Es tollt auf grünen Wiesen herum, ist stets an der Sonne, suhlt sich im Schlamm und fährt beim Bauern am Traktor mit. Das Ja! Natürlich-Schweinderl erweckt den Eindruck, Nutztiere leben in Österreich im Paradies, bevor sie ein Lebensende im Schlachthof bekommen. Andreas Moser, Leiter des Referats Nutztierhaltung bei der Landwirtschaftskammer Wien, hat ein Problem mit dieser romantischen Verklärung. „Die Werbespots lassen das Schweinderl menschlich erscheinen, sagt er. „Die Dinge sollten aber so dargestellt werden, wie sie sind und kein glorifiziertes Bild der österreichischen Landwirtschaft aufzeigen“, sagt er gegenüber campus a.
Greenpeace-Sprecher Sebastian Theissing sieht das ähnlich. Werbung stelle vielfach eine unrealistische Welt der Nutztierhaltung dar. „Das betrifft nicht nur das JA! Natürlich-Schwein und Bio-Lebensmittel“, so Theissing. Er beanstandet auch die fehlende Transparenz der Produkte, vor allem bei Fleisch. „Für Konsumenten ist es oft schlicht nicht erkennbar, bei welchen Fleischprodukten die Tiere wirklich ein besseres Leben hatten und bei welchen nicht“, sagt er.
Werner Zollitsch, Professor an der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU), kritisiert ebenfalls die Darstellung von glücklichen Ferkel, von Kühen auf grünen Almen und Hühnern, die den ganzen Tag im Freien scharren. „Die Werbebilder aus der Tierhaltung bilden zeigen häufig einen realititätsfernen Idealzustand. Kühe etwa sind bestenfalls im Sommerhalbjahr auf der Weide“, so Zollitsch. Wie Moser wünscht auch er sich eine realitätsnahe Darstellung von Nutztierhaltung. So soll die Werbung keine Mastschweine auf grünen Wiesen zeigen. Denn hier handelt es sich um eine kleine Nische in der Freilandhaltung. In der Realität kommt sie praktisch nie vor.
Das Ja! Natürlich-Schweinderl findet Zollitsch weniger problematisch. „Es glaubt ja hoffentlich auch niemand, dass RedBull tatsächlich Flügel verleiht oder lilafarbene Kühe die Milch für Milka-Schokolade geben“, sagt er.
Auch der Verein gegen Tierfabriken sieht nicht die Vermenschlichung des Ja!Natürlich-Ferkels als Problem, sondern die vielen Schweine, die auf Vollspaltenböden ohne Stroh leben. „Die Werbung stellt die Nutztierhaltung falsch dar. Sie rückt das Produkt in den Mittelpunkt, nicht das Tier“, sagt Vizeobmann Georg Prinz. Der Effekt der Werbung würde durch die Verwendung von Labels wie „regional“ oder „bäuerlich“ noch verstärkt, heißt es beim Österreichischen Tierschutzverein. „Echte Transparenz und strengere Regeln für Werbeaussagen und Labels sind dringend notwendig, damit Verbraucher tatsächlich die Wahl haben, Produkte aus artgerechter Tierhaltung zu kaufen“, sagt dessen Sprecher Alexios Wiklund.
Die Handelskette Billa, deren Bio-Eigenmarke Ja!Natürlich ist, versteht die Vorwürfe nicht: „Wir achten hier bei allen Aussagen sehr genau darauf, dass die beiden Charaktere nur Themen kommunizieren, die der Realität der Standards der Marke entsprechen. “ Das berühmte Schwindel aus der Werbung stelle kein verzerrtes Bild der Realität dar. Der Bauer und das Ferkel seien zwei fiktive Charaktere, die die hohen Bio-Standards von JA! Natürlich auf unterhaltsame Weise für den Konsumenten zugänglich machen.
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