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Zahl der Wissenschaftsleugner in Österreich steigt: Was tun?

Österreich liegt in einem Ranking des nationalen Vertrauens in die Wissenschaft nur auf Platz 58 von 62 teilnehmenden Ländern. Wozu das führt und was sich dagegen tun lässt.
Julia Roušal  •  1. April 2025 Volontärin    Sterne  70
Auch Astrophysiker verstehen wissenschaftliche Zusammenhänge der Chemie nicht zwangsläufig. Eine breite Öffentlichkeit in den Sozialen Medien traut sich das sehr wohl zu und fällt auf Fake News herein. (Foto: Shutterstock)
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Immer wieder wird es in diversen Medien, am Arbeitsplatz und im privaten Umfeld thematisiert: Die Corona Pandemie hat Spuren hinterlassen, die sich insbesondere im Vertrauen in die Wissenschaft spiegeln. Die Impfquote sinkt, der Klimawandel wird vermehrt geleugnet. Sogar Chemtrails, ein Begriff für die von Flugzeugen verursachten Kondensstreifen, um die diverse Verschwörungstheorien kursieren, finden immer wieder ihren Weg in öffentliche und private Diskussionen.

Nationales Tief

Während das Vertrauen in die Wissenschaft weltweit auf einem Hoch ist, sieht die Situation in Österreich anders aus. Eine aktuelle Studie von Nature Human Behavior, die im Jänner dieses Jahres erschien, sieht Österreich nur auf Platz 52 unter 68 teilnehmenden Ländern. Der Vertrauensindex von 3,42 einer Skala von 1 (sehr niedrig) bis 5 (sehr hoch) liegt unter dem Durchschnitt von 3,62. Eine beunruhigende Platzierung in Anbetracht der Bildungsmöglichkeiten, die in Österreich zur Verfügung stehen. Auf die Frage, weshalb der Forschung von Wissenschaftern kein Vertrauen mehr geschenkt wird, lassen sich in den sozialen Medien viele Antworten finden. Besonders häufig ist von vermeintlich verbreiteten Lügen die Rede. Aussagen wie “es gab doch immer schon Warm- und Kaltperioden auf der Erde” oder “dieses Gift kommt mir sicher nicht in die Adern” sind keine Seltenheit mehr. Doch woher kommt dieses Misstrauen gegenüber wissenschaftlichen Fakten?

Skandale und Fake News

Noch nie war es so einfach, Informationen zu teilen, wie im Zeitalter des Internets. Trotz der vielen Vorteile, die damit einhergehen, verbreiten sich so auch Verschwörungstheorien und Fake News leichter. Angefeuert wird dies von früheren Fehlschlägen der Wissenschaft, man denke an den Contergan-Skandal der 1960er Jahre. Auch wenn der Fall bereits mehrere Jahrzehnte zurückliegt, dient er immer wieder als Begründung für das Misstrauen. Zu Unrecht, denn solche Skandale führen jeweils auch zu strengeren Richtlinien in der Forschung. Neue Skandale werden damit unwahrscheinlicher. Peer-Review-Verfahren, bei denen Expertinnen und Experten eines Fachgebiets vor der Veröffentlichung Arbeiten kontrollieren und korrigieren sowie Ethikkommissionen sind in der heutigen Forschung allgegenwärtig.

Differenzierung von Quellen

Die große Menge an Nachrichten muss jedoch nicht unbedingt Falschinformation sein. Auch Quellen, in denen korrekte Informationen übermittelt werden, können zum Problem werden. Es kann nun einmal nicht jeder ein Experte für jedes Gebiet sein. Dabei ist nicht die Bildung ausschlaggebend. Wer nicht zufällig in genau dem Forschungs- oder Bildungsbereich, aus dem die jeweilige Information stammt, arbeitet, versteht sie nicht zwangsläufig. Überspitzt formuliert: auch Astrophysiker können Probleme dabei haben, biochemische oder medizinische Studien über Impfungen zu verstehen. Die Problematik ist somit nicht ausschließlich die Verbreitung von Falschinformationen, sondern auch die falsche und verkomplizierte Darstellung wissenschaftlicher Ergebnisse.

Folgen des Misstrauens

Die Folgen eines Misstrauens in die Wissenschaft sind enorm. De Österreichische Verband für Impfhersteller (ÖVIH) stellte wiederholt fest, dass die Impfraten in Österreich zu niedrig sind. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern liegt Österreich hinten. Dabei sind niedrige Impfraten problematisch, gerade für Menschen mit gesundheitlichen Problemen, die auf den Schutz durch hohe Impfquoten angewiesen sind. Nicht zu vergessen ist hierbei die dadurch entstehende Mehrarbeit in Spitälern.

Auch die Leugnung des Klimawandels birgt Gefahren. Wissenschafter warnen seit Jahren vor verheerenden Folgen wie Dürren, Waldbränden, Überschwemmungen und den dadurch entstehenden Ernteausfällen. Lässt sich die Erderwärmung nicht verlangsamen, so ist mit millionen Klimaflüchtlingen zu rechnen. Die Welthungerhilfe nennt einige Folgen in ihrem Text Klimawandel – Ursachen und Folgen. Einige Orte werden unbewohnbar, unbewirtschaftbar werden. Etwas, das uns alle treffen kann.

Was also tun?

Die Diskussion um wissenschaftliche Themen ist vielfach bereits stark emotional aufgeladen. Menschen wollen ihre Meinung nicht ändern, reagieren defensiv, wenn sie auf andere Ansichten stoßen. Dabei ist gerade der Dialog von Bedeutung. Aufklärung hilft dabei, Fake News zu erkennen. Gleichzeitig liegt auch eine gewisse Verantwortung bei Forschenden, ihre Ergebnisse verständlich zu kommunizieren. Es muss auch jenen Personen möglich sein, Forschungsergebnisse zu verstehen, die nicht eine einschlägige Ausbildung besitzen. Ansonsten wird kaum eine Kooperation zustande kommen können. Was auf keinen Fall eine Lösung ist, sind diverse (Online)-Diskussionen, bei denen die oppositionellen Seiten einander ignorieren und möglicherweise gar beleidigen. Nur eine offene, verständnisvolle und rücksichtsvolle Unterhaltung von beiden Seiten kann dabei helfen, das Wissenschaftsmisstrauen zu überwinden.


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3 Kommentare
Ulrike Rousal

sehr interessanter Artikel!

04 April 2025 Antworten
Lorenzo Reeh

Toller Artikel!

04 April 2025 Antworten
Lukas Steininger

Sehr gut gemacht! Die hat Ahnung! Weiter so! Auf eine Karriere in der Wissenschaftskommunikation / Wissenschaftsjournalismus.

01 April 2025 Antworten



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