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TikToks neue Herausforderungen: Wird die Plattform alt?

Während Millennials und die Gen X die Plattform erobern, vollziehen junge Nutzerinnen und Nutzer eine digitale Veränderung. TikTok könnte für sie rasch an Relevanz verlieren.
Sophia Tiganas  •  11 Dezember 2024 Redakteur      58
Unsplash: Amanda Vick

Unter Social Media-Usern ist das Phänomen bekannt: Sie verbringen ihre Tage in einer neuen, jungen App, auf der sie nur Gleichaltrige vorfinden. Sie chatten mit Freunden, posten eigene Bilder und Videos und scrollen sich durch die Inhalte der anderen. Eines Tages erscheint eine Benachrichtigung in der Ecke des Bildschirms und das eigene digitale Leben scheint stillzustehen: Es ist eine Follow-Anfrage – von der eigenen Mutter. Die Plattform ist von dem Moment an nicht mehr die geiche. Wenn dann auch noch Onkel und Tanten auftauchen, verlassen viele Junge die Party und die Alten feiern unter sich weiter. So geschehen etwa auf Facebook und Instagram.

TikTok ist auf dem besten Weg, einen ähnlichen Wandel zu erleben. Die Plattform, die sich ihren Namen als Spielplatz Jugendlicher gemacht hat, bevölkern zunehmend Nutzer über 30. Laut einer Studie des US-Meinungsforschungsinstitutes Pew Research Centers aus 2023 sind rund 40 Prozent aller TikTok-Nutzer mittlerweile 30 bis 40 Jahre alt. Diese Gruppe wuchs auf der Plattform in den vergangenen Jahren stärker als die der 18- bis 34-Jährigen. Wohin verschwinden die jüngeren Nutzer und was bedeutet dieser demografische Wandel für die Zukunft von TikTok?

 

Aufstieg und Fall der Social-Media-Riesen 

Die Geschichte der sozialen Netzwerke ist von Zyklen geprägt, wie ein Blick auf MySpace zeigt. Die Plattform hat die Branche dominiert, ehe die jungen Nutzer zu Facebook und dann zu Instagram wechselten. Jetzt kämpft Instagram, einst Sammelbecken für jugendliche Kreativität, verzweifelt darum, mit Stil, Trends und der allgemeinen Attraktivität von TikTok Schritt halten zu können, während TikTok selbst schon Alterungserscheinungen zeigt. Wo eben noch Tänze, Challenges und Meme-basierte Unterhaltung das Bild prägten, stehen auch dort nun Inhalte zu Themen wie Heimwerken, persönliche Finanzen, Gesundheit und Wohlstand, alles beliebt bei älteren Zielgruppen.

 

Wo geht es hin?

Zunächst drängt sich die Frage auf, wohin es die jungen Nutzer zieht. Welche Plattformen nehmen den Platz von TikTok ein? 

Ein Blick auf die aktuelle Landschaft sozialer Netzwerke zeigt einen Trend zu Nischenräumen. Apps wie BeReal bieten ein authentischeres und weniger kuratiertes Erlebnis, das die künstlich inszenierte Welt von TikTok und Instagram kontrastiert. Hier geht es nicht darum, möglichst viele Follower zu sammeln, sondern darum, sich „echt“ zu zeigen, was jüngere Nutzer jetzt gerne tun.  

Twitch und Discord gehen in die gleiche Richtung und setzen dabei auf Nischeninteressen wie Gaming und Live-Interaktionen, statt auf den ständigen Strom viral gehender Trends. Die kleinen gemeinschaftsorientierten digitalen Räume lösen also bei jungen Usern die großen, öffentlichen Netzwerke ab. Mit wachsender Begeisterung bilden sie geschlossene Gruppen und bedienen sich privater Messenger-Apps. Dort teilen sie ihre Interessen mit ausgewählten Freunden, ohne sich öffentlichen Erwartungen auszusetzen.

 

Hang zur Bequemlichkeit 

Laut aktuellen Studien konzentrieren sich Gen Z und Gen Alpha zudem auf Plattformen, bei denen passiver Konsum statt aktivem Posting im Vordergrund stehen. Dienste wie YouTube oder Twitch erfreuen sich mit ihrem Lean-Back-Angebot wachsender Beliebtheit. Bequemlichkeit schlägt demnach öffentliche Selbstdarstellung und Kreativität.

Ein Unterschied zwischen jüngeren und älteren Nutzern zeigt sich auch bei den Quellen der konsumierten Inhalte. Junge bevorzugen laut einer Studie des US-Marktforschungsinstitutes Horowitz Research nutzergenerierte Inhalte, Ältere professionell hergestellte.

 

Tiktok reagiert

Was bedeutet das alles für TikTok? Altert die Plattform unaufhaltbar wie Facebook und Instagram?

Es gibt erste Anzeichen dafür, dass sie sich dieser Herausforderung stellt. Die TikTok-Strategen arbeiten am Algorithmus, um jüngere und ältere Nutzer gleichermaßen bedienen zu können. Sie haben einerseits neue Funktionen wie Shopping und Werbeanzeigen eingeführt, die vor allem eine kaufkräftige ältere Zielgruppe ansprechen sollen. Gleichzeitig ist TikTok nach wie vor einer der wichtigsten Orte für virale Trends. Die Frage ist nur, wie lange noch.

Sicher ist jedenfalls so viel: In der Welt der sozialen Medien ist nichts von Dauer.

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