
Johannes Kaserer-Neff hat nach dem Zivildienst verschiedene berufliche Wege ausprobiert, bevor er seine wahre Leidenschaft fand. Die Liebe zur Kunst begleitete ihn schon immer und ein Bürojob mit fixen Hierarchien kam für ihn nie infrage. Ein Schnupperkurs bei einem befreundeten Goldschmied brachte schließlich die Entscheidung. Mit 23 Jahren, frisch verheiratet und voller Entschlossenheit, schnell auf eigenen Beinen stehen zu wollen, beschloss er, die Lehre zum Goldschmied zu beginnen.
Als er einen Kredit für sein Geschäft aufnehmen wollte, half ihm anfangs sein Schwiegervater, der eine Baufirma betreibt. Doch der Weg dahin war alles andere als einfach. Erst nach langen bürokratischen Prozessen erhielt er die nötige Unterstützung der Bank, die ihm einen Betrag von 30.000 Euro (mit einigen Nachschüssen von 5.000 Euro) genehmigte, da er damals noch keine Sicherheiten hatte. Heute ist er seit über zehn Jahren schuldenfrei und hat den ursprünglichen Kredit über fünf Jahre hinweg abbezahlt. Bis sein Geschäft wirklich zum Laufen kam, vergingen ungefähr drei bis fünf Jahre, doch heute steht er mit seiner Goldschmiede Handkraft fest auf eigenen Beinen.
Der Jahresumsatz überschritt im letzten Jahr erstmals die 200.000-Euro-Marke. Diese Umsatzsteigerung hat am meisten mit den steigenden Goldpreisen und der Inflation zu tun, als Beispiel nennt Johannes seine beliebten Taufkettchen, deren Preis sich in den letzten Jahren von rund 70 auf 300 Euro gesteigert hat. Im Durchschnitt liegt der Jahresumsatz zwischen 160.000 und 180.000 Euro.
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Der endgültige Jahresgewinn bewegt sich aber zwischen 23.000 und 32.000 Euro. Diese Diskrepanz ist mit den hohen Einkaufspreisen für Edelmetalle und Edelsteinen zu erklären, auch das Gehalt seiner Frau und einzigen Mitarbeiterin Barbara Neff, das 1.800 Euro netto beträgt, ist hier inkludiert.
Ebenfalls müssen die Kosten für Werkzeuge und Maschinen, sowie deren Instandhaltung, gedeckt werden. Auf monatlicher Basis betrachtet, bleibt ein durchschnittlicher Gewinn von etwa 2.500 Euro übrig, allerdings schwankt dieser Betrag je nach Jahr. Gemeinsam haben sie pro Monat also ungefähr 4.600 Euro zum Leben. Eine Ausnahme bildeten die Corona-Jahre, in denen der Gewinn aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage auf 11.000 bis 18.000 Euro sank.
Könnte Johannes sich zwischen einem Angestelltenverhältnis und der Selbstständigkeit entscheiden, würde er ersteres wählen, zumindest aus finanziellen Gründen und der Altersvorsorge. Doch nach seiner Lehre fanden sich keine offenen Stellen, sodass er praktisch in die Selbstständigkeit gedrängt wurde. Heute ist er froh über diesen Schritt. „Ich bin sowieso lieber mein eigener Chef, denn wenn etwas schiefläuft, muss ich wenigstens nur mit mir selbst schimpfen“, meint er lachend. Seine Frau hat sich das Handwerk selbst beigebracht, da es für sie die ideale Möglichkeit war, mit Johannes ein gemeinsames Unternehmen zu führen und gleichzeitig die Familie zu versorgen. Am Anfang war das Leben mit vier Kindern, heute im Alter von 30, 22 und 20 Jahren (die Zwillinge), sowie mit zu wenig Geld alles andere als einfach. Eine kaputte Waschmaschine oder die Skikurswoche der Kinder bedeutete für die beiden eine finanzielle Katastrophe. Die 47-Jährige Barbara musste zusätzlich als Zimmermädchen arbeiten, bis sie sich die nötigen Fähigkeiten aneignete und so ihren Beitrag zum Unternehmen leisten konnte.
