Das Bild gehört zum Alltag? In der Straßenbahn sitzen Kleinkinder im Kinderwagen, die nahezu hypnotisiert auf einen Bildschirm starren. Dadurch verschaffen sich Eltern ein wenig Ruhe in ihrem stressigen Alltag. Die Knirpse sind beschäftigt, sie kreischen und weinen nicht. Dieses digitale Idyll hat schwerwiegende Folgen für die Entwicklung des Kindes. Mit den möglichen Konsequenzen wie Übergewicht und Sehverschlechterung sind die meisten vertraut. Doch es gibt mehr.
Kleinkinder, die oft mit dem Tablet spielen oder vor dem Fernseher hocken, verbringen viel Zeit drinnen. Sie gehen nicht oft genug nach draußen. Wenn den Kleinen die tägliche Portion an frischer Luft fehlt, wird ihr Immunsystem geschwächt. Sie werden anfälliger für zahlreiche Krankheiten. Ein Vitamin-D-Mangel kann ebenfalls auftreten.
Außerdem fördern iPads die motorischen und sozialen Fähigkeiten nicht genug, wodurch diese eingeschränkt werden. Vielen Muskeln fehlt die Aktivität, wenn sich ausschließlich die Finger über den Bildschirm bewegen. Bei greifbarem Spielzeugen sind weit mehr Muskeln gefordert. Auch haben iPad-Kinder wenig Interesse, sich motorische Fähigkeiten wie Radfahren und Schwimmen anzueignen. Eine erhöhte Bildschirmzeit kann zu einer verringerten Interaktion mit Eltern und Gleichaltrigen führen, was besonders in jungen Jahren wichtig für ihre soziale Entwicklung ist.
In einer französischen Studie haben Ärzte des Hopital Mere Enfant in Lyon untersucht, ob Tabletspiele genauso gut wie das Beruhigungsmittel Midazolam, ein Betäubungsmittel, das vor operativen Eingriffen zur Verwendung kommt, wirkt. Ihr Ergebnis ist erschreckend. Beides wirkt gleich gut, wenngleich das iPad in einem Punkt sogar besser abschneidet. Wie das Beruhigungsmedikament haben die kleinen Bildschirme ein hohes Suchtpotenzial. Kleinkinder werden abhängig von iPad und Co., vor allem, was das Beruhigen und Entspannen betrifft.
Zudem haben kanadische Forscher/innen untersucht, ob die Nutzung von iPads mit Wutanfällen im jüngeren Alter zusammenhängt. Dafür wurden 315 Eltern von Kleinkindern in der Altersspanne von dreieinhalb bis fünfeinhalb Jahren befragt. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der Tablet-Gebrauch von Kindern im Alter von dreieinhalb Jahren im darauffolgenden Jahr mit einer höheren Anzahl von Wutausbrüchen verbunden war. Worauf sich das zurückführen lässt? Kinder, die nach Wutausbrüchen mit dem Spielen auf einem Tablet beruhigt werden, lernen nicht, mit ihrer Wut umzugehen. Daher können sie auch ihre Emotionen den Umständen entsprechend nicht regulieren. Die einfache Forderung der Wissenschaft? Eltern werden dazu ermutigt, die Bildschirmzeit von Kleinkindern zu verkürzen und das aktive Spielen zu fördern.