
2021 gründete Melisa Erkurt Die Chefredaktion, die ausschließlich auf TikTok und Instagram aktiv ist. Die Redaktion zählt zu den jüngsten in Österreich. Ihr Ziel: Jugendliche und Menschen mit Migrationshintergrund zwischen 14 und 24 Jahren mit hochwertigem Journalismus zu erreichen.
Erkurt legt großen Wert auf Transparenz. Sie will zeigen, wie Geschichten entstehen. Die Chefredaktion machte sich Anfang 2021 einen Namen durch ihre Berichte über die Abschiebung der damals zwölfjährigen Schülerin Tina T. Mit Formaten wie Video-Reportagen, Live-Berichten und Erklärvideos erreicht der Kanal täglich 73.300 Menschen auf Instagram und 23.000 auf TikTok.
Derzeit kämpft Die Chefredaktion ums Überleben. Bis 2024 war sie Teil des biber-Verlags, blieb redaktionell jedoch unabhängig. Nach der Einstellung des biber-Magazins kündigte der Verlag die Zusammenarbeit. Seitdem erhält Die Chefredaktion keine Presse- oder Medienförderung mehr. Die Redaktion finanziert sich nun durch Werbung, Kooperationen mit Partnern wie der Arbeiterkammer oder dem Tanzquartier Wien sowie durch ein Abo-Modell über die Plattform Steady. Auf Instagram bittet die Redaktion: „Wir brauchen 2.000 Steady-Abos, um unsere Zukunft nachhaltig zu sichern, die Zukunft von jungem und diversem Journalismus.“
Als eines von vielen Medien konzentriert sich Die Chefredaktion auf ein Publikum, das von Print und TV nichts mehr wissen will. Etablierte Medien wie der ORF oder die Wiener Zeitung mischen mit, um eine Zukunft zu haben, aber auch junge Medien, die sich ihre Reichweite erst aufbauen müssen, sind dabei. Wer ist wie gut?
Seit September 2022 sendet wien.stabil regelmäßig Live-Videos auf TikTok, Instagram und YouTube. Die journalistische Unterhaltungssendung gehört zum Digitalverlag hashtag. Der Verlag entwickelt Formate von und für junge Menschen und will digitale Medien mit klassischem journalistischem Handwerk verbinden. Auftraggeber sind unter anderem der ORF, die Wiener Zeitung und die Stadt Wien.
„Ein Ensemble aus jungen Journalistinnen und Influencern macht Handy-Fernsehen für junge Leute. Live. Täglich. Gottlos. Mal journalistischer, mal unterhaltsamer, aber stets interessant, jung, professionell“, beschreibt hashtag-Gründer Stefan Apfl das Format. Die Content-Creator Maks und Safiye führen durch die Sendung, analysieren, informieren und interviewen in kurzen Clips. Auf TikTok erreichen sie täglich 10.000 bis 20.000 Zuschauer, insgesamt verzeichnet der Kanal mehr als 20 Millionen Aufrufe. Die Stadt Wien fördert wien.stabil über die Wiener Medieninitiative, der Rest kommt aus dem Budget des Verlags.
Die Wiener Zeitung ist ein Beispiel für den Rückzug von Print. Seit Juli 2023 erscheint das traditionsreiche Medium ausschließlich online. Es bleibt unabhängig und öffentlich-rechtlich. Der Schwerpunkt liegt weiterhin auf kritischem Journalismus, ergänzt durch Daten- und lösungsorientierten Journalismus. Besonders Statistiken und Analysen von Einrichtungen wie Statistik Austria stehen im Fokus. Die Redaktion wendet sich vor allem an Menschen zwischen 20 und 30 Jahren.
Das Moment Magazin ist ein weiteres Online-Angebot für ein junges Publikum. Chefredakteur Tom Schaffer erklärt im Interview mit dem Standard: „Unsere Mission ist es, Ungerechtigkeiten zu kritisieren, Probleme zu erklären, Lösungen aufzuzeigen und Menschen sprechen zu lassen, über die öffentlich sonst nur andere sprechen.“ Das Magazin berichtet über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Es finanziert sich durch Spenden und freiwillige Mitarbeit. Auf Instagram erreicht das Medium mehr als 101.000 Follower mit Erklär- und Informationsvideos.
Auch klassische Medien wie Zeit im Bild nutzen soziale Netzwerke. Der ORF bespielt Formate wie ZiB 1, ZiB oder ZiB Flash über Plattformen wie TikTok und Instagram. Der Journalist Armin Wolf betreut die Social-Media-Kanäle der ORF-Newsredaktion. „Für junge Menschen in Österreich ist die ZIB auf Instagram eine der wichtigsten Nachrichtenquellen überhaupt“, sagt er. Der Kanal zählt mehr als eine Million Follower. Auf TikTok folgen ihm 594.000 Menschen. Die Jung-Journalisten Ambra Schuster und Idan Hanin erstellen dort Inhalte in Form von Kurzvideos. Für Kinder zwischen sechs und zehn Jahren gibt es das Format ZIB Zack Mini, das Fanny Stapf moderiert. Stapf ist auf TikTok und Instagram auch mit eigenen Formaten präsent.
Der Standard hat sich ebenfalls in sozialen Netzwerken etabliert. Die 1988 gegründete Tageszeitung hat auf TikTok 162.000 Follower, auf Instagram 447.000. Auf YouTube zählt Der Standard 88.800 Abonnenten, mehr als Zeit im Bild, die dort 51.000 Abonnenten erreicht.
Der Kampf um das junge Publikum bleibt hart. Ganz im Sinne des digitalen Wandels der Medien hat sich auch bei Der Chefredaktion seit der Neugründung vor einem Jahr viel verändert. Das zeigen sie Anfang März in einem Rückblick-Video auf Instagram, als Zusammenschnitt der Meilensteine des vergangenen Jahres.
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