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Warum Cowboystiefel wieder im Trend liegen

Seit Jahren prophezeit die Modewelt das Comeback des Cowboystiefels. Wann immer Prominente oder Influencer sie trugen, war die Aufregung groß. Meist verflog der Hype so schnell, wie er kam. Diesmal scheint er zu bleiben. Auch in Österreich. Das bestätigt der Besitzer des traditionsreichen Boots Store in Wien, der die Entwicklung seit fast vier Jahrzehnten miterlebt.
Katharina Bittner  •  7. November 2025 Volontärin    Sterne  146
Cowboystiefel sind zurück und begeistern vor allem jungen Frauen, die sie auch im Sommer lässig mit Röcken und kurzen Kleidern kombinieren. (Foto: shutterstock)
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Auf TikTok tanzen sie durch den Algorithmus, auf Instagram thronen sie unter weißen Kleidern und Jeansshorts. Nutzer klickten mehr als 190 Millionen Mal auf den Hashtag #CoastalCowgirl. Sinnbild eines Trends, der Country, Coolness und Nostalgie neu mischt.

Die Entstehung des Westernstiefels

Die Geschichte des Cowboystiefels beginnt lange vor dem Wilden Westen. Seine Wurzeln liegen in der Vaquero-Tradition, der spanisch-mexikanische Ursprungsform der Cowboy-Kultur, wo Reiter schon im 17. Jahrhundert verzierte Lederstiefel trugen. Später vermischten sich diese Formen mit europäischen Einflüssen wie beispielsweise den englischen Wellington Boots.

Als Erfinder des modernen Cowboystiefels gilt Charles H. Hyer, Sohn deutscher Einwanderer, der 1875 in Kansas einem Cowboy maßgefertigte Stiefel mit spitzer Spitze und hohem Absatz fertigte. Praktisch fürs Reiten, stilprägend bis heute.

Ab den 1920er-Jahren wurde der Arbeitsschuh zum Modeobjekt. Hollywood-Western, Country-Stars und später Pop-Ikonen wie Britney Spears machten ihn weltberühmt. Über Filme, Musik und Versandkataloge fand der Westernstiefel schließlich auch nach Europa und trat von dort seinen Siegeszug an. Oder, wie Nancy Sinatra es auf den Punkt brachte: “These boots are made for walkin.”

Woher kommt die neugewonnene Faszination für Cowboystiefel?

Der Ritt durch die Modegeschichte

Cowboystiefel sind nie ganz verschwunden. In den 1970er-Jahren galten sie als Symbol des Aufbruchs, in den 1990ern erlebten sie ihr Revival auf europäischen Straßen. 2018 brachten Designer wie Dior, Chloé, Calvin Klein und Isabel Marant Western-Details auf die Laufstege zurück. Und jetzt, mitten in einem digital beschleunigten Jahrzehnt, reiten sie wieder ein.

Modehistorikerin Dr. Rebecca Arnold führt gegenüber der deutschen Vogue den Trend auf Nostalgie zurück: „Mit der Sehnsucht nach der Vergangenheit kommt auch der Wunsch, sich mit der Natur und der Landschaft zu verbinden.“ Der amerikanische Westen, der in Wahrheit ein Hollywood-Mythos der 1930er-Jahre ist, steht für Freiheit, Abenteuer, eine vermeintlich einfachere Welt. Eine „Fantasie eines verlorenen Eden“, wie Arnold es nennt.

Doch dieser Mythos hat Risse. Er erzählt von weißen Helden und blendet Gewalt, Enteignung und koloniale Macht aus. Genau diese Widersprüchlichkeit, zwischen romantisierter Legende und historischer Realität, macht den Western-Look heute wieder interessant.

Der erneute Rückgriff vieler Designer auf den Western-Stil ist kein Zufall. Wie in den 70er-Jahren befindet sich die Gesellschaft in einer Zeit des Umbruchs. Der Cowboystiefel steht dabei sinnbildlich für Selbstbestimmung, Rebellion und das Bedürfnis nach Freiheit. Werte, die inmitten von Krisen und Kontrollverlust aktueller wirken denn je.

Doch während Influencer den Western-Look neu inszenieren, steht in der Wiener Skodagasse ein Geschäft, das schon seit 1988 maßgefertigte Stiefel verkauft.

