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Salzburger Festspiele: Frauenquote bleibt enttäuschend

Wenn sich die kulturelle Elite Europas in Salzburg versammelt, um dem Jedermann zu lauschen, scheinen Frauen in der künstlerischen Chefetage keinen Platz zu haben. Eine hundertprozentige Männerquote bei Regie und Autorschaft im Sprechtheater 2024 spricht Bände. Und 2025? Die Bilanz bleibt ernüchternd.
Julia Ehrensberger  •  14. Juli 2025 Redakteurin    Sterne  460
Bernadette Krassay  •  14. Juli 2025 CvD    Sterne  858
Die Salzburger Festspiele 2024 in der Hofstallgasse. (Foto: Andreas Kolarik)
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Vergangenes Jahr setzte es Kritik. Im Sprechtheater der Salzburger Festspiele 2024 standen Regie und Textbuch ausschließlich in Männerhand. Auch in der musikalischen Leitung dominierten Männer. Die Frauenquote hinter der Bühne war enttäuschend niedrig. Diesem Thema widmeten sich Pia Janke und Sara Leitner 2024 im Buch „JederMann-KeineFrau“.

Janke ist Germanistik-Universitätsprofessorin und zeigt sich über die erneute niedrige Frauenquote enttäuscht: „In diesem Jahr gibt es lediglich eine Dirigentin, und bei der Regie ist weibliche Beteiligung nur im Bereich der Kinderoper zu finden. Das ist wirklich minimal.“

In der Programmatik der Festspiele fehle der Ansatz, Gleichstellung, Diversität oder die gezielte Förderung von Frauen als zentrales Anliegen zu verankern. Diese Fragen seien im Selbstverständnis der Institution bisher nicht präsent.

Hoffnung mündet in Enttäuschung

Die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema nährte die Hoffnung vieler Künstlerinnen, es könnte sich heuer etwas ändern. campus a hat nachgefragt. Ein Blick ins aktuelle Programm ist ernüchternd. Von einer Trendwende kann keine Rede sein.

Im Sprechtheater 2025 führen erneut ausschließlich Männer Regie. Ausschließlich Männer haben die Stücke verfasst. In der Opernregie sieht es ähnlich aus. Teodor Currentzis, Peter Sellars und Barrie Kosky sind zwar große Namen, aber durchwegs männlich. Nur im Bereich der Kinderoper führen zwei Frauen Regie.

Eine Pressesprecherin der Salzburger Festspiele weist die Kritik zurück und stellt für eine nicht näher definierte Zukunft ein Gespräch mit einem Verantwortlichen in Aussicht. 

Intendantin gab es noch nie

Eine Intendantin gab es bis dato noch nie. Von den insgesamt 59 Festrednern in der Geschichte der Festspiele waren gerade einmal vier weiblich. In diesem Jahr wird Anne Applebaum die Fünfte sein. Immerhin. „Schauspielerinnen und Sängerinnen hat es immer gegeben, doch das Problem liegt bei den Entscheidungspositionen und im schöpferischen Bereich“, sagt Pia Janke.

Zwar gab es mit Bettina Hering als Schauspielchefin einen Lichtblick, doch strukturell bleibt das Engagement überschaubar. Ein wirkliches Bewusstsein für die Genderfrage gibt es bisher nicht.

Versuche zum Wandel bleiben punktuell

Von 1920 bis 2025 waren die Uraufführungen zu 89,6 Prozent in männlicher Hand, zu 6,9 Prozent in weiblicher und zu 3,5 Prozent in gemischten Teams. Fünf Männer waren es 1920, die die Salzburger Festspiele dazumal gründeten, allesamt Vertreter einer elitären, konservativen Kulturvorstellung. Der Dichter Hugo von Hofmannsthal, einer der geistigen Väter, verstand Kunst als Ausdruck des Edlen und Erhabenen, eine Vorstellung, die mit traditionellen Rollenbildern einherging. Frauen waren in dieser Vision vor allem Darstellerinnen, kaum Schöpferinnen.

Dieses Denken hat sich strukturell bis heute gehalten. Die Leitung blieb über Jahrzehnte männlich geprägt. Die Präsidentin der Festspiele, Kristina Hammer, hat formal eine hohe Position, doch die künstlerische Gesamtverantwortung liegt weiterhin beim Intendanten Markus Hinterhäuser, ein bestens vernetzter Klassikbetrieb-Insider. Janke sagt: „Der männliche geprägte Gründermythos wirkt bis heute fort, wurde nie, bis auf die Intendanz von Gerard Mortier, hinterfragt und wird stetig weiter tradiert.“

Pia Janke veranstaltet dieses Jahr mit der Universität Mozarteum und der Universität Salzburg eine dreitägige Veranstaltung zu diesem Thema. Das Projekt Frauen*Festspiele.Salzburg das von 15.8 bis 17.8.2025 stattfindet, kooperiert mit dem Archiv der Salzburger Festspiele und zielt darauf ab, einen neuen Diskurs anzustoßen.

„Wir bemühen uns auch um den Dialog mit der Intendanz. Wir laden sie regelmäßig ein, so auch diesmal. Leider haben sie aus Zeitgründen abgesagt“, so Janke. Präsidentin Kristina Hammer lehnte eine Teilnahme ebenfalls ab.


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2 Kommentare
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