
Vor dem Palais Epstein, nur einen Steinwurf vom Österreichischen Parlament entfernt, begrüßen sich an diesem sonnigen Donnerstagnachmittag mehrere Frauen mittleren Alters. Sie lächeln, umarmen sich und spazieren in den Prunkbau. Zwei Tage vor dem Weltfrauentag haben sie sich hergerichtet und sind zur Veranstaltung „FRAU. ECHT. STARK.“ gekommen. Rund fünfzig Gäste treffen in den darauffolgenden Minuten ein. Organisatoren sind das Freiheitliche Bildungsinstitut und die Initiative Freiheitlicher Frauen. Vor Ort sind auch die campus a-Redakteurinnen Anna-Katharina Patsch und Sophia Tiganas.
Um 15.30 Uhr betreten wir den Saal. Er ist bereits gut gefüllt, überwiegend mit Frauen zwischen vierzig und siebzig. Einige scheinen ihre Ehemänner dabei zu haben, eine Handvoll Nationalratsabgeordnete sind auch da. Es herrscht die Atmosphäre einer geschlossenen Veranstaltung.
Wir packen trotzdem unsere Mikrofone aus und stoßen mit unserer Bitte um Interviews auf Ablehnung. Die Angesprochenen flüstern untereinander. Wenig später spricht uns eine junge Frau aus dem Organisationsteam an. Aufnahmen seien verboten, meint sie freundlich aber bestimmt. Medienvertreter scheinen unerwünscht zu sein. Außer uns ist nur FPÖ-TV da.
Nationalratspräsident Walter Rosenkranz ist der Ehrengast des Abends. Kurz vor dem offiziellen Beginn betritt er den Saal und geht auf das Publikum zu. Fast allen Anwesenden gibt er die Hand, einige begrüßt er mit ihrem Namen. Die Stimmung ist locker, fast familiär. Rosenkranz wirkt souverän und zugänglich. Er sei paranoid gegenüber Kameras und Mikrofonen, scherzt er, weil die Qualitätsmedien „alles, was die FPÖ macht, schlecht finden“. Das Publikum lacht. Die Anwesenden fühlen sich wohl, schon bevor es los geht.
Die Veranstaltung beginnt mit zehnminütiger Verspätung. Zuvor verteilen Mitarbeiter ein Druckwerk mit dem Titel Löwenstark-Kinderheft an die Gäste. Es enthält Rezepte, Rätsel, Witze und eine Kurzgeschichte aus der Steiermark.
Die Eröffnungsrede der FPÖ-Gleichbehandlungs- und Frauensprecherin Rosa Ecker drehte sich vor allem um die Frage, was eine „echte Frau“ ausmacht. „Echte Frauen sind vor allem eines: biologisch echte Frauen“, meint sie. „Echte Frauen haben nichts mit Transgender oder dergleichen zu tun.“ Ecker betont die Besonderheiten des weiblichen Körpers und die Notwendigkeit einer Frauenpolitik, die sich nicht nur mit Geschlechtergleichstellung beschäftigt.
Nach ihr tritt Rosenkranz ans Rednerpult. Er rechnet mit linker Frauenpolitik ab und fragt, ob der Weltfrauentag überhaupt noch seine Berechtigung hat. In vielen Bereichen hätten Frauen bereits Gleichstellung erreicht. Allerdings seien „neue Gefahren“ entstanden, womit er vor allem die Gender-Debatte meint. Kritik an der Genderpolitik bedeute nicht Frauenfeindlichkeit, sagt er, die Gesellschaft müsse den Feminismus getrennt davon betrachten.
Die Hauptrednerin des Nachmittags ist die deutsche Publizistin und Buchautorin Birgit Kelle. Die öffentliche Debatte entferne sich immer weiter von biologischen Fakten, erklärt sie in ihrer emotionalen Rede. „Das Wort Gender fällt mir auf die Füße.“ Genderpolitik sei „von oben nach unten“ verordnet und nicht durch demokratische Prozesse legitimiert.
Sie kritisiert den Zugang von Transfrauen zu Frauenräumen wie Umkleidekabinen und die Boxerin Imane Khelif, die bei den Olympischen Spielen in Paris eine Goldmedaille holte. Die Algerierin hatte eine Geschlechtsüberprüfung nicht bestanden. „Frauenschlagen ist jetzt olympisch“, kommentiert Kelle und bezeichnet Khelif als Mann (siehe dazu Faktencheck unten). Das Publikum reagierte mit Lachen und Zustimmung. Die Zahl der Mädchen, die sich als Trans-Männer identifizieren, sei in den vergangenen Jahren um 2.000 oder sogar 5.000 Prozent „explodiert“, setzt Kelle fort (siehe Faktencheck).
Als nächstes kritisiert sie Frauenquoten am Arbeitsplatz. Die habe sie bereits vor zehn Jahren kommen gesehen. „Wenn das mit den Frauenquoten kommt, meine Herren, streifen Sie sich einen Rock über und bewerben Sie sich als Frau. Sie werden den Platz bekommen“, habe sie den Männern damals geraten.
Zum Abschluss stellen einige Teilnehmerinnen Fragen zu Themen wie Familie und Gewalt gegen Frauen. Vor allem geht es um die Rolle der Migration. Kelle äußert sich skeptisch zur Zuwanderung als Lösung für die niedrige Geburtenrate. Zudem hätten in den vergangenen Jahren Muslime mehr als 8.000 Frauen vergewaltigt (siehe Faktencheck). Die Diskussion verläuft einseitig, kritische Stimmen fehlen.
Insgesamt bot die Veranstaltung eine Plattform für konservative und linkskritische Positionen zur aktuellen Frauenpolitik. Kritische Fragen aus dem Publikum kamen nicht auf. Am Ende bleibt der Eindruck einer geschlossenen Veranstaltung, die wenig Raum für kontroverse Debatten lässt.
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