Der ständige Vergleich mit dem deutschen Markt rückt Österreich als europäischen Inflationsbrennpunkt ins Licht und verursacht landesweit Debatten. Vergeblich suchten die Österreicher bisher nach den Schuldigen für die hohe Preislage. Doch trotz der Inflation wirken die österreichischen Preise im Vergleich zum europäischen Spitzenreiter, der Schweiz, beinahe günstig.
Während viele Österreicher dem nächsten Supermarktbesuch mit Bauchweh entgegengehen, würde ein Einkauf bei den Schweizer Nachbarn heimische Konsumenten wohl in Schockstarre versetzen. Laut dem Statistischen Amt der Europäischen Union, Eurostat, lag 2024 das generelle Schweizer Preisniveau 84,3 Prozent über dem EU-Schnitt. Für Lebensmittel mussten die Schweizer circa 58,5 Prozent mehr bezahlen als Konsumenten in der EU und rund 40 Prozent mehr als ihre österreichischen Nachbarn.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit verglich campus a die Preise verschiedener Produkte in den Online-Shops österreichischer und schweizerischer Lebensmittelmärkte. Egal ob Discounter oder Supermarkt, die Schweizer Produkte fielen stets teurer aus.
Besonders bei Grundnahrungsmitteln war der Unterschied spürbar. Eine Schachtel Eier aus Bodenhaltung war in der Schweiz bisweilen 70 Prozent teurer als in Österreich. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei Butter, Fleisch und Mehl. Während Billa, Spar und Hofer hierzulande ihr billigstes Kilo Weißmehl für 75 Cent verkaufen, verlangen Coop und Migros jeweils einen Franken. Das entspricht nach aktuellem Wechselkurs einem Euro und sieben Cent und damit fast dreißig Prozent mehr. Die Discounter Lidl und Aldi lagen mit 99 Rappen, dem schweizerischen Pendant zum Cent, geringfügig darunter.
Ins Auge stach außerdem der Kanister Flüssigwaschmittel von Ariel für 80 Waschgänge, der in Österreich zwischen 15,99 Euro bei Hofer und 16,99 Euro bei Spar kostete. In der Schweiz boten die Supermärkte Coop und Migros den gleichen Kanister für jeweils 25,90 Franken an, allerdings nur, weil er aktuell um fünfzig Prozent reduziert war. Der reguläre Preis betrug umgerechnet 55,35 Euro, also mehr als das Dreifache des österreichischen Gegenstücks.
Für Österreich suchte campus a nach den jeweils billigsten Angeboten in den Online-Shops von Billa, Spar und Hofer. Für die Schweiz waren es die Online-Shops von Coop, Migros, Aldi und Lidl. (Foto: Robert Gafgo)
Die hohen Lebensmittelpreise setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen. Die Schweiz ist ein wirtschaftlich schwer zugängliches Land, umgeben von EU-Mitgliedern. Hohe Einfuhrzölle schützen den Binnenmarkt vor günstigeren Importen. Zum Schutz der heimischen Landwirtschaft erhebt die Eidgenossenschaft auf Agrarprodukte hohe Abgaben.
Das höhere Durchschnittseinkommen der Schweiz treibt die Preise zusätzlich. Während das mittlere Einkommen in Österreich bei rund 1.892 Euro netto liegt, gehen die durchschnittlichen Schweizer am Ende des Monats mit knapp 5.100 Schweizer Franken netto nach Hause, umgerechnet rund 5.462 Euro.
Hinzu kommen Faktoren wie strengere Qualitätsvorgaben, höhere Produktionsstandards sowie die stark konzentrierte Handelsstruktur. Wenige große Player dominieren den Schweizer Lebensmittelmarkt, allen voran Coop und Migros. Anders als innerhalb der EU ist der Konkurrenzdruck hier schwächer.
Die hohen Preisschilder an den Regalen täuschen allerdings. Im Verhältnis zum Einkommen geben Schweizer Haushalte einen deutlich geringeren Anteil ihres Budgets für Lebensmittel aus als Österreicher. Während hierzulande rund elf Prozent des Haushaltsbudgets in den Warenkorb fließen, sind es in der Schweiz nur knapp sieben Prozent.
Auch wenn österreichische Touristen beim Einkauf in Zürich oder Basel regelmäßig einen Kulturschock erleben, ist das Leben für Einheimische bisweilen billiger, als es von außen erscheint.
Trotzdem halten viele der Schweizer Konsumenten ihre Preise für ungerechtfertigt hoch. Schon vor der Teuerung boomte der Einkaufstourismus in den Grenzregionen. Gewohnt protektionistisch versuchte die Eidgenossenschaft, den Trend zu hemmen. Statt der anfänglichen 300 Franken versteuert der Schweizer Zoll seit 2025 eingeführte Waren schon ab einem Wert von 150 Franken pro Kopf.
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