Wer inseriert eigentlich in den FPÖ-Medien? Während der inzwischen gescheiterten Regierungsverhandlungen zwischen den Freiheitlichen und der ÖVP rückte Herbert Kickls Medienpolitik ins Zentrum der Aufmerksamkeit und mit ihr die Medienwelt, die sich die Blauen in den vergangenen Jahren professionell und systematisch aufgebaut haben. Zu ihr gehören die Neue Freie Zeitung (NFZ) und FPÖ-TV als FPÖ-eigene Medien. Zudem bestehen enge Verbindungen zwischen der FPÖ und den Online-Plattformen AUF1, unzensuriert, Info-DIREKT, freilich Magazin und Zur Zeit. Der Betrieb solcher Medien kostet Geld, was die Frage nach der Finanzierung aufwirft.
Eine campus a-Recherche zeigt: Inseratenkunden sind in den offiziellen blauen Medien NFZ und FPÖ TV rar. Werbekunden scheint das ideologische Umfeld zu heikel zu sein. Einen namhaften Kunden hat die NFZ allerdings. Als einzige bekannte Marke sind die Österreichischen Lotterien mit Werbung in der NFZ vertreten. Dies sowohl mit ihrer Hauptmarke als auch mit ihrer Online-Plattform Win2Day sowie dem gemeinnützigen Verein Österreichische Sporthilfe, deren Hauptsponsor die Österreichischen Lotterien sind.
Die FPÖ ist in der Vergangenheit mehrfach im Zusammenhang mit Glücksspiel aufgefallen. So kündigte im Jänner die Salzburger FPÖ-ÖVP Koalition an, das sogenannte “Kleine Glücksspiel” ab 2026 zu legalisieren. Sie will damit laut eigenen Angaben illegale Glücksspielangebote verdrängen und durch regulierte ersetzten.
2019 geriet die FPÖ mit der “Casinos-Affäre” in die Schlagzeilen. Damals flog auf, dass der FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo ohne ausreichende Qualifikation in den Vorstand der Casinos Austria gelangt war. Der Aufsichtsrat enthob Sidlo schließlich aufgrund von Vorwürfen der Postenkorruption seines Amtes. Im Gegenzug zur Bestellung Sidlos sollen FPÖ-Politiker den Glücksspielkonzern Novomatic politische Gefälligkeiten wie die Vergabe von Online-Gaming-Lizenzen und die Wiedereinführung des „Kleinen Glücksspiels“ in Wien in Aussicht gestellt haben.
Novomatic hält Anteile an der Lotto-Toto Holding GmbH., die ihrerseits an den Österreichischen Lotterien beteiligt ist. Der Glücksspielekonzern war auch Thema im Rahmen des Ibiza-Videos. „Novomatic zahlt alle“, sagte darin Heinz-Christian Strache. Der damailige FPÖ-Chef suggerierte damit, dass Novomatic politische Parteien finanziell unterstütze. Der Konzern dementierte solche Zahlungen und Strache selbst relativierte später seine Aussage als „b‘soffene G‘schicht“.
Wie kam es nun dazu, dass die Österreichischen Lotterien als einziges namhaftes österreichisches Unternehmen in der FPÖ-eigenen NFZ werben? Eine Anfrage von campus a ergibt: Das Unternehmen will davon nichts gewusst haben. In der schriftlichen Stellungnahme heißt es wörtlich:
“Es gibt keine direkten Schaltungen oder Medienkooperation der Österreichischen Lotterien mit der Neuen Freien Zeitung. Die Österreichischen Lotterien haben eine Kooperation mit dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Und über diese Kooperation werden unsere Inhalte in den Mitgliedsunternehmen des VÖZ ausgespielt. Die Österreichischen Lotterien haben keine Kontrolle oder Mitsprache über die Verteilung zwischen den VÖZ-Unternehmen. Nach exakt demselben Mechanismus gelangen unsere Sujets auch in andere Medien. Hoffe, das Missverständnis damit aufgeklärt zu haben.”
Dann hätte also der VÖZ für die Werbung in der blauen NFZ gesorgt? Heikel wäre das deshalb, weil der VÖZ, ein 1946 gegründeter freiwilliger Zusammenschluss von Tages- und Wochenzeitungen sowie Magazinen für die Interessensvertretung der unabhängigen österreichischen Medien steht. Die Unterstützung eines FPÖ-eigenen Mediums scheint diesen Zielen zu widersprechen. Schließlich hat die FPÖ die unabhängigen österreichischen Medien zum Feindbild erklärt und regelmäßig als “Lügenpresse” bezeichnet.
