Sie bauten sich ein Nest. Aus Bechern. Auf einem Steg. Ganz ohne weibliche Beteiligung. Detlef und Erich waren ein männliches Schwanenpaar, das sich in aller Öffentlichkeit liebte, und das mit solcher Entschlossenheit, dass Schwimmer kaum an ihnen vorbeikamen. Die beiden wurden zu lokalen Stars. Kinder malten sie. Ältere Herren diskutierten über ihre Treue. Ein Lokalpolitiker wollte das Nest schützen lassen. Die Medien sprachen von „Sommerliebe mit Haltung“. Am Ende brachte man das Paar in ein Tierheim. Aber ihre Geschichte blieb.
Es wirkte entschlossen, fast souverän, wie es da über die Autobahn schritt. Kein Hupen, kein Blaulicht, kein Stau brachte das Tier aus dem Takt. Das Zebra war aus einem Zirkus entwischt, doch davon ließ es sich nichts anmerken. Es überquerte die A1 bei St. Pölten mit der Haltung eines Verkehrssicherheitsbeauftragten auf Safari. Die Polizei rückte aus, ein Tierarzt brachte es sanft zur Ruhe, und der Verkehr floss bald wieder. Doch das Video vom schwarz-weiß gestreiften Verkehrsteilnehmer blieb und verbreitete sich rascher als jede Regierungsaussendung.
Fritzi lebte eigentlich im Tierpark Mautern. Praktisch lebte er ab Juli 2015 fünf Wochen lang in den umliegenden Wäldern, während Pfleger, Jäger, Medien und sogar ein Suchtrupp aus Deutschland versuchten, ihn wiederzufinden. Er fraß sich durchs Hühnerangebot der Region, wich allen Ködern aus und ließ sich von Wildkameras ablichten, wie ein Promi auf Paparazzi-Diät. Als man ihn schließlich betäubte, wirkte er keineswegs reuig. Er gähnte. Man sprach von einem „Ausreißer mit System“. Und während draußen über Asylquoten gestritten wurde, redete im Sommer 2015 ganz Österreich lieber über Fritzi.
Im Juli 2018 meldeten Badegäste im Latumer See in Niederösterreich Anakondas im Wasser. Die Meldung stellte sich später als übertrieben heraus. Dennoch sah das Sommerloch in den Medien den exotischen Horror im heimischen Naturidyll.
Wer morgens ahnungslos seine Toilette benutzt, rechnet selten mit Gesellschaft. Ein Mann aus Breitenfurt erlebte im August 2021 eine Ausnahme. Als er in den Spülkasten griff, blickte ihm eine Äskulapnatter entgegen. Sie lag dort vermutlich schon länger, vielleicht auf der Suche nach einem kühlen Ort oder einem literarischen Scherz. Die Feuerwehr rückte aus, das Tier wurde entfernt, der Mann erzählte die Geschichte noch Monate später bei jeder Gelegenheit. Die Schlagzeilen sprachen von einem „Reptil im Sanitärbereich“, aber eigentlich war es ein tierisches Missverständnis mit perfektem Timing.
Am 5. Juli 2021 spürte ein 65Jähriger beim Toilettengang ein merkwürdiges „Zwicken“. Eine Albino-Netzpython biss ihn leicht in den Genitalbereich. Die Schlange war aus der Wohnung seines Nachbarn entkommen. Einsatzkräfte befreiten ihn und reinigten den Python. Der Halter erhielt Anzeigen wegen fahrlässiger Körperverletzung.
Ein Kamel fuhr durch Wien. Angeblich. Das Video zeigte es in der Straßenbahn, stoisch, stumm, zwischen zwei älteren Damen mit Einkaufstaschen. Die Szene verbreitete sich rasend schnell. Medien griffen sie auf, manche kommentierten sie ernsthaft. Erst später stellte sich heraus: alles inszeniert. Eine Satireseite hatte das Ganze produziert. Kein echtes Kamel, keine echte Bim, keine echte Nachricht. Aber es störte niemanden. Denn die Geschichte war einfach zu gut, um nicht zu glauben. Und im Sommer muss nicht alles stimmen, denn es reicht, wenn es wirkt.
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