Handwerk statt Hype

Der hölzerne Türgriff in Stiefelform weist den Weg in das Innere des Geschäfts. Drinnen riecht es nach Leder, aus den Lautsprechern dröhnt Rockmusik. Mehr als 400 Schuhmodelle stehen in den Regalen. Schwarz, braun, bestickt, glänzend. Hier, im Boots Store, befindet man sich in Österreichs ältestem Fachgeschäft für doppelrahmengenähte Westernstiefel.

Seit 37 Jahren steht der Inhaber hinter dem Tresen und hat die Wellen des Westernstiefel-Trends miterlebt. Seine Kundschaft reicht vom Banker bis zum Punker. „In vergangenen Jahren kamen vor allem eingefleischte Stiefelträger zu uns“, erzählt er. Diesmal scheint der Trend tatsächlich zu bleiben. Zum ersten Mal seit Langem kaufen wieder vermehrt junge Leute die Westernstiefel und vor allem Frauen. „Sie haben einfach mehr Schuhe und, ehrlich gesagt, auch mehr Geschmack als Männer“, sagt er und lacht.

Er geht zwar von einem nachhaltigeren Trend aus als bei früheren Modewellen, erwartet jedoch keine Rückkehr zu den Umsätzen der 1990er Jahre. Damals, so schildert er, habe die enorme Nachfrage tägliche Verkaufszahlen von bis zu zwanzig Paar möglich gemacht. Dieser Boom habe sogar zur Eröffnung spezialisierter Konkurrenzgeschäfte geführt, die im Gegensatz zu seinem Betrieb nach dem Abflauen des Hypes wieder verschwanden. Aus seiner Sicht fehlte diesen kurzlebigen Mitbewerbern die langfristige Leidenschaft für das Handwerk.

„Mir ist der Trend wurscht“, betont der Inhaber. „Ich will, dass die Leute gute Qualität kaufen.“ Seine Modelle stammen aus Spanien, wo heute nur noch zwei Fabriken produzieren. Jeder Stiefel durchläuft mehr als hundert Arbeitsschritte, ist doppelt rahmengenäht. Kein Kleber, kein Plastik. „Unsere Stiefel halten 15 bis 20 Jahre“, sagt er schmunzelnd, „länger als die meisten Beziehungen.“

Auch eigene Designs verkauft er. „Ich weiß durchs Verkaufen am besten, was die Kunden wollen.“ Am gefragtesten sind die Basic-Modelle in Schwarz oder Braun.

„Online lässt sich der Schuh nicht anfassen“

Zwar hat der Laden auch eine Website, aber der Besitzer setzt lieber auf das persönliche Gespräch. „Online lässt sich der Schuh nicht anfassen.“ Ein Kunde bestätigt: „Hätte ich online gekauft, hätte ich den Schuh eine Größe zu klein bestellt.“

Wie viele One-Man-Shows in der Wirtschaft, zumal im Einzelhandel, hat auch der 65-jährige Inhaber des Bootsstore ein Nachfolgeproblem. Jetzt denkt er ans Aufhören. „Nur fürs Geld funktioniert das nicht. Wer das nicht liebt, macht es nicht lange.“ Er sucht jemanden mit Herzblut, der den Laden übernimmt und die Leidenschaft für echte Handwerkskunst weiterträgt.

Vom Wilden Westen auf TikTok

Während Hollywood den Cowboy einst zum Helden stilisierte, erfindet ihn Social Media neu. Auf TikTok und Instagram tragen junge Frauen Cowboystiefel nicht mehr zur Fransenjacke, sondern auch im Sommer zum weißen Slipdress, Minirock oder Oversize-Blazer. Statt Rodeo heißt der Look nun #CoastalCowgirl. Halb Ranch, halb Strandurlaub.

Der Westernstiefel ist zum vielseitigen Modezeichen geworden, unabhängig von Geschlecht oder Lebensstil. Popstars wie Harry Styles oder Taylor Swift tragen ihn mit der gleichen Selbstverständlichkeit. Und weil Trends heute in 15 Sekunden entstehen, wird der Cowboystiefel zur Projektionsfläche für alles: Nostalgie, Ironie, Authentizität.

Wer sich von diesem Trend anstecken lässt, sollte statt auf kurzlebige Mode auf die nachhaltigste Version setzen. Es lohnt sich, in echte Handwerkskunst aus Europa zu investieren. Im Boots Store erwartet Interessierte Qualität, die zwanzig Jahre hält und die Leidenschaft für ein Handwerk, das jeden Hype überdauert. 

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