
Jeder kennt sie. Menschen, die auf Partys Ärzten ihr Herz ausschütten und ihnen ihr Leid klagen. Was könnte das sein? Muss ich mir Sorgen machen? Für Mediziner wird der Feierabend so oft zum ungewollten Mini-Sprechzimmer. Doch diese Zeiten könnten vorbei sein. Die Künstliche Intelligenz kann inzwischen Ärzten ruhige Partyabende bescheren.
Denn die erste Einschätzung geht mindestens genauso gut per Handy. Einfach die Symptome in ChatGPT oder in ein anderes KI-basiertes Programm eingeben, am besten ein Foto hochladen und schon kommen Antworten. Die KI nennt mögliche Ursachen, wägt Risiken ab und schlägt Behandlungsmöglichkeiten vor. Die Hemmschwelle, sich mit Beschwerden auseinanderzusetzen, sinkt. Schnelle Information, ohne Arzt.
Es gibt nur ein Problem: Die KI weigert sich, Verantwortung zu übernehmen. Sie nennt Möglichkeiten. Alles andere wäre ihr zu gewagt. Und so endet jede KI-Auskunft mit dem obligatorischen Hinweis: Bitte suchen Sie einen Arzt auf.
Verfasse auch du einen Beitrag auf campus a.
Ärzte mag das zunächst beruhigen, weil die Party-Konsultationen weniger werden könnten und es dennoch zu ihrem vielfach befürchteten Bedeutungsverlust wohl kaum kommen wird. Es sollte sie aber auch beunruhigen. Denn zu den nervenden Dr. Google-Patienten, die alles besser wissen und wegen harmloser Symptome ihren baldigen Krebstod befürchten, werden nun auch noch die Dr. KI-Patienten kommen.
Die Entzauberung der KI in der Medizin ist jedenfalls im vollen Gange. Sie kann viel, aber nicht alles. Sie löst Probleme, schafft aber auch neue. Sie kann informieren, aber nicht ersetzen. Beruhigen, aber nicht heilen. Diagnosen erleichtern, aber nicht verlässlich stellen. Die letzte Instanz bleibt der Mensch. Der Arzt, der Patient und die Verantwortung, die der Arzt trägt. Vermutlich ist das in allen ihren anderen Einsatzbereichen genauso.