
Die Ukrainerin Anastasiya Tsvenhrosh wollte zum achten Mal als Tutorin an der Universität Wien unterrichten. Mit frischen Ideen, überarbeitetem Curriculum und dem Plan, ihr letztes Semester zu beenden. Die Bewerbung war erfolgreich, alles war vorbereitet. Doch dann kam eine E-Mail, die alles veränderte. „Ich darf den Job, den ich schon sieben Mal gemacht habe, plötzlich nicht mehr ausüben, nur weil ich eine Drittstaatsangehörige bin“, erzählt sie campus a. „Ich war fassungslos. Es hat mich hart getroffen.“
Eine neue Regelung untersagt es sogenannten Drittstaatsangehörigen, also Studierenden ohne EU-Staatsbürgerschaft, in Beschäftigungsformen wie Praktika, Volontariaten (ausgenommen Erasmus+) oder freien Dienstverhältnissen an der Universität Wien tätig zu sein. Reguläre Anstellungen sind nur noch ab zehn Wochenstunden möglich.
Für viele internationale Studierende bedeutet das einen faktischen Ausschluss vom universitären Arbeitsleben. Die ÖH spricht von einer „systematischen Ausgrenzung“ und betont, dass diese Gruppe ohnehin schon durch höhere Studiengebühren, Visakosten und strukturelle Hürden benachteiligt sei. Gerade Tätigkeiten wie Tutorien, Hilfsjobs oder Praktika seien oft zentrale Elemente zur Finanzierung des Studiums und wichtig für wissenschaftliche Qualifikation. „Diese Regelung basiert nicht auf Qualifikation oder Aufenthaltsstatus, sondern ausschließlich auf Herkunft“, heißt es bei der ÖH. Damit verstoße sie gegen den Gleichstellungsauftrag der Universität und untergrabe Prinzipien wie Chancengleichheit und Diversität. Auch die Art der Kommunikation sorgt für Unmut: Die Studierendenvertretung kritisiert, dass Betroffene ohne Vorwarnung per E-Mail informiert wurden, ohne Dialog, ohne Erklärung.
„Ich habe diesen Job geliebt, wollte mein bestes Tutorium abliefern und das Kapitel Uni Wien mit einem Höhepunkt abschließen“, sagt Anastasiya Tsvenhrosh, „stattdessen bekomme ich plötzlich eine E-Mail, die mir verbietet, weiterzumachen, nicht wegen mangelnder Leistung, sondern wegen meines Passes.“
Neben der persönlichen Enttäuschung ist sie vor allem über die widersprüchliche Haltung der Universität empört: „Wie um alles in der Welt ist diese offen rassistische und diskriminierende Regelung mit einer “anti-diskriminierenden Beschäftigungspolitik” vereinbar, und mit dem Anspruch, “großen Wert auf Chancengleichheit, Frauenförderung und Diversität” zu legen, den ihr bei jeder Gelegenheit betont?“, fragte sie die Uni Wien in einem Instagram Posting.
Die ÖH fordert indessen die sofortige Rücknahme der Regelung, volle Transparenz über die angeblich zugrunde liegende „rechtliche Risikobewertung“ sowie eine verbindliche Zusage, künftig keine strukturellen Ausschlüsse ohne Einbindung der Studierendenvertretung vorzunehmen. Besonders kritisiert die ÖH, dass die Universität sich auf eine unkonkret bleibende Rechtslage berufe, ohne nachvollziehbare Dokumentation oder rechtliche Einschätzung vorzulegen.
„Die Universität darf kein Ort sein, an dem Herkunft über Zugang zu Bildung und Teilhabe entscheidet“, heißt es in der Erklärung weiter. Man werde rechtliche, politische und öffentliche Wege beschreiten, um gegen die Regelung vorzugehen und für eine gerechtere, inklusivere Universität eintreten.
Die Universität Wien war bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
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03 July 2025