Mutter werden mit sechzig: Der Traum der ewigen Jugend rückt näher

Martina K. wollte Karriere machen, bevor sie Mutter wird. Mit 25 ließ sie ihre Eizellen eingefrieren, mit 58 einsetzen und es klappte. Die Schwangerschaft zog den alten Körper stark in Mitleidenschaft. Bluthochdruck und Schwangerschaftsdiabetes waren nur einige der Komplikationen. Nach der Geburt kamen Schlafmangel und Rückenprobleme vom Herumtragen des Babys dazu. Jüngere Mütter nahm das bei weitem nicht so mit.

Martinas Geschichte ist kein Einzelfall. Immer mehr Frauen wählen einen langen Bildungsweg und setzen nach der Matura noch ein Studium drauf. Die Eizellen lassen sie einfrieren. Der Rückgang der Fruchtbarkeit soll sie nicht in ihrer Lebensplanung beeinflussen. Haben sie ihre Ausbildung abgeschlossen, wollen sie wie ihre männlichen Kollegen die Karriereleiter nach oben klettern. 

Die Eizellen lassen sie erst auftauen, wenn sie ganz oben angekommen sind. Die Eizelle altert ab dem Zeitpunkt des Einfrierens keinen Tag. Das Erbmaterial bleibt frisch. Für das Kind mit über 40 gibt es also keine gesundheitlichen Risiken mehr. Für die Mutter allerdings schon. Im Gegensatz zur Eizelle altert der restliche Körper weiter. 

„Je älter eine Frau ist, desto höher ist das Komplikationsrisiko“, sagt der Mediziner Johannes Ott. Liegeschwangerschaften, Bluthochdruck und Schwangerschaftsdiabetes sind wahrscheinlicher. Nach der Geburt ziehen der Schlafmangel und das ständige Tragen des Babys den Körper stärker in Mitleidenschaft. Mutter und Kind haben auch weniger Lebenszeit miteinander. 

Ewige Jugend durch Hormone

Hier setzt die moderne Medizin an. Sie will das späte Kinderkriegen ohne die negativen Begleiterscheinungen ermöglichen. Die neuen Turbo-Mütter sollen das Muttersein auch mit 50 plus genießen können und das idealerweise besonders lang. 

Der Einsatz junger Eizellen reicht dafür nicht aus. Der ganze Körper soll in Zukunft länger jung bleiben. „Irgendwann wird es keinen Unterschied mehr machen, ob die Mutter 35 oder 50 Jahre alt ist,“ sagt der Reproduktionsmediziner Johannes Huber. 

Wettlauf der Tech-Riesen gegen das Altern

Ewige Jugend ist ein Ur-Traum der Menschheit. Mit ihm würde sich auch die Fruchtbarkeit verlängern und spät Mutter zu werden, wäre angenehmer. Viele Unternehmen und Start-ups wollen die ersten sein, die diesen Traum erfüllen. Nicht zuletzt, weil sie damit viel Geld verdienen können. Superreiche unterstützen die Projekte mit Millionen Dollar. Milliardäre wie Amazon-Chef Jeff Bezos oder Meta-Chef Mark Zuckerberg sind mit dabei. Sie erhoffen sich vom Forschungsfortschritt ihre eigene Verjüngung.

Auch der Tech-Riese Altos Labs investiert riesige Summen in Projekte, die die Alterung von Zellen verlangsamen oder sogar umkehren sollen. Positive Ergebnisse lieferten Studien mit Mäusen. Forscher konnten ihr Gewebe in Nieren, Haut und Muskeln verjüngen. Besonders erfolgreich war die Verlängerung der Lebensspanne von Mäusen mit Progerie, einer Krankheit, die eine vorzeitige Alterung verursacht. Das Unternehmen möchte bald schon Studien mit Menschen durchführen.

Auch das zu Alphabet gehörende Unternehmen Calico nahm für Verjüngungs-Studien mit Tieren bereits Milliarden in die Hand. Dabei konnten Forscher die Lebenserwartung von Mäusen um 40 Prozent verlängern, jene von Fruchtfliegen vervierfachen, von Fadenwürmern sogar verzehnfachen. Erfolge konnten sie auch bei der Hautverjüngung und der Heilung von Gewebeschäden erzielen. Bald wollen sie die Studien auf größere Tiere ausweiten. 

Bis Anti-Aging-Technologien die ewige Jugend herbeiführen, dürften noch Jahre vergehen. Heute können Forscher mittels Programmierung nur bestimmte Zellen, etwa auf der Netzhaut, im Rückenmark oder im Gehirn verjüngen. Von einer Erneuerung des gesamten Organismus des Menschen sind wir noch weit entfernt.

Länger fruchtbar, ewig jung

Für Frauen wie Martina K. wäre die längere Jugend ein Segen. Die Strapazen, die sie während Schwangerschaft und früher Mutterschaft durchlebte, könnten künftig minimiert werden. Sie könnte nicht nur das Mutter sein unbeschwerter genießen, sondern auch länger gesund für ihr Kind da sein. Die Wissenschaft ist dabei, die Grenzen des Lebens neu zu definieren und mit ihr die Idee der Familie nach der Karriere.