Der letzte Schliff: Präzisionsarbeit an einem Ring. (Foto: Julia Ehrensberger)
Johannes hat keine weiteren Nebeneinnahmen oder Immobilien, abgesehen von der 140 m² großen Wohnung in Leopoldskron, die das Paar von Barbaras Eltern geerbt hat. Dadurch entfallen Mietkosten, jedoch belaufen sich die Instandhaltungs- und Betriebskosten auf monatlich 750 Euro. Wenn es um wöchentliche Finanzen geht, übernimmt Barbara die Verwaltung. Johannes und seine Frau leben vegan und geben etwa 150 Euro pro Woche für Lebensmittel aus. Sie bevorzugen biologisches Gemüse und Getreide und vermeiden so gut es geht vegane Ersatzprodukte, die ihrer Meinung nach ungesund und teuer sind. Die beiden gehen nur selten essen, da es in Salzburg zu wenige gute vegane Restaurants gibt. Lieber wird zu Hause gekocht.
Doch was genau macht ein Goldschmied den ganzen Tag? Zunächst einmal repariert Johannes Schmuck. Besonders beliebt sind Arbeiten an hochwertigen Schmuckstücken. „Modeschmuck zu reparieren rentiert sich oft nicht, weil es in der Regel günstiger ist, etwas Neues zu kaufen“, erklärt er. Er lötet Goldketten und passt Ringgrößen an, was gerade für älteren Kunden wichtig ist, deren Finger sich mit der Zeit in Größe und Form verändern. Doch das eigentliche Herzstück seiner Arbeit sind die Spezialanfertigungen.
Der wahre Zauber beginnt, wenn Kunden ihre eigenen Wünsche und Ideen mitbringen. „Ein junger Kunde brachte beispielsweise einen Stein mit, den er am Strand gefunden hatte, und wollte ihn in einen Ring fassen lassen. Die Freude über das schöne Ergebnis führte dazu, dass er immer wieder kam“, erzählt Johannes.
„Die Altersgruppe meiner Kunden variiert je nach Auftrag. Eheringe oder Schmuck zu besonderen Anlässen wie Taufen sind häufig in der Altersgruppe zwischen 20 und 35 Jahren zu finden. Bei Spezialanfertigungen liegt der Altersbereich bei 35 bis 65 Jahren“, erklärt Johannes. Ab diesem Alter hört er oft den Satz: „Ich habe alles, was ich brauche, und trage es bis zum Ende.“ Der Preis für die verschiedenen Schmuckstücke variiert je nach Material, Gewicht und dem damit verbundenen Zeitaufwand. Jedes Stück wird mit einem individuellen Kostenvoranschlag versehen.
Seltener werdende Handwerkskunst: Feilen, Zangen und Bohrer im Atelier. (Foto: Julia Ehrensberger)
Die Konkurrenz in der Branche ist eher dünn gesät. Viele österreichische Juweliere haben sich mittlerweile auf den Einkauf von billigem Schmuck aus Asien spezialisiert und verkaufen ihn um ein Vielfaches teurer. Doch Johannes sieht das sehr kritisch. „Diese Entwicklung gefährdet die heimische Ausbildung, denn die Produktionsstätten für Schmuck sind mittlerweile in Billiglohnländer verlagert. So fehlen Ausbildungsplätze für Lehrlinge in Österreich“, erklärt er besorgt. Er selbst könnte keinen Lehrling ausbilden, da seine Arbeit so präzise ist, dass ein Auszubildender nur wenig dazu beitragen könnte.
„Früher wurden Schmuckstücke in Manufakturen selbst gegossen und die Gusszapfen von Hand abgeschnitten, der Vorteil hierbei waren auch die groben Arbeiten, bei denen sich der Lehrling Schritt für Schritt an die Kunst herantasten konnte“, erklärt Johannes. Heute bezieht er sein Material meistens über den Edelmetallhändler Ögussa in Wien. Er schickt seine Wachsmodelle dorthin und diese werden professionell gegossen. Den Rohguss bekommt er zurück und verarbeitet ihn dann weiter.