Zudem hat Kickl die FPÖ-Medien wohl bewusst aufgebaut, um die Position der unabhängigen Medien zu schwächen. Was die FPÖ auch in ihrer täglichen politischen Kommunikation lebt. FPÖ-Politiker setzen sich kaum noch kritischen Fragen unabhängigen Journalisten aus. Vielmehr kommunizieren sie über ihre eigenen Kanäle. Allerdings ist die NFZ Mitglied des VÖZ.
Eine campus a-Anfrage beim VÖZ, warum der Verband Inseratengeld an blaue Medien vergebe, führt zu einem überraschenden Ergebnis: Auch der VÖZ will damit nichts zu tun haben. Wörtlich heißt es in der schriftlichen Stellungnahme:
“Die Österreichischen Lotterien sind als Konzessionär gemäß Glückspielgesetz verpflichtet, bei Ausübung ihrer Konzession für generelle mediale Unterstützung zu sorgen, und können hierzu mit öffentlichen und privaten Medienpartnern sowie gemeinnützigen Organisationen Vereinbarungen abschließen. Auch der VÖZ ist hier Partner der Lotterien. Die Regelung gilt seit Jahrzehnten, entsprechende werbliche Leistungen werden auch von ORF und Privatrundfunk erbracht. Seitens unseres Verbandes wird aber weder darauf Einfluss genommen, ob VÖZ-Mitglieder an der medialen Unterstützung teilnehmen, noch an welcher Stelle Ziehungsergebnisse oder dergleichen platziert werden. Zu Fragen sonstiger werblicher Aktivitäten von Mitgliedsmedien kommt dem Verband keinerlei Kompetenz zu.”
Wie also kam es zur Werbung der Österreichischen Lotterien in der NFZ? Beharrliche Versuche von campus a, von der NFZ selbst eine Stellungnahme zu erhalten, führten zu folgendem Ergebnis: Zunächst schickten NFZ-Mitarbeiter unsere Redakteurin gut eine halbe Stunde lang im Kreis, bis sie schließlich im Parlamentsklub der FPÖ landete. Von einem Telefonroboter erhielt sie bei mehrfachen ähnlichen Versuchen dort jeweils die Auskunft, dass im Moment keine Zeit für die Beantwortung aller Anfragen sei und sie ein anderes Mal anrufen solle. Als sie es am nächsten Tag noch einmal versuchte, und sich als campus a-Redakteurin vorstellte, bekam sie einige Minuten lang Musik zu hören, dann war die Leitung tot.
Bei den FPÖ-nahen Medien, konkret bei AUF1, taucht noch ein zweiter namhafter österreichischer Inserent auf. AUF1, früher ein Fernsehsender und jetzt nur noch Online-Medium, ist in einem Verfassungsschutzbericht des Jahres 2023 als “rechtsextremistisches Medium, das der neuen Rechten zur gezielten Verbreitung von Propaganda dient” eingestuft. Auch der Rechtsextremismusforscher Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes bezeichnete AUF1 als “eines der reichweitenstärksten rechtsextremenen Medien im deutschsprachigen Raum”. Herbert Kickl gab nach der Nationalratswahl 2024 sein erstes Interview nicht dem ORF, sondern AUF1. “Ich bin gerne bei Ihnen”, sagte er.
Auf der Plattform findet sich Werbung für die sogenannte Family City. Wer auf den Banner klickt, erkennt, dass es sich um die Excalibur City des prominenten österreichischen Unternehmens Ronald Seunig handelt. Seunig war bis 2002 Mitglied der FPÖ und trat nach dem sogenannten Knittelfelder Parteitag aus der Partei aus. 2015 gründete er das Magazin alles roger?, das Kritiker bis zu seiner Einstellung 2019 als verschwörungstheoretisch, rassistisch und tendenziell antisemitisch einstuften. alles roger? brachte als “Querformat für Querdenker”, so die Selbstsicht, Interviews mit führenden FPÖ-Politikern, die das Magazin auf ihren Social Media Kanälen bewarben. Darüber hinaus brachte alles roger? regelmäßig wohlwollende Beiträge über die identitäre Bewegung.
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