Ein amerikanischer Mann mit einer Burger-King-Krone bekommt in einem Flugzeug einen Wutanfall. Schreiend bezeichnet er eine Schwarze Frau als „Bitch“ und beleidigt sie mehrmals mit dem „N-Wort“ rassistisch. Die Flugbegleiterinnen versuchen verzweifelt, ihn zu beruhigen, doch die Situation eskaliert. Auf einem Video, auf dem ein Zeuge die Szene festhält, ist zu sehen, wie der Mann aufspringt und sich auf eine Flugbegleiterin stürzt. Ob es zu tätlichen Angriffen kommt, ist unklar. Das Video macht die Runden im Internet.
Bis heute scheinen es Internet-Nutzer der rechten Szene nicht vergessen zu haben. Denn am 13. Juni veröffentlichte der offizielle Instagram-Kanal der FPÖ Tirol ein Video, in dem Landesparteiobmann Markus Abwerzger eine Burger-King-Krone aufsetzt und behauptet, so gehe die FPÖ zum Gate des Flughafens. Die Zielgruppe scheint genau zu wissen, was damit gemeint ist.
Das Originalvideo, umgangssprachlich im Internet als „Burger King guy on plane“-Video bekannt, zeigt aggressiven Rassismus und ging in der Folge viral, vor allem in der rechten Szene. Bestimmte Internet-Nutzer schufen sich damit ein neues Symbol: die Pappkrone der Fastfoodkette Burger King. Mehr brauchten sie nicht, um die Inhalte des Videos zu einem klassischen Dogwhistle zu machen.
In der Politik bezeichnet der Begriff „Dogwhistle“ den gezielten Einsatz codierter oder suggestiver Sprache, die bestimmte gesellschaftliche Gruppen ansprechen soll, ohne offene Kritik oder Widerspruch in einer breiteren Öffentlichkeit zu provozieren. Der Ausdruck leitet sich von speziellen Pfeifen ab, deren Töne nur für Hunde, nicht aber für Menschen hörbar sind. Politische „Dogwhistles“ funktionieren ähnlich: Die Botschaften wirken auf den ersten Blick harmlos oder allgemein gehalten, transportieren jedoch bewusst versteckte Signale an eine bestimmte Zielgruppe.
Die Burger-King-Krone wurde zum Dogwhistle für aggressive rassistische Attacken auf Schwarze Personen, ein „Insider-Gag“ für Rechtsextreme an der Grenze zur Kriminalität.
Rechte Internet-Nutzer machten die Krone online weltweit zum Meme und bedienen seither das Narrativ mit Begeisterung. Dabei lassen sie sich einiges einfallen, um Meldungen im Internet umzugehen. Denn eines wissen sie selbst: das Originalvideo verschwindet immer wieder, da die Aufnahmen in dieser Interpretation auch die Legitimität oder zumindest die Verständlichkeit körperlicher Attacken in den Raum stellen.
In der in den einschlägigen Kreisen beliebtesten Version ist deshalb der Originalton, also die Stimme des Reisenden, durch eine KI-Stimme ersetzt. „Ein Glas Wasser bitte“, ist da statt dem rassistischen Gebrüll zu hören. Auch diese Formulierung wurde zum Insider-Gag unter Rechten: sagt einer von ihnen „Ein Glas Wasser bitte“, wissen alle, worauf er anspielt.
Der Tiroler Landesparteiobmann der FPÖ Markus Abwerzger scheint ebenfalls dieses Narrativ zu kennen. Auf dem offiziellen Instagram- und TikTok-kanal der Tiroler Freiheitlichen erscheint ein Video, in dem er sich eine Burger-King-Krone aufsetzt und damit lächelnd an der Kamera vorbeigeht, unterlegt mit dem Text: „POV: FPÖ auf dem Weg zum Gate.🔥✈️“ und der Caption: „Es geht bald los!“ Das Video ist mit einem auf Social Media oft benutzten Techno-Remix unterlegt.
Für Außenstehende ist auch das ein banales, auf den ersten Blick nichtssagendes Video. Doch die mehr als 260 Kommentare zeigen: Ihre Verfasser wissen sehr wohl, was Sache ist. „Ein Glas Wasser bitte“, kommentieren dutzende von ihnen.
