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Händler misstrauen der neuen Mirabell-Mozartkugel

Es ist, als kämen Schweizer Uhren aus Taiwan: Die neue Mirabell-Mozartkugel läuft in Polen oder Tschechien vom Band und viele Süßwaren- und Souvenirhändler wollen das ihrer Kundschaft nicht antun.
Max Langer  •  8. April 2025 CvD    Sterne  446
Von der „echten Salzburger Mozartkugel“ zur „echten Mirabell Mozartkugel“: Geschrumpft, aus Polen oder Tschechien aber zum gleichen Preis. (Foto: APA)
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Ein sonniger, aber kühler Tag in der Salzburger Altstadt. Durch die Getreidegasse schlendern asiatische und spanische Touristen. Sie stöbern in den Läden und kaufen Mitbringsel für Verwandte daheim. Mozartkugeln dürfen da nicht fehlen. Besonders beliebt sind die „echten Salzburger Mozartkugeln“ von Mirabell. Bloß gibt es die in der bekannten Form und mit diesem Namen bald nicht mehr. Die in den Regalen und an den eigens dafür aufgestellten Karton-Ständern mit Mozart-Konterfei sind nur noch Restbestände.

Made im Ausland

Der bisherige Hersteller, die Firma Salzburg Schokolade, hat ihr Werk im Salzburger Grödig geschlossen. Neuer Eigentümer der Marke ist der US-Konzern Mondelez, der mit Snacks und Süßwaren unter seinem früheren Namen Kraft Foods bekannt wurde und weltweit mehr als 33 Milliarden Dollar Jahresumsatz erzielt.

Wo Mondelez das Konfekt aus Schokolade, Marzipan und Nougat in Zukunft vom Band laufen lässt, wollen sie nicht sagen. Laut campus a-Recherchen sollen die neuen Mirabell Mozartkugeln aus Polen kommen, zumindest verlautet das in einem Manner-Laden in Wien. Die Kronenzeitung will Hinweise auf Tschechien haben. In beiden Ländern betreibt Mondelez eigene Produktionsstätten.

Die neuen Mozarttaler, ein Produkt des gleichen Hauses, sind zwar schon da, aber auch deren Verpackung gibt keine Auskunft über ihre Provenienz. „Interessanterweise ist das Herkunftsland darauf nicht angegeben“, sagt eine Salzburger Händlerin. Fix ist nur: Aus Salzburg kommen die „echten Salzburger Mozartkugeln“ künftig nicht mehr, weshalb sie nur noch „echte Mozartkugeln“ heißen werden.

Gut getarntes Sparpaket

 Im Zuge der Umbenennung verringerten die Mondelez-Produktstrategen auch gleich die Größe der Kugeln. Gleicher Preis, weniger Gewicht, mehr Rendite, so die simple Rechnung der Amerikaner, die zuletzt mit 90.000 Mitarbeitern rund 5 Milliarden Euro Jahresgewinn erzielten. Mit einem Plus an Pomp bei der Verpackung versuchen sie, über die Kugelschrumpfung hinwegzutäuschen. Statt in durchsichtigem Zellophan stecken die Kugeln von nun an in einem roten Papiersack. Ein gut getarntes Sparpaket also.

Mozart go home

In der ersten Aprilwoche sollten die runderneuerten Süßwaren in den Handel kommen, weshalb sich campus a in der Mozartkugel-Meile Nummer 1, der Salzburger Getreidegasse, auf die Suche machte. Zunächst geriet die allerdings zu einer Enttäuschung. Die Händler winken ab. „Wir verkaufen erst einmal die Lagerbestände ab“, sagen fast alle.

Es ist offenbar noch genug da, und beim Nachbezug sind viele vorsichtig. Denn wie fair ist es, Touristen ausgerechnet in der Stadt Salzburg, die sich wie keine andere über Mozart und Authentizität definiert, Billig-Souvenirs made im Ausland zu verkaufen? Das wäre so, wie wenn Schweizer Uhren aus Taiwan kämen.

Viele Souvenirhändler zeigen sich dementsprechend loyal gegenüber ihrer Stadt und ihren Kunden. Sie ärgern sich unter anderem, dass Mondelez trotz niedrigerer Herstellungskosten beim hohen Verkaufspreis bleibt. „Warum sollten wir die Mirabell-Kugeln aus dem Ausland kaufen, wenn wir für den gleichen Preis 16 statt 8 Kugeln eines österreichischen Herstellers bekommen?“, fragt eine Händlerin. Wenn das Original keins mehr ist, so der Tenor, müsse der Preis sinken.

Die Wiener Süßwaren- und Souvenirhändler sehen das ähnlich, ziehen aber teils härtere Konsequenzen. „Ich sehe nicht ein, warum wir dieses Produkt noch führen sollen“, heißt es etwa im Schoko Laden am Schwedenplatz. „Wir verkaufen den Lagerstand ab und das wars dann mit der Mirabell Mozartkugel bei uns.“

Touristen wittern Falle

Nach vielen Medienberichten über das Ende der Herstellung in Salzburg ist auch die Kundschaft verunsichert. „Touristen fragen nach, ob das noch die echten Salzburger Mozartkugeln sind“, erzählt Tobias Kober vom Souvenirladen Gift & Things in der Salzburger Judengasse. Vor allem Deutsche wollen das Salzburger Original haben. „Wir kaufen vorsichtig ein und schauen, wie sich das entwickelt“, so der Chef des kleinen Familienbetriebes.

Kober empfängt Touristen in seinem SouvenirshopTobias Kober, Souvenirhändler in Salzburg: „Die Kundschaft ist verunsichert und fragt, ob das bereits die neuen Mozartkugeln sind.“ (Foto: Max Langer)

Die Konkurrenz profitiert

Unter manchen Mozartkugelkennern gelten ohnedies nur die der Marke Fürst als echt. Handgefertigt vor Ort und verpackt in typischem Silber und Blau sind sie bei Touristen besonders beliebt. Auch der Wiener Süßwarenhersteller Manner könnte von der neuen Produktstrategie von Mondelez profitieren. Seine Mozartkugeln liegen unter dem Markennamen Victor Schmidt in den Regalen der meisten Souvenirläden, sind in Österreich hergestellt und vergleichsweise günstig.

Dazu könnten neue Anbieter auf den Markt drängen. Schließlich ist der Begriff „Mozartkugel“ nicht geschützt. Als ihr Erfinder gilt Carl Schatz, Gründer der Konditorei Schatz in der Salzburger Altstadt. Die bietet neben Cremeschnitten, Apfelstrudel aus der Pfanne oder dem Schatzkipferl nach wie vor handgemachte Mozartkugeln an. Die gehören allerdings zu den teuersten der Stadt.

Ein Hit dürfte die Kugel jedenfalls bleiben. „Manche Touristen stopfen ihre Rucksäcke damit voll“, erzählt eine Händlerin. In Zukunft womöglich mit etwas weniger Kugeln mit dem Aufdruck Mirabell.

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