs, sondern auch die Heimat seines Sohnes. „Die Muttersprache meines Sohnes ist Deutsch und ich bin stolz darauf, österreichischer Staatsbürger zu sein. Ich will aber meinem Sohn alles in Syrien zeigen. Da, wo ich auf der Uni studiert habe, wo ich in die Schule gegangen bin, die ganze Familie, Damaskus, alles mögliche. Ich werde dort sein, immer wieder, aber ihr bekommt mich nicht ganz weg von hier.“
Alanam verweist auf etwas, das Nehammer zu übersehen scheint. Viele der Menschen, die er mehr oder weniger nachdrücklich zurück nach Syrien befördern will, kennen dieses Land gar nicht, denn sie sind hier geboren, Deutsch ist ihre Alltagssprache, ihre Freunde sind überwiegend Österreicher, sie gehen hier zur Schule und sie lernen mit Engagement, um ihre eigenen Träume und Ziele zu verwirklichen.
Die zwölfjährige Eli etwa. Sie lebt in Wien und ist dennoch in Syrien verwurzelt. 2015 kam sie mit ihrer Familie nach Österreich. „Ich fühle mich als beides“, antwortet sie auf die Frage, ob sie sich eher als Syrerin oder als Österreicherin sieht. „Ich habe die meiste Zeit meines Lebens hier in Wien verbracht und ich mag es hier sehr.“
Ihre Familie floh vor dem Krieg in Syrien. Die ersten Jahre in ihrer neuen Heimat waren nicht immer einfach, doch sie lernte rasch Deutsch. „Am Anfang war es schwer, aber mit guten Lehrern und viel Kontakt zu Menschen hat es gut funktioniert.“
Deutsch ist für sie mittlerweile nicht nur eine Notwendigkeit, sondern eine Leidenschaft. „Deutsch ist mein Lieblingsfach“, erzählt sie begeistert. „Es ist interessant, und unsere Lehrerin ist nett.“ Ihre Begeisterung für das Fach ist spürbar. Die Sprache ist für sie auch ein Werkzeug, um sich in ihrer neuen Umgebung zu orientieren und mit anderen in Kontakt zu treten.
„Ich mag die Menschen hier, meine Freunde, die Schule“, sagt Eli. Der Austausch mit ihren Mitschülern und Lehrern hat sie in ihrem Selbstverständnis gestärkt und ihr geholfen, sich in der Stadt zu integrieren. Ihre Mutter, die während des Gesprächs zuhört, beschreibt die anfänglichen Schwierigkeiten der Familie, als sie nach Österreich kamen. „Es war schwer, weil ich ganz alleine mit den Kindern war und keine Hilfe hatte. Später, mit Deutsch und vielen neuen Freunden, wurde es viel besser.“
Wien ist für Eli ein Ort, an dem sie sich zu Hause fühlt. „Syrien kenne ich nicht so gut, weil ich noch klein war, als wir gegangen sind. Aber ich möchte es kennenlernen“, erzählt sie.
Trotz der kulturellen Unterschiede hat sie eine klare Botschaft: „Man darf nicht vorurteilen. Wir Syrer haben auch eine Kultur, eine Religion, und wir sind genauso Menschen wie jeder andere.” Eli steht als junges Mädchen für eine Zukunft, in der Menschen einander nicht nur respektieren, sondern auch verstehen. “Ich hoffe, dass in Zukunft alle Menschen gleich respektiert werden.“
Kanzler Nehammer vermittelt in seinen neusten Aussagen die klare Intention, Syrer aus Österreich auszuweisen. “Das Land braucht jetzt seine Bürger.” Österreich würde alle unterstützen, die jetzt nach Hause gehen möchten. Die Frage bleibt jedoch offen: Wo ist jetzt für geflüchtete Syrer ihr Zuhause?
„Österreich ist mein Zuhause,“ sagt der Arzt Alsalama mit Überzeugung. „Ein Zuhause ist dort, wo man sich willkommen und mit Würde behandelt fühlt, und das habe ich hier gefunden.“ Diese Einstellung prägt seine Dankbarkeit gegenüber dem Land. „Ich bin Österreich dankbar. Die Gesetze hier behandeln alle Menschen gleich, egal, woher sie kommen. Das ist etwas, das ich sehr bewundere.“
Trotz seiner tiefen Verbundenheit mit Österreich bleibt Syrien ein Teil seiner Identität. Auf die Frage, ob er zurückkehren würde, antwortet er zögerlich. „Ich kann mir das momentan nicht vorstellen. Syrien war lange ein Albtraum für mich – ein Land, in dem Gegner des Regimes ständig in Lebensgefahr schwebten.“ Sollte Syrien jedoch zu einem stabilen, demokratischen Staat werden, würde er gerne eines Tages auf Besuch hinfahren.
Alsalama zeigt Verständnis für politische Entscheidungen Österreichs. “Wir sind hier Gäste, und ich respektiere das sehr.” Die jüngste Diskussion um die Rückführung syrischer Flüchtlinge nach dem Sturz des Assad-Regimes kritisiert er nur vorsichtig: „Man hätte nach dem Sturz des Regimes vielleicht länger als einen Tag warten können, bevor man so etwas vorschlägt.“ Gleichzeitig unterstreicht er, dass es schwierig sei, die Lage in Syrien jetzt schon klar zu beurteilen: „Es ist einfach zu früh. Der Krieg ist vielleicht offiziell vorbei, aber die Situation bleibt instabil.“
Syrer sind Teil des sozialen und kulturellen Gefüges Österreichs, bringen ihre Geschichten, Perspektiven und Talente ein. Sie bereichern nicht nur die Gesellschaft, in der sie leben. Sie sind längst ein unverzichtbarer Teil davon geworden.
Österreich, so scheint es, würde mit diesen drei Menschen etwas fehlen. Und es gibt viele wie sie.