Johannes fährt einen VW Bus Camper, auch wenn er diesen nicht wirklich nutzt. Pro Jahr gibt er etwa 1000 Euro für die Instandhaltung und Reparaturen aus, meistens geht er jedoch zu Fuß oder fährt mit dem Fahrrad zur Arbeit. Doch der Bus ist ideal für den alljährlichen Roadtrip mit seiner Frau nach England, bei dem sie auch zusammen im Camper schlafen. Einmal im Jahr fliegt er auch mit alten Freunden nach Griechenland.
Johannes setzt sich regelmäßig für wohltätige Zwecke ein. Er unterstützt Organisationen wie die Dreikönigsaktion, diverse Tierschutzvereine, Greenpeace und Ärzte ohne Grenzen. Gemeinsam mit seiner Frau spendet er jährlich rund 1.000 Euro über das Geschäft sowie zusätzlich zwischen 500 und 800 Euro privat. Seine Liebe zu Tieren zeigt sich nicht nur in seiner Unterstützung für Tierschutzorganisationen und seiner Ernährungsweise, sondern auch in der Haltung seines Hundes Sussa, einer ehemaligen Straßenhündin, die er vor vier Jahren aus Ungarn gerettet hat. Für sie fallen monatlich etwa 100 Euro für Futter und den Tierarzt an.
In den letzten Jahren gab Johannes natürlich auch viel Geld für seine vier Kinder aus. Doch heute sind die Ausgaben für sie geringer, da die Älteren mittlerweile selbstständig sind und nur noch ein Sohn zuhause wohnt. „Es sind ziemlich günstige Kinder gewesen“, meint er, deswegen waren die laufenden Kosten vor allem, als sie noch klein waren, überschaubar. Geblieben sind vor allem Geschenke zu Weihnachten und Geburtstagen.
Der Lötbrenner im Einsatz. (Foto: Julia Ehrensberger)
Zu seinen Hobbys zählt Johannes auch das Apnoe Tauchen. Einmal pro Woche trainiert er im Hallenbad in Rif, wofür er 80 Euro im Jahr für die Mitgliedschaft bezahlt. Auch die benötigte Ausrüstung, zu der ein Neoprenanzug, diverse Schnorchel mit Masken, Bleigürtel, eine Tauchuhr mit Tiefenmesser und Co. gehört, kostet einiges. Allein eine spezielle Carbon-Flosse, die auch zu seinem Equipment gehört, kann bis zu 450 Euro betragen. Momentan bildet er sich zudem zum Freitauchlehrer weiter. Die gesammelten Kosten für das ungewöhnliche Hobby schätzt er auf 1000 Euro im Jahr.
Mit seinem 15 Jahre alten Mountainbike fährt er auch gerne längere Touren und genießt die Salzburger Berge. Seine Musikvorlieben? Rock und Punk! Besonders Bands wie Bipolar Feminin, The Leftovers und Endless Wellness haben es ihm angetan. Deren Konzerte besucht er gerne, wenn sie denn stattfinden. Des Öfteren lässt er seine langen Arbeitstage auch gerne in der ARGEkultur oder im Rockhaus Salzburg ausklingen.
In seiner Wohnung hängen vor allem Werke des Salzburger Künstlers Günter Konrad. Der vielseitige Kunstgeschmack von Johannes reicht von klassischen Stillleben bis hin zu modernen Digital-Art-Motiven. „Je nachdem was mich berührt und abholt“, wie er erklärt. Einige der Werke hat er für 500 Euro erstanden, welche einen wertvollen Akzent der Kunst in seinem Leben setzen.
Die Pension wird eher mager ausfallen, denn er hat nur die Mindestpension zu erwarten. Er will zwar in Zukunft mehr einzahlen, aber braucht generell nicht viel zum Leben. Mit einem optimistischen Lächeln sagt er: „Ich gehe in Rente, wenn ich wirklich nicht mehr arbeiten kann oder will.“ In der Vergangenheit hatte er eine private Rentenversicherung, die er sich aber wegen der Kinder auszahlen ließ, da das Geld sonst nur ungenutzt auf dem Konto geblieben wäre. Finanzielle Ziele verfolgt er keine großen, möchte sich aber handwerklich immer weiter verbessern. Er ist mit seinem Einkommen momentan zufrieden und fühlt sich ausreichend versorgt.
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