
Die meisten Menschen verbinden Kreativität mit Kunst, Musik und Erfindungen. Doch sie lässt sich auch auf düstere Weise nutzen. Wer fantasievoll darüber nachdenkt, wie er jemandem etwas heimzahlen könnten, ohne es je in die Tat umzusetzen, ist malevolent kreativ. Genau hier setzt die Forschung von Corinna Perchtold-Stefan an, Privatdozentin am Institut für Psychologie der Universität Graz.
Die 37-jährige Wissenschaftlerin beschäftigt sich mit der Fähigkeit, auf kreative Weise Böses zu denken. „Kreativität ist nicht per se etwas Positives. Es kommt darauf an, welchem Ziel wir sie unterordnen“, sagt Perchtold-Stefan im Gespräch mit campus a. Ihre Forschung zeigt: Starke negative Emotionen wie Wut, Enttäuschung oder soziale Zurückweisung können selbst bei „normalen Menschen“ Rachegedanken und damit malevolente Kreativität auslösen.
Dabei geht es nicht zwingend um strafbare Handlungen. Vielmehr können sich diese Gedanken in subtileren Formen äußern, etwa durch gezieltes Mobbing, kreative Schikane oder perfide Strategien in der digitalen Welt. Gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sei dieses Verhalten verstärkt zu beobachten. „Nur dazu fähig sein, sich böse kreative Ideen in der Theorie auszudenken, ist noch kein Verbrechen. Problematisch wird es erst, wenn wir sie umsetzen“, sagt sie.
Die 37-jährige Perchtold-Stefan interessiert das Thema seit ihrer Kindheit. In einer Studie machte sie nun eine interessante Entdeckung: Wer häufig fiktionale Horrorfilme sieht, ist besser in der Entwicklung bösartiger Ideen. Bei ihrer Untersuchung von True-Crime-Fans war es umgekehrt. Offenbar fördern blutige Fantasiewelten eher das kreative Denken in dunkle Richtungen als wahre Verbrechen, bei denen das Publikum eher Empathie entwickelt und sich sensibilisiert.
„Ob fiktionale Gewalt tatsächlich malevolente Kreativität fördert, oder ob es eher umgekehrt ist, dass malevolent kreative Menschen gerne Horrorfilme sehen, ist noch unklar. Das wird ein Thema für zukünftige Studien sein“, sagt Perchtold-Stefan.
Eine weitere groß angelegte Studie der Wissenschaftlerin im Strafvollzug ergab, dass Häftlinge über keine besonders hohe malevolente Kreativität verfügen. „Wären sie besonders kreativ, wären sie vermutlich nicht gefasst worden“, meint Perchtold-Stefan mit einem Schmunzeln. „Diejenigen, die eine böse Kreativität in sich haben, sind unter uns.“
Für Perchtold-Stefan ist dieses Forschungsfeld mehr als ein Job. Schon immer habe sie sich gefragt, was Menschen zu bösen Taten antreibt und wie sich finstere Gedanken entwickeln. Heute verbindet sie diese Neugierde mit fundierter psychologischer Forschung und bringt damit Licht in die dunklen Winkel der menschlichen Seele.
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