Verschiedene Kommentare unter dem Beitrag der FPÖ Tirol.
Einige schicken GIFs, die sich als Anspielungen auf Sklavenhandel und Auspeitschungen interpretieren lassen, andere buchstabieren das rassistisch beleidigende „N-Wort“ aus dem Originalvideo in einer Version, mit der die Kontrollsysteme der sozialen Medien sie nicht als Hasspostings melden können.
Kommentare unter dem Beitrag referenzieren Sklavenhandel.
Ob Abzwerger ein Missgeschick passiert ist oder er bewusst das sogenannte Burger-King Narrativ mit all seinen rechtsextremen Untertönen bedient hat, bleibt unklar. Die FPÖ hat die Kommentare unter dem Video jedoch weder gelöscht noch relativiert, was die Variante Missgeschick auszuschließen scheint. Eine campus a-Anfrage bei der FPÖ Tirol dazu bleibt unbeantwortet. Der Pressesprecher sei auf Urlaub, heißt es nach schriftlichem und telefonischem Beharren. Nein, es werde keine Stellungnahme geben.
Weitere Kommentare, die sich über den “Kauf” Schwarzer Menschen lustig machen.
Nicht alle Social-Media-User sind jedoch über die „Witze“, die Gewalt und Rassismus verharmlosen, begeistert. Einer fragt: „Ist das salonfähige Politik in Österreich?“ Ein anderer scheint enttäuscht zu sein: „Traurig von ner echten Partei,“ schreibt er.
Heftiger fällt die Reaktion der anderen im Tiroler Landtag vertretenen Parteien auf, die sich bereits in der Vergangenheit anlässlich vergleichbarer „Insiderwitze“ mit der Online-Präsenz der FPÖ befassten.
Die Grüne Landtagsabgeordnete Zeliha Arslan, die die Videos bereits in politischen Kreisen angesprochen hat, spricht von augenzwinkernder Verharmlosung von Gewalt an Schwarzen Menschen und einer rassistischen Entgleisung. „Wer solche Videos dreht, hat den demokratischen Boden verlassen und das ist sehr gefährlich. Es ist soziale Brandstiftung. Jetzt wird eine Schwelle überschritten. Was vorher in irgendwelchen Kellern besprochen wurde, wird jetzt öffentlich zelebriert, mit fröhlicher Hintergrundmusik. Es geht nicht mehr um das Dämonisieren, sondern um das Aktivwerden: lasst uns sie beschimpfen, lasst uns sie bespucken, lasst uns sie aus diesem Land vertreiben. Da müssen wir alle aufpassen,“ so Arslan.
Ähnlich die SPÖ in einer schriftlichen Stellungnahme: „Als SPÖ Tirol nehmen wir das Video der FPÖ Tirol sowie die darunterstehenden Kommentare mit großer Sorge zur Kenntnis. Dieses Video schürt Hass und Hetze. Diese Art der Kommunikation ist brandgefährlich. Zahlreiche Kommentare unter dem Originalbeitrag der FPÖ Tirol offenbaren eindeutig ein rechtsextremes Gedankengut. Wir warnen ausdrücklich vor derartigen rechtsextremen Erzählungen, egal ob sie offen ausgesprochen oder über Bilder, Symbole und Untertöne vermittelt werden. Solche Inhalte dürfen in einer demokratischen Gesellschaft keinen Platz haben. Für uns als SPÖ Tirol ist klar: Wir werden jeder Form von Hetze, Ausgrenzung und rechter Ideologie entschieden entgegentreten.“
Auch der Integrationssprecher der Tiroler Volkspartei, Sebastian Kolland, kritisert Abwerzger scharf. „Dass sich der Tiroler FPÖ-Chef für ein paar Klicks im Netz rassistischen Ressentiments bedient, finde ich echt beschämend“, so Kolland. „Als Migrationssprecher meiner Partei bin ich selbst für eine harte und konsequente Zuwanderungspolitik, aber solchen rassistischen Blödsinn lehne ich in jeder Hinsicht ab. Genau darin besteht auch der große Unterschied der ÖVP zur FPÖ. Diese Aktion von Markus Abwerzger ist nicht lustig, sondern einfach nur dämlich und es ist bedauerlich, dass sich der Klubobmann der Tiroler Freiheitlichen für so etwas hergibt.“
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16 July 2025