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Erfolgsseiten einer kleinen Buchhandlung

Im September 2021 öffnete das Döblinger Büchercafé erstmals seine Türen in der Heiligenstädter Straße. Für die Besitzerin ist es ein Herzensprojekt.
Julia Roušal  •  27. Mai 2025 Volontärin    Sterne  138
Lesewelt im 19. Wiener Gemeindebezirk: Als erstes fällt in dem Geschäft die bequeme Atmosphäre auf, direkt gefolgt von der großen Anzahl an Kinder- und Jugendbüchern. (Foto: Edith Müller)
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Schon als Kind war Edith Müller, die Besitzerin des Döblinger Büchercafes, immer von Büchern umgeben. Ihre Mutter sammelte Bücher der Autorin Mira Lobe, wodurch bei Edith laut eigener Aussage so etwas wie eine „Büchersucht“ entstand. Bei Mutter und Tochter entwickelte sich nach und nach die Idee, ein eigenes Buchgeschäft zu eröffnen. Durch den Wunsch nach kreativer Verwirklichung neben des eigentlichen Jobs – Edith arbeitet in der Pflege – angetrieben, war bald ein geeigneter Standort gefunden. „Wir haben uns das eingebildet und dann einfach gemacht“, beschreibt Edith ihre Herangehensweise. An ihrem Job schätzt sie besonders das Wissen, jemandem mit einer Buchempfehlung eine Freude bereitet zu haben. „Ich find das so schön zu wissen, das steht dann bei jemandem im Bücherregal.

Philosophie

Als erstes fällt in dem Geschäft die bequeme Atmosphäre auf, direkt gefolgt von der großen Anzahl an Kinder- und Jugendbüchern. Auf diese legt Edith auch viel Wert, gerade die Kinderbücher hat sie alle gelesen und kann persönliche Empfehlungen aussprechen. Dennoch ist es natürlich möglich, hier Bücher jeglicher Art zu bestellen: Sach- und Fachbücher, Liebesromane, Krimis, Tourguides, was das Herz begehrt. Zudem sind im Büchercafé auch viele unbekanntere, kleinere Autoren vertreten.

Vielleicht kann ich irgendwann sagen, den Bestseller als Erste in meiner Buchhandlung gehabt zu haben!

Die Unterstützung weniger bekannter Autoren, sowie der Fokus auf Diversitätsliteratur sind wichtig, findet Edith. Zusätzlich gibt es eine eigene Auslage für Bücher von Autoren aus dem Bezirk, die Döbling-Auslage. Die Besitzerin des Büchercafés kommentiert dies mit: “Die Döblinger lesen gerne über ihren Bezirk!

Buchhandlung – Kaffeehaus – Seelsorge

Das Büchercafé nehmen die Döblinger im Allgemeinen sehr gut auf. Während sich viele über das, mittlerweile nicht mehr ganz so neue, Buchgeschäft freuen, gibt es doch wenige, denen die Veränderung nicht zusagt. Das stört Edith nicht, sie kommentiert dies nur mit einem knappen “Jede Werbung ist gute Werbung”. Der Schanigarten vor dem Geschäft zieht seit kurzem auch eine Laufkundschaft an. Einige kommen nur um Kaffee zu trinken und um mit jemandem zu plaudern. Der Wunsch zusätzlich auch noch Cupcakes zu verkaufen ist derzeit nicht möglich, befindet sich jedoch in den Zukunftsplänen. Momentan lebt das Geschäft größteils von einer Stammkundschaft, nach und nach werden aber mehr Menschen darauf aufmerksam. Nicht selten kommen mittlerweile Kunden, die mit dem Bus vorbeigefahren sind, und aufgrund des Schanigartens auf das Büchercafé aufmerksam geworden sind. Die Ästhetik ist sehr wichtig, ein schönes Geschäft besuchen Vorbeispazierende eher. Eine persönliche Beratung ist für Edith essentiell, gerade diese individuelle Note des Geschäfts hilft dabei, sich von großen Konzernen abzuheben.

Die Buchhandlung mit einem kleinen Tisch auf dem ein Kaffeehäferl stehtIn dem Buchgeschäft kann ist es möglich es sich mit einem Häferl Kaffee bequem machen, die zu Bücher bestaunen und dabei beraten zu werden. (Foto: Edith Müller)

Verwirklichung eines Traums

Für all jene, die selbst eine Buchhandlung eröffnen wollen, hat Edith ein paar Hinweise. Es ist nicht leicht ein solches Geschäft zu eröffnen, die Konkurrenz durch den Online-Handel und große Ketten ist groß. Gerade bei kleineren Geschäften kommt es auch immer wieder zu längeren Wartezeiten bei Bestellungen, schließlich kann nicht jedes Buch im Lager vorrätig sein. All jene, die sich den Traum eines eigenen Buchgeschäfts erfüllen möchten brauchen laut Edith vor allem eines: Geduld. Die Wirtschaftskammer rät fünf Jahre einzuplanen, bis sich die Eröffnung eines solchen Unternehmens selbst trägt. Doch auch das geschieht nicht einfach von selbst. Das Büchercafé hat klein begonnen, zunächst waren die Öffnungstage auf Freitag und Samstag beschränkt. Schritt für Schritt war es möglich, auf Montag bis Samstag zu erweitern. Ohne einen “Nebenjob” ist ein solches Unterfangen nicht möglich. Edith selbst arbeitet derzeit noch als Pflegekraft.

„Es ist wichtig, dass man sich zeigt und erzählt.“

Als Mitglied des Verbands “Gemeinsam für Döbling” ist Edith mit ihrem Büchercafe immer wieder an Lesungen, Flohmärkten und anderen Veranstaltungen beteiligt. Mundpropaganda ist auch heute noch von großer Bedeutung. Dennoch muss man auch mit der Zeit gehen, eine Online-Präsenz auf Sozialen Medien trägt ebenfalls zum Bekanntheitsgrad des Geschäfts bei.

„Jeder mag Bücher“

Das Büchercafé hat nun seit vier Jahren in Döbling geöffnet und trägt sich mittlerweile selbst. Damit ist Edith den Einschätzungen der Wirtschaftskammer voraus, das Geschäft läuft gut. Auf die Frage, welche Zukunftswünsche sie hat, entgegnet sie den Wunsch die ganze Woche ganztags geöffnet zu haben. “Eine tolle italienische Kaffeemaschine”, folgt noch als nachträglicher Wunsch. Alles in allem ist sie aber sehr zufrieden, denn jeder Schritt, den sie beim Aufbau des Büchercafés gegangen ist hat sehr gut funktioniert. Das Büchercafé in Döbling ist somit eine klassische Erfolgsgeschichte. Edith hat ihre Vision zur Realität gemacht, sie besitzt diese Kombination aus Buchhandlung und Kaffeehaus, von der viele nur träumen. Das Büchercafé in Döbling ist mehr als nur eine Buchhandlung – es ist der lebende Beweis, dass sich Herzensprojekte mit Leidenschaft, Konzept und Ausdauer lohnen.


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